Für Naturschützer ist es ein Drama, das sich im Wald bei Ebrach abspielt. Dort steht die möglicherweise dickste deutsche Buche kurz vor der Sprengung. Doch Forstleute bezeichnen diesen Eingriff mitten im Naturschutzgebiet als alternativlos.
Es ist einer der raren hellen Tage in diesem Januar. Die schräge Wintersonne taucht den Wald westlich von Ebrach in ein mildes Licht. Dort, wo der Hang zu fallen beginnt, ragt der gewaltige Doppelstamm einer Zwillingsbuche 30 Meter in die Höhe. Doch der schöne Schein trügt. Die Tage für M4, wie die möglicherweise dickste Buche Deutschlands von Experten genannt wird, sind gezählt.
Naturschützer sehen den Fall exemplarisch: Mitteleuropa ist von Natur aus Buchenland. Doch heute existieren von der einst beherrschenden Pflanzengesellschaft nur noch klägliche Reste. Winzige Naturschutzgebiete unter anderem im Steigerwald lassen erahnen, zu welchen Exemplaren Buchen heranzuwachsen imstande wären. Und nicht einmal da sind sie sicher.
Der Konflikt Mensch Natur - zugespitzt in einem tragischen Einzelfall spielt sich das uralte Thema zur Zeit im so genannten Methusalempfad westlich von Ebrach ab. Das naturnahe Areal ist Teil des Tritt steinkonzepts, mit dem die Bayerischen Staatsforsten modernen Naturschutz demonstrieren möchten, der ohne einen Nationalpark auskommt. Eine Handvoll Starkbäume hat hier die Zeiten überdauert.
M4 umfasst 30 Kubikmeter Holz, das entspricht, wie die Staatsforsten in einem Infoblatt aufklären, einer Menge von bis zu 5700 Litern Heizöl. Niemand weiß, wie lange M4 brauchte, um so groß zu werden. 250 Jahre oder mehr? Sicher ist: Der Baum ist einer der stärksten Buchen im Steigerwald.
Schon einmal hat M4 einen Sprengtermin nur durch Zufall überlebt. Frost verhinderte Anfang Dezember, dass die Männer des Technischen Hilfswerks Forchheim ihr Werk verrichten konnten, nachdem sie bereits Löcher für den Sprengstoff gebohrt hatten. Doch das Zünden der Ladung ist nur aufgeschoben nicht aufgehoben. "Wir wollen die eine Hälfte des Baumes erhalten, deshalb greifen wir zu dieser ungewöhnlichen und für uns sehr teueren Maßnahme. Wir könnten den Baum auch ganz gewöhnlich fällen", begründet der Leiter des Staatsforstbetriebs Ebrach, Ulrich Mergner, die Sprengung.
Auch der Forstmann sieht den Konflikt. Auf der einen Seite besteht hier seit 1987 das Naturschutzgebiet "Spitzenberg" mit Auflagen, die unter anderem das Sprengen verbieten. Auf der anderen Seite glauben die Fachleute, dass die Sicherheit auf dem neu gebauten Radweg bedroht ist, seit ein Gewittersturm den Baum am 30. Juni 2012 getroffen hat und ein "bedrohlicher Riss" zwischen den Baumhälften klafft. "Nicht zu handeln, könnten wir nicht verantworten."
Doch es gibt auch eine andere Sichtweise und die sieht für die eingebundenen Institutionen wenig schmeichelhaft aus. Georg Sperber, renommierter deutscher Forstwissenschaftler, wirft dem Forstbetrieb einen Sündenfall vor. "Das Beispiel zeigt, dass das Überleben auch wertvollster Baumpersönlichkeiten im Steigerwald nicht gewährleistet ist." In seiner Begründung stützt sich der frühere Leiter des Forstamts Ebrach vor allem darauf, dass die für den Radweg zuständige Naturschutzbehörde in Bayreuth über die Baumaßnahme nicht einmal informiert gewesen sei. Ganz abgesehen davon, dass es "naheliegende und kostenneutrale Alternativen für den Radweg gegeben hätte, etwa nach Handthal". Auch über das Risiko, dass der gerissene Baum stürzt, kann man offenkundig geteilter Meinung sein: Hört man Sperber, handelt es sich nur um einen feinen Haarriss. "Ihn kann ein Baum von dieser ungebrochenen Vitalität erfahrungsgemäß in kurzer Zeit wieder überwallen."
In jedem Fall ist es ein majestätischer Baum, dessen Zukunft auf dem Spiel steht: Nach einer aktuellen Messung hat die Ebracher Zwillingsbuche einen Durchmesser in Brusthöhe von 1,55 Metern und übertrifft damit sogar die stärksten deutschen Riesenbuchen wie jene Gigantin, die mit 1,53 Metern Durchmesser im Buchenwaldreservat "Fauler Ort" in Brandenburg steht.
Zuletzt spielt der Bundesgerichtshof den Naturschützern in die Hände. So kann im Wald, zumal in einem Naturschutzgebiet, das Argument der Verkehrssicherheit künftig nicht mehr gelten. Grund ist die Klarstellung, die das oberste Gericht im Streitfall des Dillinger Hüttenwalds im Oktober 2012 getroffen hat. Waldtypische Gefahren etwa durch stürzende Bäume oder herabfallende Äste können nicht mehr den Waldbesitzern zur Last gelegt werden. Tenor des Urteils: "Wer den Wald betritt, tut dies auf eigenes Risiko."
...ausgerechnet von diesem Baum zum rechten Zeitpunkt erschlagen zu werden? Hält sich ausgerechnet dann jemand darunter auf, wenn er auseinanderbricht? Der an Fanatismus grenzende Trieb unserer Sicherheitsfantiker ist behandlungbedürftig.
! Damit sollte dann die gefährliche Natur gebannt sein!
Man soll doch eine mindestens 50m breite Schneise entlang des Radwegs schlagen
Richtig, Stef, und die Wildsäu müssen auch alle weg. Was da alles passieren kann!
Zu dem Thema ist mir noch ein alter Witz eingefallen: Wisst Ihr, welche Hunde für Radfahrer am gefährlichsten sind? Die ganz kleinen, die verkeilen sich so unterm Vorderrad
...dich mit seiner Kiste vom Radweg holt, sind in der Gegend ungemein größer!
Nötig ist das nicht, jeder sucht sich eine Beschäftigung.
Und wenn schon mal bei einem Sturm der Baum auf den Radweg stürzen sollte, das passiert jedes Jahr.
Man kann alle mit Personenschäden begründen.