Schlechte Noten für Fahrradstadt Bamberg

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Schmale Radwege, ungünstige Ampelschaltungen, geringe Förderung - tun Bambergs Stadtväter zu wenig für den Radverkehr? Foto: Barbara Herbst
Schmale Radwege, ungünstige Ampelschaltungen, geringe Förderung - tun Bambergs Stadtväter zu wenig für den Radverkehr?  Foto: Barbara Herbst
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Kein Ruhmesblatt für die Stadtspitze: Ausgerechnet Bamberg, das sich gerne seiner Fahrradfreundlichkeit rühmt, schneidet beim bundesweiten Test des ADFC nur mäßig ab.

Wolfgang Bönig kennt sich aus auf Bambergs Fahrradwegen. Täglich ist er auf dem Velo unterwegs und hat sich schon viele Schlachten mit den Behörden geliefert: Überstehende Kanaldeckel, zu schmale und zugeparkte Fahrradwege oder Mängel beim Winterdienst, mit einem Wort, die Klippen des Alltags für tausende von Radfahrern, lieferten den Anlass zu langen Briefwechseln. Sein Urteil über die Verhältnisse in der Welterbestadt klingt wenig schmeichelhaft: "Wenn überhaupt wird hinsichtlich des Radverkehrs nur das Unvermeidbare getan - auf möglichst niedrigem Niveau."

Menschen wie Bönig, die die Radverkehrsinfrastruktur in Bamberg heftig kritisieren, sehen sich durch den aktuellen Fahrradklimatest des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) bestätigt. Erstmals seit 2005 hat der Lobbyverein der Fahrradfahrer Deutschlands Städte wieder unter die Lupe genommen und gewissermaßen auf Herz und Radwege geprüft.


Das Ergebnis ist deutschlandweit nicht schlecht, bezogen auf die größte oberfränkische Universitätsstadt allerdings ernüchternd. Bamberg ist gegenüber 2005 um 61 Ränge zurückgefallen und muss sich im neuen Test mit Platz 141 zufrieden geben. In Noten ausgedrückt entspricht das einer 3,83 - bei 252 Städten unter 100.000 Einwohnern.

Wer sich den Test genauer ansieht, erkennt schnell, woran es hakt: Bamberg hat vor allem beim Fahrradkomfort Nachholbedarf. Unter 27 ermittelten Werten gab es die schlechtesten Ergebnisse für die Breite der Radwege (4,83 ), die Führung an Baustellen (4,74) und die Ampelschaltungen (4,54). Das heißt, eine grüne Welle für Radler gibt es in Bamberg, so gut wie nicht. Verhältnismäßig gute Zensuren erhielt die Domstadt für die Erreichbarkeit des Stadtzentrums (2,21), die gefühlte Fahrradfahrerquote (2,58) und die Wegweisung (3,32).



Elke Pappenscheller wundert das Ergebnis nicht. Obwohl in Bamberg mehr Radfahrer als irgendwo sonst in Oberfranken durch die Straßen rollen, sieht die Vorstandsfrau vom ADFC den Radverkehr in Bamberg als Verlierer der letzten Jahre. "Wir werden einfach nicht ernst genommen." Zum Beispiel die Förderquote. 50.000 Euro fließen 2013 in das gesamte Bamberger Radwegenetz, 100.000 waren es im vergangenen Jahr - wenig im Vergleich zu den Millionensummen, die für die Projekte von Autofahrern und den Unterhalt der Straßen lockergemacht werden. Und ein Widerspruch zu dem, was der Stadtrat selbst als Teil seiner Fahrradstrategie beschlossen hat: Pro Einwohner sollten es fünf Euro sein, die in den Radverkehr fließen. Das wären immerhin 350.000 Euro im Jahr.

Aus Protest über die Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit haben die Spitzen des ADFC im vergangenen Jahr die Arbeitsgruppe Forum Radverkehr wieder verlassen: "Wir haben geplant und geplant, und es hat sich nichts getan. Dazu ist uns unsere Zeit zu schade."

Peter Gack kann die Klagen des ADFC-Vorstands nur zu gut verstehen: "Trotz aller vollmundigen Bekenntnisse ist in Bamberg kaum was passiert. Wir treten auf der Stelle", sagt der grüne Verkehrspolitiker. Seine Erfahrung: In den letzten Jahren waren es immer die Radwegeprojekte, die als erste gestrichen wurden, weil bei den Haushaltsberatungen andere Prioritäten gesetzt wurden. So müssen die Pedalisten auf dem viel befahrenen Regensburger Ring nun schon seit Jahren mit dem Provisorium eines in zwei Richtungen verlaufenden Radwegs leben. Und an der Langen Straße scheiterten die Ausbaupläne am Wegfall weniger Parkplätze, der einen Aufschrei auslöste.

Warum kommt in Bamberg der Radverkehr nicht wirklich voran, wollten wir wissen: "Wahrscheinlich, weil die Lobby nicht groß genug ist", erklärt sich der grüne Stadtrat das Dilemma. Man begreife das Fahrrad im Gegensatz zum Auto offenbar nicht als Wirtschaftsfaktor. Obwohl nachgewiesen sei, dass viele Radfahrer, die in die Innenstadt fahren, dort auch einkaufen.

Dabei gibt es in Bamberg mehr Anhänger des Radverkehrs als man in einer Autozuliefererstadt auf den ersten Blick vermuten würde: Helmut Müller etwa, Chef der CSU-Fraktion, ist einer von denen, die alle Wege in der Stadt auf ihrem Zweirad zurücklegen: Um Zeit zu sparen, aber auch weil es viel gesünder ist. Müller begreift die vielen Hindernisse wie zugeparkte Radwege, Stolperschwellen an Straßenkanten oder Baustellen zwar eher als sportliche Herausforderung denn als Ärgernis, versteht aber doch die Kritik des ADFC, dass die Radwegeförderung in den letzten Jahren ins Bodenlose zurückgefallen ist. "Es ist uns klar, dass viel mehr gemacht werden müsste, wenn die Radfahrerquote wie beschlossen auf 30 Prozent angehoben werden soll." Leider falle es auch der CSU schwer, sich gegen die finanzpolitischen Zwänge der Kämmerei zu wehren.

Ein Opfer der Zwänge. Da ist Helmut Müller nicht allein. Einer, der mit dem erklärten Ziel angetreten ist, Bamberg als Fahrradstadt attraktiver zu machen, ist der Bamberger Baureferent Michael Ilk. Doch auch er hat lernen müssen, dass zwischen Wunsch und Wirklichkeit mitunter Lücken klaffen. "Es gibt magere Jahre und fette Jahre", lautet seine Antwort auf die Frage, warum Bambergs Radfahrer mit den Brosamen der Haushaltsmillionen auskommen müssen. Immerhin: Ilk verspricht, Planungen und Förderantrag für die Fahrradfahrerachse am Regensburger Ring so voranzutreiben, dass wenigstens Pläne in der Schublade sind, wenn einmal Geld da sein sollte. Wann das der Fall sein wird, kann Ilk aber nicht sagen.

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