Sensationeller Steinkreuz-Fund in der Muna

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Erich Sauer und Kilian Mantel "untersuchen" den Krätzigen Ruhstein, Helmut Weis betrachtet die Szene (von links). Fotos: Barbara Herbst
Erich Sauer und Kilian Mantel "untersuchen" den Krätzigen Ruhstein, Helmut Weis betrachtet die Szene (von links). Fotos: Barbara Herbst
Fragen wirft die Einkerbung auf der Oberseite auf, die Ansicht zeigt den Stein von hinten.
Fragen wirft die Einkerbung auf der Oberseite auf, die Ansicht zeigt den Stein von hinten.
 
Zu entschlüsseln gilt es das Steinmetzzeichen.
Zu entschlüsseln gilt es das Steinmetzzeichen.
 
 
 
 
 
 
 
In etwa so haben die Bauern hier gerastet und ihre Korb abgestellt, ohne ihn abzunehmen.
In etwa so haben die Bauern hier gerastet und ihre Korb abgestellt, ohne ihn abzunehmen.
 
 
 
 
 
 

Seit sechs Jahren ist der Hobby-Forscher Erich Sauer auf der Suche nach dem "Krätzigen Ruhstein", einem besonderen Flurdenkmal. Nun ist der Strullendorfer fündig geworden: Er hat den jahrhundertealten Stein auf dem Muna-Gelände entdeckt - gleich bei früheren Lagerhallen.

Zum Ausruhen wurde er dereinst angesteuert, der Ruhstein. Erich Sauer aus Strullendorf hat der Stein allerdings aus der Ruhe gebracht und dem Ruheständler seit sechs Jahren wirklich keine Ruhe gelassen. Nun hat der Hobby-Steinkreuzforscher das steinerne Zeitzeugnis gefunden. Endlich! Eine Sensation, meinen Sauer und seine Forscher-Freunde. "Toll", kommentiert Stefan Nöth, Leiter des Staatsarchivs Bamberg, den Fund.

Der Letzte, der den wuchtigen Sandstein im Hauptsmoorwald gesehen hat, war der Erlanger Student Fritz Morgenroth. Er durfte 1958 mit Ausnahmegenehmigung für eine Uni-Arbeit auf das streng abgeriegelte Muna-Gelände. Dummerweise hat er damals nicht den genauen Standort für die Nachwelt festgehalten, sondern nur ein Foto gemacht, das heute vergilbt ist. Neben einer Zeichnung liegt es Fach-Publikationen zugrunde. In denen heißt es zum Standort nur lapidar "in der Muna, nicht zugänglich". Geforscht und gesucht haben viele, gefunden bislang keine, fassen Kilian Mantel und Sauer die Lage zusammen.

Heimatgeschichte begeistert und verbindet die beiden Ruheständler seit etlichen Jahren. "Jedes Denkmal erzählt seine eigene Geschichte", sagt Sauer. Die des Steines zog ihn und Kilian Mantel in ihren Bann. Ein Stein, an dem so viele Menschen Rast fanden. Die letzte Rast mit oft schwerer Last, vor der letzten Etappe nach Bamberg. "Wir hatten Blut geleckt", beschreibt Sauer diesen emotionalen Ausnahmezustand. "Da kreisen die Gedanken nur noch um den Stein.


Wie ein Detektiv hat Sauer Infomaterial gesammelt. Der Strullendorfer ging nach Auswertung seiner Quellen davon aus, dass der "Krätzige Ruhstein" wohl aus dem 15. Jahrhundert stammt, "erwähnt wurde er 1597". Auf historischen Karten des Hauptsmoorwaldes ist der "Krätzige Ruhstein" vermerkt. Auf der Route zwischen Bamberg und Roßdorf am Forst ruhten sich Bauern oft an diesem Stein aus. Daher der Name Ruh-Stein. Der Zusatz "Krätzig" leitet sich von den Transportkörben - Krätzen - ab, die während der Rast wohl nicht vom Rücken genommen, sondern auf dem Stein abgesetzt wurden.

