Längst sind Raucher auf dem Rückzug. Vor dem entschiedenen Kampf gegen den blauen Dunst wurde aber selbst in Krankenhäusern noch hemmungslos gequalmt.
Rauchschwaden im Flieger: kein Problem. In Kinos wurde gequarzt, bis man die Leinwand kaum mehr sehen konnte. In Büros herrschte dicke Luft. Und natürlich waren Hollywood-Stars ohne Kippen zwischen den Lippen undenkbar. Ja, in der "guten" alten Zeit, in der auch chronisch versoffene Helden noch als Idole gefeiert wurden, frönte man fröhlich seinen Lastern - ohne sich groß um seine Gesundheit zu sorgen. Wie hemmungslos aber selbst in Krankenhäusern geraucht wurde, berichtete uns ein Leser, der in
Bamberg in den 60er Jahren einschlägige Erfahrungen machte.
Eine Dunstglocke
Es war der in unserer Reihe "70 Jahre Fränkischer Tag" erschienene "Umzug des Jahrhunderts", der bei Robert Schwarzmann Erinnerungen an das alte Krankenhaus in der Unteren Sandstraße weckte. So lag der heute 70-Jährige 1967 als Patient in den Räumen des jetzigen Stadtarchivs.
"Und hier wurde damals noch so geraucht, dass eine Dunstglocke über dem Saal hing", berichtet der Bamberger, der ein Beweisfoto mit sich selbst und brennendem Glimmstengel in die Redaktion sandte.
Nach einem Arbeitsunfall war der gelernte Schweißer wegen eines gebrochenen Fußknöchels damals behandelt worden und erholte sich in einem "15-Bett-Zimmer". "Die Schwe-stern motzten natürlich, wenn sie einen mit qualmender Zigarette erwischten. Zu rauchen war offiziell jedoch nicht verboten." So sahen die meisten Patienten über die Ermahnungen hinweg und sorgten dafür, dass der blaue Dunst andere Gerüche überlagerte.
Runter vom Bett!
Allergisch reagierten die Schwestern in den Sixties auch noch auf "sittliche Verstöße". Tatsächlich wagte es Schwarzmanns spätere Frau, sich aufs Krankenbett ihres Verlobten zu setzen. "Da gab's Ärger.
Gleich wurde Sieglinde wieder runtergeworfen."
Wann verbannte man qualmende Zeitgenossen Jahrzehnte später eigentlich aus dem Klinikum? Brigitte Dippold zufolge kam das totale Verbot schrittweise. "Früher gab es für die Patienten pro Stockwerk noch ein Raucherzimmer", erinnert sich die Pressesprecherin der Sozialstiftung. Mitarbeiter hätten in Aufenthaltsräumen und der Cafeteria ihre Sucht befriedigen können. Dippold selbst erlebte auch noch, dass Patienten im alten Krankenhaus "auf den Fluren, in Sitzecken und Treppenhäusern rauchten". Dass in den Betten gequast wurde, wie Robert Schwarzmann berichtete, habe sie selbst aber nicht mehr mitbekommen - "das war vor meiner Zeit".
Sensible Rauchmelder
Gänzlich rauchfrei ist das Klinikum seit 2007. "Wir verfügen übrigens über sensible Rauchmelder", merkte die Pressesprecherin noch augenzwinkernd an.
Seither gibt es auf dem Gelände auch keine Zigaretten mehr zu kaufen. Patienten, Besucher und Mitarbeiter, die sich eine anstecken möchten, müssen das in ausgewiesenen Pavillons tun.
Herrscht demnach auch ein striktes Alkoholverbot am Klinikum - das Mitbringsel wie Schnapspralinen einschließt? Liegen entsprechende medizinische Gründe vor, so ist jeder Alkoholgenuss für Patienten Dippold zufolge tabu. Davon mal abgesehen aber sei Bier am Kiosk erhältlich - wenn es auch nicht vom Krankenbett aus zu ordern ist. Von Patienten mit Promille wusste Brigitte Dippold dennoch nichts zu berichten, "von denen mal abgesehen, die betrunken eingeliefert wurden".
Streng reglementiert
Tja, streng ist die Reglementierung heute im Vergleich zu den Sixites.
Zurückdrehen möchte man die Entwicklungen allerdings nicht, die unser Gesundheitsbewusstsein schärften - ob's übermäßigen Alkoholkonsum oder eben den blauen Dunst angeht. Selbst Kneipen haben mittlerweile als letzte Bastionen aller Süchtigen zur Freude der Nichtraucher ausgedient. Bei Kindern und Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren ging die Zahl der Raucher in den vergangenen Jahren auch drastisch zurück: Von 28 Prozent noch 2001 auf zuletzt 7,8 Prozent 2015. Dennoch stellt der Tabakkonsum laut Bundesregierung weiterhin das "größte vermeidbare Gesundheitsrisiko" dar.