Mainfranken Bowling schließt: Das Ende der größten Anlage in Oberfranken

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Mit gepackten Koffern vor der Mainfranken Bowling in Bamberg: Nach der Schließung der größten Bowling-Anlage in Oberfranken fürchtet Werner Zerbach um die Zukunft seines Vereins: Der ABV Raubritter Hallstadt ist auf der Suche nach einer neuen Heimat. Inzwischen gibt es Hoffnung. Matthias Hoch
Mit gepackten Koffern vor der Mainfranken Bowling in Bamberg: Nach der Schließung der größten Bowling-Anlage in Oberfranken fürchtet Werner Zerbach um die Zukunft seines Vereins: Der ABV Raubritter Hallstadt ist auf der Suche nach einer neuen Heimat. Inzwischen gibt es Hoffnung. Matthias Hoch

Schluss nach 42 Jahren: Mainfranken Bowling an der Breitenau ist nur noch ein Stück Geschichte. Für die Vereine ist das verheerend: ABV Raubritter Hallstadt und BSV Bamberg brauchen jetzt eine neue Heimat.

Als Werner Zerbach bei der Gründungsversammlung zum Vorsitzenden des ersten Bowling-Vereins in Bamberg gewählt wird, spielen Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß noch für den FC Bayern München. Das war 1978. Rummenigge und Hoeneß kicken seit Jahrzehnten nicht mehr, Zerbach ist aber noch immer als Vorsitzender aktiv - und das seit 42 Jahren. Sein sportliches Lebenswerk droht aber, den Abgrund hinunterzurollen.

Das Mainfranken Bowling am Berliner Ring, die Heimspielstätte der drei Bamberger Vereine (siehe Infokasten) und die größte Bowling-Anlage in Oberfranken, wird den Betrieb wohl nicht mehr aufnehmen. Die Gerüchte kursierten schon länger, dass die Ende Februar angekündigten Renovierungsarbeiten in einer dauerhaften Schließung münden könnten. "Die coronabedingte Schließung und die Wettbewerbssituation gibt Anlass, über eine generelle Neuausrichtung des Gesamtbereichs nachzudenken. Es ist davon auszugehen, dass aufgrund der Wirtschaftlichkeit ein Weiterbetrieb eher unwahrscheinlich ist", teilt die Geschäftsführung auf Anfrage mit. Ein weiteres Indiz, dass die Entscheidung final ist: Die dazugehörige Facebook-Seite wurde gelöscht.

Für Zerbach ist die Schließung eine mittelschwere Katastrophe, nicht nur die Spielstätte seines ABV Raubritter Hallstadt ist jetzt weg, die Anlage war auch so etwas wie ein Vereinsheim. Über Jahrzehnte hat sich dort das Vereinsleben abgespielt. "Wir wurden sang- und klanglos abserviert, plötzlich war alles dicht. Dabei waren wir vom ersten Tag an dabei. Anstatt uns zu informieren, wurde vieles hinausgezögert", klagt der 71-Jährige: "Wir hätten niemals gedacht, die Bahn verlassen zu müssen. Jetzt sind wir de facto heimatlos", sagt Zerbach.

Das Mainfranken Bowling gehört zur Center-Hotels-Gruppe, die Häuser in Bamberg, Hirschaid und Ostdeutschland unterhält - und eben die Bowling-Anlage an der Breitenau, die früher den Namen Neukauf Bowling trug. Dass nicht die Folgen der Corona-Krise ursächlich für die Schließung sind, sondern hygienische Gründe, wie gemunkelt wird, verneint das Management. "Es gilt festzuhalten, dass eine behördliche Schließung nicht angeordnet wurde", heißt es in der Antwort.

Nagerbefall festgestellt

Ende Februar sei mit den Umbauarbeiten im Bereich der Küche auf der Anlage begonnen worden. Ziel sei gewesen, diesen mit dem Küchenbereich des Hotels zusammenzulegen. "Im Zuge der Umbauarbeiten wurde, trotz laufender Überwachung durch eine Fachfirma, ein Nagerbefall hinter den vorgeblendeten Lärmschutzwänden festgestellt", schreiben die Betreiber: "In Folge dessen wurde die Halle temporär geschlossen, um umgehend alle Verkleidungen zu entfernen, eine umfassende Behandlung einzuleiten und alternative Maßnahmen für den Lärmschutz zu ergreifen. Im Zuge dessen sollten auch alle technischen Geräte zeitgleich überprüft und Angebote zur Aktualisierung dieser mit eingeholt werden." Dann machte aber die Corona-Pandemie möglichen Wiedereröffnungsplänen einen Strich durch die Rechnung.

