Schaeffler streicht Stellen: Auch das Werk Hirschaid ist betroffen

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Das Schaeffler-Werk in Hirschaid ist der Arbeitsplatz von aktuell 1441 Beschäftigten. Foto: Schaeffler
Das Schaeffler-Werk in Hirschaid ist der Arbeitsplatz von aktuell 1441 Beschäftigten.  Foto: Schaeffler

Am Standort Hirschaid sind 92 von 1441 Mitarbeitern von den Verlagerungen des Schaeffler-Konzerns betroffen. Das Werk kommt noch relativ glimpflich davon. Der Betriebsrat und die IG Metall fordern Investitionen in Zukunftsprojekte.

Der große Kahlschlag findet 30 Kilometer Luftlinie in Eltmann statt - doch auch im Schaeffler-Werk Hirschaid herrschen nach den neuesten Ankündigungen der Konzernspitze Besorgnis und Betroffenheit. "Weil Verwandtschafts- und Bekanntenverhältnisse nach Eltmann da sind", berichtet Markus Zirkel, der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende in Hirschaid. "Wir sind noch mit einem blauen Auge davongekommen. Für Hirschaid gibt es eher Entwarnung, aber auch an uns geht das nicht spurlos vorüber."

4400 der 84 000 Stellen will Schaeffler insgesamt streichen, die Produktion in Eltmann wird komplett nach Schweinfurt verlagert.

Es ist nur eine von vielen Rotationen und Verschiebungen, Streichungen und Einsparungen, die der Konzern mit Sitz in Herzogenaurach in den vergangenen Monaten anging. "Wir sehen hier ein munteres Verschiebespiel", kritisiert Martin Feder, der die IG Metall Bamberg kommissarisch leitet. "Hier wird gnadenlos nach Osteuropa verlagert!"

Diesem Sparkurs fallen auch Hirschaider Stellen zum Opfer. "Am Standort Hirschaid gibt es eine Betroffenheit von 92 Kollegen, welche in diesem Gesamtpaket beinhaltet sind", berichtet Betriebsrat Zirkel und kritisiert: "Vor allem die zum gegenwärtigen Zeitpunkt falsch platzierte Verlagerung nach Osteuropa und die Zentralisierung von wichtigen Servicebereichen an anderen Standorten führt in Summe zu einem Personalabbau von rund sieben Prozent am einzigen Schaeffler-Standort in Oberfranken."

Was in Hirschaid wegfällt

Wie der Betriebsrat auflistet, werden 17 Stellen von Hirschaid nach Höchstadt verschoben, wo zum Ausgleich von Streichungen eine Zentrale für den Werkzeugbau aufgebaut werde.

Was in Hirschaid jedoch viel schwerer wiege, sei der ersatzlose Abbau von 75 Stellen im Werk. "Das soll sozialverträglich geschehen, wie es heißt, doch nach einem bereits gelaufenen freiwilligen Programm sind schon die meisten älteren Mitarbeiter raus", kritisiert der Betriebsrat und fordert Umsicht beim angekündigten Abbauprogramm.

"Wenn du Anfang 50 bist, bringt dir eine Abfindung über 200 000 Euro nicht viel, wenn du die Hälfte davon an Steuern abgeben musst", rechnet IG-Metall-Sprecher Martin Feder vor.

Schon sein Vorgänger Matthias Gebhardt hatte bereits Anfang des Jahres gewarnt, dass Schaeffler die Autokrise als Vorwand für die Verlagerung nach Osteuropa nutzen könnte. Das hat sich bestätigt. Und auch die Corona-Krise wird von der Konzernleitung als Begründung herangezogen - für die IG Metall nur ein Vorwand. "Die strukturellen Kürzungen haben schon lange vor Corona begonnen", sagt Feder und fordert: "Was wir hier brauchen, sind Zukunftsprojekte." Hirschaid, so die Kritik der Gewerkschaft, hänge immer noch komplett am Verbrenner. Immerhin, erklärt Betriebsrat Zirkel, habe man Teile im Portfolio, die auch in Hybriden verbaut werden. Dabei gilt das Hirschaider Werk laut den Arbeitnehmervertretern als herausragend, was Präzision angeht. Großkunde BMW, so heißt es unter Schaeffler-Mitarbeitern, lege auf die Fertigung in Hirschaid großen Wert.

Schaeffler ist hier seit 1986 ansässig. Auf gut 20 000 Quadratmetern Produktionsfläche werden in Hirschaid vorrangig Systeme und Komponenten für Verbrennungsmotoren gefertigt: Ventiltriebskomponenten, elektrische Nockenwellenversteller, Magnetventile und schaltbare Ventilspiel-Ausgleichselemente.

Voll am Verbrenner

"Vor allem im Bereich der Ventiltriebskomponenten, die dank Zylinderabschaltung maßgeblich zur -Reduzierung beitragen, kann der oberfränkische Schaeffler-Standort eine hohe Dichte an Projekten vorweisen", heißt es in einer Schaeffler-Beschreibung. "Die umfassende Erfahrung in der Industrialisierung macht das Werk Hirschaid zu einem unverzichtbaren Partner und Produktionsstandort bei der Entwicklung neuer Produkte für unsere Kunden", sagt Michael Reinig, Leiter des Schaeffler-Werkes in Hirschaid.

Schon vor der Corona-Pandemie hat Schaeffler die Autokrise als ernstzunehmende Herausforderung erkannt: "Die Schaeffler-Gruppe ist wie die gesamte Automobil- und Zulieferindustrie von dem volatilen Marktumfeld und dem technologischen Veränderungsdruck betroffen", erklärte dazu eine Sprecherin.

Die Strategie bei der Technologiewende beschrieb Schaeffler-Sprecher Marlon Matthäus: "Der Verbrennungsmotor wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Wir gehen davon aus, dass rund 30 Prozent der im Jahr 2030 gebauten Automodelle rein elektrisch angetrieben sein werden. Mindestens 40 Prozent werden mit Hybridantrieb ausgerüstet sein. 30 Prozent werden reine Verbrenner sein. Das bedeutet letztendlich, dass 70 Prozent der produzierten Fahrzeuge einen Verbrennungsmotor beinhalten werden."

Schaeffler werde sich, so der Sprecher, deshalb weiterhin "auf Getriebe und Verbrennungsmotoren", konzentrieren, "deren Effizienz wir immer weiter steigern."