Berechnungen
Sauer hat sich hingesetzt und gerechnet, anhand von historischen Karten und den zur Verfügung stehenden Quellen-Angaben das zu durchforstende Areal auf einen Radius von rund 50 Metern südlich der Geisfelder Straße eingegrenzt. Doch Rechnen ist das Eine, die Vor-Ort-Recherche das Andere und ungleich schwieriger. Denn Sauer musste sich erst einmal Zugang verschaffen - über Helmut Weis. Der sei hier "so eine Art Hausmeister", wie Sauer es nennt.

Weis arbeitet seit bald drei Jahrzehnten für die U.S. Army, kennt die Muna wie seine Westentasche und ist an allem, was mit deren Geschichte zu tun hat, interessiert. Deswegen half er hier gerne, auch weil er und Sauer beide in Strullendorf leben. Das O.K. gab es allerdings erst nach Rücksprache mit dem Bundesforst, der im Zuge der Konversion derzeit das Gelände verwaltet.

Sauer stellte einen Suchtrupp zusammen, mit dabei Flurdenkmal-Forscher-Freund Mantel sowie weitere Laien und Experten. Nach dem Motto "viele Augen sehen mehr". Doch die Suche verlief ohne Ergebnis. Das war vor drei Jahren.

Aufgeben wollte der Strullendorfer dennoch nicht und meinte, man müsse es vielleicht einfach einmal jenseits des Zaunes an der Bahnlinie auf dem Muna-Areal probieren.

Weitere Expedition
In der Zwischenzeit hatte auch der Leiter des Staatsarchivs, Stefan Nöth, den Ruhstein gesucht. Gleichfalls vergeblich. Vielleicht, weil er im Sommer fahndete. So zumindest argumentiert "Hausmeister" Weis. Er hatte dazu abermals das Tor aufgeschlossen. "Im Sommer verdeckt Laub die Sicht", lautet seine Erklärung. Sauer und die Seinen waren im Frühjahr unterwegs gewesen.
Sauer startete eine weitere Expedition. An besagtem 22. März. Regen. Diesmal wurde der Bereich westlich des Zaunes abgesucht. Nichts. Nach etlichen Stunden gab Mantel (79) auf. Sauer nicht. Er wollte sich ejnfach nicht geschlagen geben. "Du kannst dann einfach nicht aufhören und ich wusste, an dem Tag finde ich den Stein."


Unbeschreibliches Gefühl
Tatsächlich, der 67-Jährige wollte seinen Augen nicht trauen, als er da etwas Steinernes zwischen am Boden liegenden Baumstämmen hervorlugen sah. Seine Augen leuchten bei der Schilderung des Ausnahmemoments. "Ein unbeschreibliches Gefühl!", schwelgt er in Begeisterung. Der Stein lag in dem errechneten Bereich. "Wir hatten beim ersten Mal nur auf der falschen Seite gesucht."

Natürlich hatte Sauer die Kamera dabei und selbstverständlich fotografierte er das Objekt der Begierde umgehend. Das Foto hängt bereits in Sauers Wohnzimmer.

"Hausmeister" Weis, der ja wieder absperren musste, erfuhr die Sensation als Erster. Fassungslos schüttelt er den Kopf: "Ich bin da praktisch jahrelang dran vorbeigelaufen." Aber Baumstämme verdeckten einen Großteil des Ruhsteins. Gleich am nächsten Tag rückte Weis mit der Kettensäge an, schuf einen Zugang zum Ruhstein und sorgte für barrierefrei Sicht.


Jetzt ist die Fachwelt dran
Nun wird der Fund die Fachwelt beschäftigen. Wie Stefan Nöth sagt, muss dieses Kleindenkmal an der Fundstelle bleiben, auch wenn es restauriert wird.

"Ich hab' Tag und Nacht dran geglaubt, dass er da ist", sieht Sauer sich in der Suche bestätigt. Und jetzt? Jetzt muss der Ruhstein weitere Geheimnisse preis geben. Etwa, wer ihn geschaffen hat, denn Sauer hat bereits ein Steinmetzzeichen entdeckt.