Wie die bald freiwerdenden Flächen künftig genutzt werden, dazu machte das Unternehmen noch keine Angaben. Mit einer Veräußerung der Bahn sei wohl kein Reibach zu machen, glaubt Zerbach: "Bevor die Anlage 1978 nach Bamberg gekommen ist, ist sie einige Jahre in Japan gelaufen. Sie ist wartungsintensiv. Weil Ersatzteile teuer und schwer zu bekommen sind, wurde vieles hingetüftelt - oder selbst gebaut. Nur kennt sich jetzt kaum noch einer aus."

Vorerst in Regensburg

Zerbach fällt das Abschied nehmen nicht leicht, hinter ihm liegen Monate voller Ungewissheit, unbestätigten Gerüchten und kleinen Hoffnungsschimmern. Im März holten sie bereits persönliche Gegenstände aus den selbstfinanzierten Schränken. In jenen lagerten die Bowling-Kugeln, die Fächer waren vermietet und stellten die einzige Einnahmequelle des Vereins dar. Auch das riesige, fast drei mal zwei Meter große Hall-of-Fame-Bild mit der Raubritter-Rüstung davor musste raus - und fristet nun in Zerbachs Garage ein unwürdiges Dasein. "Hoffentlich steht es nicht ewig da rum", sagt Zerbach.

Sein drängendstes Problem: eine Heimspielstätte für das Herren-Team des ABV in der 2. Bundesliga zu finden. Während der Saisonstart in den unteren Ligen erst im neuen Jahr erfolgt, BSV, Team Bowlinghaus und Schwarz-Weiß Mainfranken also noch etwas Zeit haben, steigen die Bundesligen bereits am 10./11. Oktober in die Saison ein. Immerhin: In Regensburg hat sich eine temporäre Heimat aufgetan. Von Dauer ist die Lösung aber nicht, übergangsweise aber geduldet. Eigentlich dürfe eine Bahn nicht mehr als 50 Kilometer vom Vereinsort entfernt sein. Ausweichmöglichkeiten gäbe es noch in Schweinfurt, Würzburg oder Dettelbach. "Auf kurz oder lang würde es aber den Todesstoß für das ambitionierte Vereinsbowling in Bamberg bedeuten", befürchtet Zerbach.

Bowlinghaus ist eine Option

Am anderen Ende des Berliner Rings, in der Moosstraße, könnte sich mit dem Bowlinghaus eine Alternative auftun. Die dortigen Bahnen sind für Wettkämpfe oder Turniere zwar noch nicht zugelassen und müssten vom Verband technisch abgenommen werden. Diese Hürde wäre aber vergleichsweise einfach zu nehmen. "Der Betreiber hat seine Bereitschaft signalisiert, uns Trainingseinheiten und Wettkämpfe im Bowlinghaus zu ermöglichen. Ein sehr positives Zeichen", sagt Zerbach.

Trotzdem: Die Kapazitäten dort sind begrenzt, Vereinsbowler treten etwa mit Kindergeburtstagen in Konkurrenz - und all jenen, die vorher auf der Mainfranken gespielt haben. Es wird eng. Das noch größere Problem: Für Wettkämpfe ab der Bayernliga ist eine 20-Bahnen-Anlage nötig, da Frauen und Herren in ihren 10er-Ligen immer gleichzeitig spielen sollen. Das Bowlinghaus hat aber nur 16. Bis zur Landesliga könnte dort aber gespielt werden, zumal der Verband in diesen Ligen coronabedingt eine Reduzierung auf sechs Teams anstrebt. Damit bliebe zumindest dem Bamberger Vereinsbowling auf niederschwelligem Niveau vor Ort eine Perspektive. "Auch wenn wir mit dem ABV im Bowlinghaus nicht in der Bundesliga oder Bayernliga spielen dürfen, könnten wir dort eine neue Heimat finden; ein Ort, an dem wir uns sehen und treffen, auch abseits der Wettbewerbe. Vom Miteinander lebt doch ein jeder Verein. Wir haben endlich wieder eine Perspektive", so Zerbach. Danach sah es lange nicht aus.

