Die wachsende Population des Schwarzwildes sorgt häufig für Konflikte. Jetzt kommt die Afrikanische Schweinepest dem Freistaat gefährlich nahe.
Hartmut Wunderatsch war zuletzt wieder einmal erfolgreich bei der Wildschweinjagd. Ein Bauer aus Helmbrechts hatte den Jäger telefonisch um Hilfe gebeten und auch gleich eine Schneise in sein Maisfeld gehäckselt. Wunderatsch legte sich im Mondschein auf seinem Hochsitz mehrmals auf die Lauer. Drei Sauen konnte er in den letzten Wochen erlegen.
Aus Sicht von Wunderatsch ist diese Form der Zusammenarbeit mit den Landwirten die Idealvorstellung. Überhaupt: "Bei uns in Oberfranken klappt das sehr gut", weiß der oberfränkische Bezirksvorsitzende des bayrischen Jagdverbandes. Trotzdem sagt der Helmbrechtser, dass das Problemfeld Wildschweine alle Beteiligten noch lange beschäftigen wird. Denn obwohl man die Population nicht zählen kann, gehen Experten davon aus, dass sich das Schwarzwild in den letzten zwei Jahrzehnten massiv vermehrt hat. Selbst Gebiete, die früher schwarzwildfrei waren, sind mittlerweile besiedelt.
Das unterstreicht ein Blick auf die Abschusszahlen: Wurden im Jagdjahr 1983/84 in Bayern noch rund 5900 Wildschweine erlegt, waren es 2016/2017 schon über 60 000 Tiere. Alleine in Oberfranken stiegt die Abschussquote zwischen 2014 und 2016 um 25 Prozent. Wunderatsch warnt trotzdem: "Wenn nicht alle an einem Strang ziehen, wird es schwer, die Problematik langfristig in den Griff zu bekommen."
Hochemotionale Debatte
Speziell bei der Regulierung der Wildbestände werden die Debatten oftmals hochemotional geführt. Wildschweine sind neben den Verbissschäden durch Rehe und Hirsche ein Dauerthema, das Landwirte, Jagdgenossenschaften, Jäger, Naturschützer und Behörden bewegt. Auch Dieter Heberlein vom Bayerischen Bauernverband ist deshalb froh, dass Jäger und Landwirte in Oberfranken so gut zusammenarbeiten. Das sei nicht überall der Fall.
Es gebe aber durchaus noch Verbesserungspotenzial. Denn die Landwirte hätten neben massiven Wühlschäden im Grünland auch Ernteverluste auf dem Acker zu beklagen, da der Anbau von Mais, Raps und Getreide den anpassungsfähigen Allesfressern Nahrung und Schutz bietet. Und die Rückmeldungen von den Landwirten und Jägern vor Ort würden zeigen, dass "eine große Anzahl Rotten" da draußen ist. "Da könnte noch mehr gemacht werden. Teilweise wird noch gegeneinander gearbeitet." Den Einsatz von modernen Jagdtechniken sieht Heberlein für die Zukunft als enorm wichtig an. Außerdem müsse die revierübergreifende Zusammenarbeit verbessert werden.
Nicht alle beteiligen sich
Auch Wolfgang Kornder vom Ökologischen Jagdverein Bayern fordert den verstärkten Einsatz von modernen Jagdmethoden wie beim Einsatz der genehmigungspflichtigen Nachtzieltechnik in Problemzonen. Zudem müssten die Drückjagden forciert werden. Im Limpurger Forst im südlichen Steigerwald würde man dies beispielsweise seit 25 Jahren erfolgreich praktizieren. "Da treffen sich viele Jäger zu festen Terminen und erlegen dann auf einen Schlag um die 100 Sauen", berichtet Kornder, der sich wünscht, dass dies in anderen Regionen Nachahmer findet. "Leider beteiligen sich einige wegen der Rehbestände nur ungern."
Schreckgespenst Afrikanische Schweinepest
Im Juni wird bei Wildschweinen in Tschechien die Afrikanische Schweinepest (ASP) festgestellt. Inzwischen sind weitere Fälle hinzugekommen. Die Seuche ist damit deutlich näher an Bayern herangerückt. Experten warnen: Die ASP in Bayern oder Deutschland hätte fatale Folgen, vor allem für die landwirtschaftliche Schweinehaltung. Wo der Virus auftritt, würde ein Sperrbezirk eingerichtet und alle Tiere getötet. "Die ASP ist ein echtes Schreckgespenst, auch für Deutschland. Die Seuche kann sich auch bei uns in Windeseile ausbreiten", sagt Wolfgang Kornder vom Ökologischen Jagdverein Bayern. Im Gegensatz zur klassischen Schweinepest gibt es für die ASP bisher keinen Impfstoff. Das Virus befällt Tiere jeder Altersklasse und beider Geschlechter.
Auch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ist alarmiert. Da die Wildschweindichte das Risiko für einen Ausbruch maßgeblich beeinflusst, müssten von den Beteiligten und Behörden "alle Anstrengungen unternommen werden, die Schwarzwildbestände in der Fläche wirksam abzusenken", so ein Sprecher. Bayerns Forstminister Helmut Brunner habe deshalb erst vor wenigen Tagen die bayerischen Landräte und Oberbürgermeister um eine konsequente Umsetzung des von ihm initiierten Maßnahmenpakets zur Reduktion des Schwarzwilds gebeten.