Die Bamberger Stadtwerke schlossen einen Mann lebenslang vom Busverkehr aus. Doch nun musste der Bamberger ÖPNV zurückrudern.
Kann man jemanden lebenslang vom Busverkehr ausschließen? Auch wenn er "nur" einen Busfahrer beleidigt haben soll? Auch wenn er als Schwerbehinderter ohne eigenes Auto auf den ÖPNV angewiesen ist? Auch wenn er seit über 40 Jahren mit dem Bus gefahren ist, ohne jemals auffällig zu werden. Im dritten Stock des Amtsgerichtes wurden diese Fragen nun zivilrechtlich geklärt.
Dabei hatte es zwischenzeitlich so ausgesehen, als ob das Zivilverfahren gar nicht hätte stattfinden können. Denn Frank G. beantragte wegen seines geringen Einkommens Prozesskostenhilfe, um überhaupt klagen zu können. Der Antrag landete beim zuständigen Amtsrichter Peter Neller, der die Erfolgsaussichten nicht gegeben sah und den Antrag zurückwies.
Befangenheitsantrag abgelehnt
Weil er den Streitwert auf 400 Euro festsetzte, und damit unter der Schwelle von 600 Euro blieb, war zunächst die Möglichkeit verbaut, dagegen Beschwerde einzulegen. Dagegen klagte Rechtsanwalt Ulrich-Arthur Birk (Stegaurach) vor dem Landgericht Bamberg und hatte Erfolg. Dem von Birk gestellten Befangenheitsantrag gegen Amtsrichter Neller, weil dieser als CSU-Stadtrat im Aufsichtsrat der beklagten Stadtwerke Verkehrs- und Park GmbH sitzt, gab das Landgericht indes nicht statt. Im Zivilverfahren vermittelte nun Amtsrichter Ralf Hofmann zwischen den beiden Streitparteien.
Auf der einen Seite Peter Scheuenstuhl, Leiter der Verkehrsbetriebe der Stadtwerke Bamberg, der betonte, seine Mitarbeiter seien "kein Freiwild", müssten es sich nicht gefallen lassen, angerempelt, angehustet und beleidigt zu werden.
Der Prokurist verteidigte die lebenslange "Sperre", die er aus Sicht des Fahrpersonals für richtig erachtete. "Wer sich so verhält, und das nicht zum ersten Mal, der muss mit den Konsequenzen rechnen." Zwei seiner Busfahrer sollten die Geschehnisse einer Aprilnacht 2016 schildern, in der Frank G. einen der beiden absichtlich angehustet und dann mit "Du bist ja nicht ganz dicht!" beleidigt haben soll. Das Strafverfahren gegen den 52-Jährigen wurde wegen Geringfügigkeit inzwischen eingestellt.
"Schreiendes Unrecht"
Die Zeugen kamen aber wegen der zuvor erreichten gütlichen Einigung nicht mehr zu Wort. Im Frühjahr 2016 hatte das kommunale Unternehmen ein Beförderungsverbot ausgesprochen, das Frank G. seit über eineinhalb Jahren daran hinderte, mit öffentlichen Verkehrsmitteln von seiner Wohnung außerhalb Bambergs zu seinem Arbeitsplatz im Stadtzentrum zu gelangen. "Ich musste dann auf den Omnibusverkehr Franken ausweichen, der nur sehr selten fährt und auch nicht genau dahin, wohin ich wollte. Oder ich nahm ein Taxi, was mich aber jedes Mal 15 Euro kostete," so Frank G. Bisweilen sei er trotz massiver Herzbeschwerden sogar auf das Fahrrad ausgewichen.
Auf der anderen Seite Prof. Birk und sein Mandant Frank G., der alle Vorwürfe bestritt und einen unbeteiligten Fahrgast als Zeugen mitgebracht hatte. Für den emeritierten Professor, der bis vor zwei Jahren an der Universität Arbeits- und Sozialrecht gelehrt hatte, ist es eine Herzensangelegenheit, "all denen zu helfen, die zutiefst verzweifelt sind, weil ihnen schreiendes Unrecht geschieht." Weshalb er in seiner Freizeit als Pensionist nur rund 30 bis 50 Fälle im Jahr betreut. Einer davon gegen seinen ehemaligen Studenten Frank G.
Der Vergleich bedeutet nun, dass Frank G. ab dem 1. Januar 2018 wieder in einen Bus der Stadtwerke Bamberg einsteigen und mitfahren darf. Das Beförderungsverbot wurde juristisch allerdings nicht in Frage gestellt. Nur wurde aus dem "lebenslang" ein "befristet bis Ende des Jahres 2017."
Verzicht auf Schadenersatzansprüche
Er hat sich im Gegenzug in einer Unterlassungserklärung dazu bereiterklärt, keine Busfahrer oder andere Mitarbeiter der Stadtwerke Bamberg zu beleidigen. Sollte das doch geschehen, müsste er in jedem Einzelfall 100 Euro Ordnungsgeld an die Bamberger Tafel zahlen. Auf Schadenersatzansprüche, etwa für die Mehrkosten durch Taxifahrten, hat Frank G. verzichtet.
Seine Entschuldigung für die falsche Wortwahl nahm der beleidigte Busfahrer indes nicht an. Und Scheuenstuhl kommentierte Frank G.s Ausführungen, in denen er seine Sicht der Dinge schilderte: "Jetzt bedauere ich schon, dass wir dem Vergleich zugestimmt haben."
Der Kommentar wurde gesperrt.
"Auf Schadenersatzansprüche ... hat (er) verzichtet" - welch noble Geste.
Die Anschuldigungen waren wohl doch nicht unbegründet, da wohl zugegebenermaßen die Wortwahl falsch war?
Musste Radfahren trotz Herzproblemen. Moderate Bewegung an frischer Luft stärkt das Herz-Kreislaufsystem und man kann hervorragend abschalten. Und läuft nicht Gefahr, von ungezogenem Fahrpersonal zu Beleidigungen und potentieller Gesundheitsgefährdung provoziert zu werden.
Wie weit doch die Ansichten auseinandergehen können, wenn die andere Seite, unterstützt von professoralem Sachverstand, hier ein "schreiendes Unrecht" sieht.
Bitte korrigieren. Entweder ist die Überschrift falsch oder der Artikel. Peter G. oder Frank G.