Ein junger Syrer, der von der Hauptbelastungszeugin schwer belastet worden war, ist jetzt freigesprochen worden.
In einem der letzten Verfahren wegen einer sexuellen Belästigung und gefährlicher Körperverletzung auf der Hirschaider Kirchweih im September letzten Jahres wurde ein 18-jähriger Schüler aus dem Landkreis Bamberg jetzt vor dem Amtsgericht Bamberg überraschend freigesprochen. Dem Syrer war vorgeworfen worden, eine Jugendliche festgehalten zu haben, die dann begrabscht wurde. Das sahen nach einer umfangreichen Beweisaufnahme alle Beteiligten anders.
"Sie hat gelogen, vorsätzlich und massiv, dass sich die Balken biegen!" In seinem Plädoyer wurde Rechtsanwalt Joachim Voigt (Bamberg) gewohnt deutlich. Seinen juristischen Zorn erregte die Hauptbelastungszeugin Elena S. (Name geändert). Sie war das Opfer der unstreitigen sexuellen Belästigung und der gefährlichen Körperverletzung geworden. Elena S. habe zum Angeklagten und dessen Beteiligung gleich mehrere Geschichten erzählt.
Erst hätten alle Täter, der Grabscher und seine beiden festhaltenden Komplizen, sowie die "Horde" um den Tatort herum, Bärte getragen. Dann hätte sie den bartlosen Angeklagten zweifelsfrei identifiziert. Aber erst Wochen später, nachdem sie zwischenzeitlich bei der Polizei keine genauen Angaben zum "Festhalter" hatte machen können. Schließlich erzählte sie einer Freundin, der Angeklagte sei der Grabscher und nicht der Festhalter gewesen. Ihr kleiner Finger sei nicht beim Losreißen verletzt worden, sondern als der Angeklagte ihre Hand an sein Genital geführt hätte - davon war zuvor nirgends die Rede gewesen. Dann schilderte Elena S., sie habe den Angeklagten bereits während der Zugfahrt gesehen und ihn später in der Dunkelheit unter der Kanalbrücke wiedererkannt. Auch das Selfie, auf dem der Angeklagte einige Zeit später am Zentralen Omnibusbahnhof Bamberg zu sehen gewesen sein soll, fand sich trotz umfangreicher Suche nicht.
Zahlreiche Widersprüche
Schließlich gab Elena S. auch noch an, wie der zweite Festhalter ausgesehen habe, obwohl sie ihn bislang überhaupt nicht hatte beschreiben können. Kurz und gut: Die Aussagen der Elena S. widersprachen sich mit jedem Satz mehr und mehr. Handfeste Beweise gab es nicht. Der Freispruch nach zwei Verhandlungstagen war damit unausweichlich. Die Kosten übernimmt der Steuerzahler.
Zuvor hatte auch ein immer nachdenklicher wirkender Staatsanwalt André Libischer einen Freispruch beantragt. "Das war so nicht absehbar, weil die Aussagen des Opfers glaubwürdig schienen, und das Alibi des Angeklagten, er sei zur Tatzeit beim Kartenspiel mit Nachbarn gewesen, vage blieb." Die Zeugenaussagen zweier Berufsschülerinnen aus Bamberg, die mit dem Opfer befreundet beziehungsweise bekannt sind, hatten die Widersprüche endgültig augenscheinlich werden lassen.
Dass der sexuelle Übergriff und die durch mehrere Täter verursachte gefährliche Körperverletzung stattgefunden hatte, hatten bereits frühere Strafprozesse belegt. Dass der Angeklagte zu der Clique gehört hatte, die sich vor der Tat im Zug nach
Hirschaid noch zu einem Gruppenfoto zusammengesetzt hatte, und aus der bereits einige verurteilt worden sind, war indes nicht zu beweisen. "Wir gehen davon aus, dass Sie an der Tat nicht beteiligt waren," so Richter Martin Waschner in seinem Schlusswort.
Der Prozess wird dennoch ein juristisches Nachspiel haben, wie Rechtsanwalt Voigt erklärte. Er werde Anzeige gegen Elena S. wegen falscher Verdächtigung erstatten. Sie habe nicht nur die Polizei, sondern auch das Gericht belogen. Auch wenn das wohl nicht weit führen werde. "Die Justiz hält die schützende Hand über solche Menschen."