Das Feuerwerk der Turnkunst war wieder in Bamberg zu Gast. 4500 Zuschauer sahen in der Arena atemberaubende Darbietungen.
Show ist, wenn's Show ist. Der Versuch, auch mit viel Möchte-Gern, Illusion, Effekten und mitunter Seichtem Stimmung und Qualität zu erzeugen - oftmals ohne das nötige Können. Das haben die Sportler und Akrobaten des Feuerwerks der Turnkunst, das wieder in Bamberg Station machte, nicht nötig. Sie lieferten in der nahezu ausverkauften Brose-Arena drei Stunden lang ehrliche Arbeit ab auf einem Niveau, das seinesgleichen sucht.
Matthias Bambynek, vor allem auch beim Nachwuchs beliebter Pfarrer auf Bambergs Höhen, war nicht das erste Mal bei den Turnern, auch in den Zirkus geht er gern. Angesichts der Darbietungen hat er sich dem Himmel vielleicht ein Stück näher gefühlt, gar Stoff sammeln können für eine seiner nächsten Predigten, heißt das Motto der aktuellen Tour durch 21 deutsche Städte doch "Esperanto".
Der Name der künstlich geschaffenen Weltsprache steht auch in Bamberg für
Verständigung. Das hochklassige bunte Treiben, "mitreißend, exotisch und spektakulär", wie die Werbung verspricht und hält, lässt die Zuschauer, darunter viele Familien, keine Sekunde daran denken, es könne Ressentiments geben zwischen Völkern und Hautfarben, es könnte aus Gottgläubigkeit Hass entstehen oder Behinderung sei ein Makel.
Ungeheuer schnelle Fortbewegung - und trotzdem in aller Leichtigkeit - per Salti und Flickflacks en masse, ausdrucksstarke Tänze, einzigartige Paar- und Gruppennummern an und mit verschiedensten Geräten auch auf Höhe des Videowürfels unter dem Hallendach: Vielen Kindern und vielleicht auch manch hart gesottenen Show-Guckern blieben die Münder offen stehen. Die Bewegungskünstlerin Viktoria Gnatiuk aus der Ukraine "spielte" mit einer speziellen Art von Bauklötzen - die staunte auch das Publikum.
Trampolin, Reck und Barren etwa erfahren völlig neue Interpretationen, das gute alte Rhönrad kommt gar in gänzlich neuer Aufmachung daher.
Junge und jüngste Damen und Herren aus Indien, Kolumbien, Kanada, Schweiz, Tschechien, Ukraine, Japan, Russland und Deutschland sind in diesen Tagen bundesweit unterwegs, um ihr Können als Turner und Artisten zu zeigen - Profis wie Amateure. Letztere sind die rund 30 "Crazy Floor Jumpers" des TV Hallstadt in Reinkultur. Sie stimmten, mit genauso viel Beifall bedacht wie die Stars, auf die rasante Nummernfolge ein.
Miteinander, Integration, Hilfe? Bestes Beispiel ist die Gruppe "Circolombia" mit ihren Flugnummern: weltweit beachtetes Ergebnis eines sozialen Projekts in Cali/Kolumbien. Der Anspruch: Kinder von der Straße zu holen.
Die Frage nach der Alternative kommt aus der Gruppe: "Einige meiner früheren Freunde sind tot."
"Fate Fusion" ist zu übersetzen mit "schicksalhafte Verschmelzung": Kunstturnerin Michelle Dziony und Christian Groth, der seit einem Motorradunfall auf den Rollstuhl angewiesen ist, beeindrucken mit Tanz und Akrobatik. Von Grenze oder gar Abgrenzung keine Spur.
Was nahmen die Eltern aus der Arena mit nach Hause? Vielleicht die Erkenntnis, dass für ihre Kinder Turnen die beste sportliche Grundlage sein kann - und dafür will das Feuerwerk ja auch werben. Und Pfarrer Bambynek? Dass die Menschen Gottes Geschöpfe sind, anmutig und schön. Wenn sie sich doch nicht immer gegenseitig missachteten...