Ohne den Laden ist das Dorf tot!

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Mit gutem Beispiel voran: Bürgermeister Max-Dieter Schneider war Kunde Nummer 1 bei der Wiedereröffnung des Ebracher Ladens. Foto: Walter Hanslok
Mit gutem Beispiel voran: Bürgermeister Max-Dieter Schneider war Kunde Nummer 1 bei der Wiedereröffnung des Ebracher Ladens. Foto: Walter Hanslok
 
 
 
 
 
 
 
 

Der Bürgermeister war der erste Kunde bei der Wiedereröffnung des Ebracher Einkaufsladens. Den gibt es mit Unterbrechungen und wechselnden Betreibern seit fast zehn Jahren. "Ohne Laden ist das Dorf tot," sagt Max-Dieter Schneider.

Fast 40 Kilometer von Bamberg, am westlichen Rand des Landkreises gelegen, kommt dem Dorfladen in der 1850 Einwohner zählenden Gemeinde Ebrach zentrale Bedeutung zu. Vor etwa zehn Jahren hat der Immobilienbesitzer den Laden zuerst selbst betrieben, dann fand er das Betreiber-Ehepaar Nebel-Mahr. Renate und Ehemann Günter führten das Geschäft über sieben Jahre, ehe sie es aus gesundheitlichen Gründen - mehrere Operationen und Rehas - abgeben mussten. Keiner konnte den Beiden sagen, wie lange genau sie außer Gefecht sein würden.

Kein Risiko eingehen

Deswegen wollte man auch nicht das Wagnis mit Personal eingehen und gab den Laden "schweren Herzens" auf. Die Gemeinde hatte schon überlegt, ihn eventuell über eine zu gründende Genossenschaft betreiben zu lassen.
Weil aber erfahrungsgemäß zwei von zehn solchen Läden wieder aufgeben, so Bürgermeister Max-Dieter Schneider (SPD), habe dies doch ein gewisses Risiko bedeutet. Glücklicherweise fand sich dann ein neues Betreiber-Duo. Das hat sich aus diversen Gründen nach zweieinhalb jedoch vor kurzem zurückziehen müssen. Das wiederum war letztendlich ein Glücksfall für das zwischenzeitlich wieder genesene Betreiber-Paar Nebel-Mahr.

In Ebrach wohlgefühlt

"Wir hatten uns schon nach was anderem umgesehen," berichtet Renate Nebel-Mahr. Nach vielen Jahren im Einzelhandel wollte das Ehepaar wieder in diesem Sektor tätig werden. In Ebrach hatte man sich wohl gefühlt und so sagte man selbstverständlich zu, als der Immobilienbesitzer fragte. In der Zwischenzeit war der Laden einige Wochen geschlossen. Eine harte Zeit für die Kundschaft, wie die Bemerkungen bei der Neu-Eröffnung zeigen.

Denn das Gros der Kunden sind sozusagen "alte Bekannte" für das Betreiber-Paar. Selbstverständlich zählt Kunde Nummer 1 bei der Wiedereröffnung, also Bürgermeister Schneider dazu. "Von Anfang an haben meine Frau und ich hier alle Dinge des täglichen Bedarfs hier gekauft." Lediglich, wenn etwas ganz Spezielles gekocht wurde, das es vor Ort nicht gab, besorgte man es woanders. Ebrach hat drei Bäcker, einen Metzger, fünf Gaststätten, die durch den Laden perfekt ergänzt werden. Kundschaft müsste bei 1850 Einwohnern, 700 Realschülern, 200 JVA-Bediensteten, einer Vielzahl von Touristen und Wohnmobilfahrern an sich genügend vorhanden sein. Und auch die Gemeinde selbst zählt zur Kundschaft.


für Neujahrsempfang geordert

Schneider hat für deren Neujahrsempfang bereits zwölf Kartons Sekt geordert. "Schon da," bestätigt ihm Günter Mahr an der Kasse. Wo eine 76-jährige Großgressingerin erleichtert anmerkt, wie froh sie sei, "zum Einkaufen nicht mehr fort zu müssen." Dass sie blöd war, die Zeit ohne Laden, findet Heike Mall (42), die sei einem Jahr in Ebrach wohnt, hier oft eingekauft hat und das nun auch weiter tun will. Eine 25-Jährige kauft zwar nur ab und zu hier ein, "wenn ich was vergessen habe." Schon deswegen sei es gut, dass es "das Lädla" gibt.

Weitaus euphorischer äußert sich das Ehepaar Thomas (80/86) "Wir sind echt froh, hoffentlich bleibt es jetzt so." Man ist nicht mehr so mobil und kann mit dem Auto keine größeren Strecken zurücklegen. Auch zwei Realschullehrerinnen atmen auf, als sie diesmal nicht vor verschlossener Tür stehen und wissen, dass sie fortan immer in der Gewissheit kommen können, hier etwas zu bekommen. Kunde Nummer 1 vernimmt auch das zufrieden.


KOMMENTAR: Solche Läden Brauchen Wir  

Gott sei Dank! Oder besser gesagt Nebel-Mahrs sei Dank, dass sie wiederkommen und dem Dorfladen neues Leben einhauchen. Der Zustrom in den ersten Tagen ist mehr, als nur der wieder gewonnenen Einkaufsmöglichkeit geschuldet. Wer die herzlichen Umarmungen und freundlichen Worte registriert merkt, dass hier eine besondere Verbindung besteht. Die basiert wohl er weniger auf Dauertiefstpreisen. Die kann so ein kleines Geschäft gar nicht bieten, wenn es halbwegs existieren will. Dafür bekommt der Kunde hier etwas gratis, was sich heute kein Discounter wirklich leisten kann oder will: Herzlichkeit, Anteilnahme, Interesse am Menschen im Kunden. Deswegen strömen die Menschen.
Dieser Einkaufsmarkt ist gerade für die Älteren auch zum Kommunikationszentrum geworden: Man kommt gerne, man spricht mit einander und mit den Betreibern. Genau das ist die Stärke des Ebracher Geschäftes und der ähnlichen, die überlebt haben. Dieses persönliches Einkaufserlebnis, das einem hier beschert wird, sollte man wertschätzen und nicht nur das erwerben, was einem gerade mal so ausgegangen ist. Den Betreibern ist zu wünschen, dass der Kundenstrom der Anfangstage anhält und sie viele Jahre lang trägt. Auf diese Weise wäre allen geholfen. Wir brauchen solche Läden auf dem Land und in der Stadt.