"Codewort Bowling": Wie im Bamberg der 1970er Jahre ein Boom entstand

"Kaum einer hatte damals gewusst, was Bowling eigentlich ist", sagt Werner Zerbach. Aber dieser hier noch fast unbekannte Sport aus den USA hat im Bamberg der 1970er Jahre eine große Faszination ausgeübt. Vermutlich, weil Bowling dem traditionellen Kegeln ähnelt, in seiner Ausführung aber doch anders ist. Man könnte auch sagen: amerikanischer.

"Bowling war neu, laut und modern. Ein richtiger Hype ist entstanden. Wir wollten unbedingt dabei sein", sagt Zerbach, der Gründungsvorsitzende des BSV Bamberg. In der Weißenburger Straße befand sich die erste und inzwischen abgerissene Bowling-Halle der US-Soldaten. Dort kamen die meisten Bamberger zum ersten Mal mit dem neuen Sport in Berührung. Und das auf unkompliziertem Weg. "Am Tor musste man nur das Codewort Bowling sagen, dann durfte man rein", sagt Zerbach. Die Regelungen wurden mit Beginn des Kalten Kriegs zwar strenger, wer aber einen US-Soldaten als Fürsprecher hatte, durfte auf das Gelände - heutzutage wäre das undenkbar. Sportlich zu holen gab es für die Franken zunächst wenig. "Die Amerikaner waren beim Bowling unsere Vorbilder, sportlich aber weit voraus", so Zerbach.

Bowling wurde in den USA nur deshalb erfunden, weil das aus Europa eingeführte Kegeln ab 1837 in einigen Bundesstaaten gesetzlich verboten war. Ein Glücksspiel sei es, bei dem Geld gesetzt werde und Betrügereien dazugehörten. Das Verbot wurde jedoch mit einigen Tricks umschifft: den neun Kegeln wurde ein zehnter hinzufügt, sie standen nun lose aufgestellt im Dreieck und nicht mehr an Schnüren aufgehängt im Viereck, die Kugeln bekamen Löcher und die Zählweise änderte sich.

Ein neuer Sport war geboren - und traf im Bamberg der 70er auf fruchtbaren Boden. Als 1978 das damalige Neukauf Bowling an der Breitenau seine Toren geöffnet hat, entwickelte es sich schnell zu einem Anziehungspunkt für die US-Army. "Die Soldaten wollten raus und durften es ja auch. Das waren legendäre Abende. Natürlich hat der eine oder andere dann auch für unseren Verein gebowlt", sagt Zerbach.

Am Ende der Pödeldorfer Straße stadtauswärts steht auf dem von der Bundespolizei genutzten Gelände noch immer jene Halle, die den US-Amerikanern bis zuletzt als 24-Bahnen-Anlage diente. Die Halle ist seit Jahren leer und im Besitz der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Eigentlich fehlen nur die Bahnen. Dass die Halle aber eines Tages für Bowling wiederbelebt wird, scheint ausgeschlossen. Die 70er sind eine Weile her, und die US-Army schon lange aus der Stadt verschwunden. Jeder Boom hat ein Ende.

Die Bamberger Vereine

Gründung: Der 1. BSV Bamberg ist der Gründungsverein, er wurde im Juni 1978 von 31 Mitgliedern aus der Taufe gehoben. Werner Zerbach war der erste Vorsitzende. Innerhalb des BSV waren mehrere Klubs organisiert, unter anderem der BC 78 Raubritter. Heute existiert als Klub noch Schwarz-Weiß Mainfranken (früher Fortuna 80). Vereinsvorsitzender ist inzwischen Harald Brehm.

Abspaltung: 1982 gründete sich der ABV Raubritter Hallstadt aus ehemaligen BSV-Mitgliedern, unter anderem schloss sich der bisherige BSV-Klub BC 78 Raubritter an. Vorsitzender bis heute ist Werner Zerbach. Die Raubritter gelten als erfolgreichste Mannschaft und haben drei Teams in der 2. Bundesliga und der Bayernliga gemeldet.

Neugründung: 2001 entstand am anderen Ende des Berliner Rings das Bowlinghaus. Dort gründete sich mit dem "Team Bowlinghaus" ein neuer Verein. Weil dort aber keine Wettbewerbe möglich waren, startete auch das "Team Bowlinghaus" bei Mainfranken-Bowling.