Oberhaid: ein Circus im Pech - "Corona"

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Den Namen hatten sich die Zirkusleute schon länger ausgesucht und Werbemittel erstellen lassen. Damit hat Circus Corona im Moment aber nur Pech, wie es scheint. Foto: Anette Schreiber
Den  Namen hatten sich die Zirkusleute schon länger ausgesucht und Werbemittel erstellen lassen. Damit hat Circus Corona im  Moment aber nur Pech, wie es scheint. Foto: Anette Schreiber

Mit dem Namen hat der neu gegründete Zirkus derzeit schlechte Karten: Circus Corona will eigentlich seine allererste Vorstellung in Oberhaid geben.

"Pech, dass man gerade jetzt so heißt", meint eine Kundin, die sich beim Bäckerwagen an der Hauptstraße eindeckt. Sie meint damit den Zirkus, der diese Woche am westlichen Ortsende sein Zelt aufgeschlagen hat: Circus Corona. Kein Witz. Auch entlang der Hauptstraße trifft man auf Corona. Nicht gerade förderlich in Zeiten, in denen das Virus ganze Länder lahmlegt. Wir begeben uns auf die Suche nach dem Zirkus.

Von weitem schon ist eine Art Wagenburg auf dem Festplatz zu erkennen. Ein Zelt in bunt leuchtendem Rot und Weiß. Je näher man kommt, umso besser sieht man die zirkuseigenen Banner: Circus Corona. Immer wieder werden Autos langsamer, die hier vorbeifahren. So mancher Verkehrsteilnehmer kann wohl nicht so recht glauben, was er da liest.

Bis auf von Kinderspiel zeugenden Geräuschen ist es still auf dem Platz. Zwei größere Wohnwägen, ein großer Zuganhänger, ein rot leuchtendes Kassenhäuschen. Ein kleiner Junge kommt auf seinem weißen Rad herangefahren: "Guten Tag, kann ich helfen?", fragt er aufgeweckt in Richtung der Besucherin. Dann legt er sein Rad auf den Boden, streckt den Rücken gerade und erklärt: "Ich arbeite hier!" Der Zirkusdirektor ist wohl nicht da, dafür holt der junge Mann, er heißt Sajoscha, Unterstützung. Die Oma. So nach und nach ist ihr die ganze Misere zu entlocken.

Oberhaid ist die erste Station des ganz neu gegründeten Zirkus. Sohn Joshua Schmidt und dessen Frau Janine Renz, die in der Zirkuswelt aufgewachsen sind und zuletzt bei anderen Unternehmen arbeiteten, haben sich selbständig gemacht. Von den Familien haben sie sich Geld für das gebrauchte Zirkuszelt geliehen. Das ist jetzt alle und in Oberhaid sollte nun Geld zum Leben und für die Weiterreise verdient werden.

Oberhaid, das sollte die Premiere schlechthin werden, fünf Vorstellungen ab Donnerstag kommender Woche. Schon lange hatte man Oberhaid festgemacht, in der zurückliegenden Woche aufgebaut, Werbung verteilt. Jetzt sollte es eigentlich an Schulen und Kitas gehen. Denn Circus Corona ist ein Kinderzirkus, erklärt die 56-Jährige, die eigentlich nur auf die drei Kinder aufpassen und beim Beginn helfen wollte. "Die Tiere wurden alle noch dressiert." Und auch die Kinder (sechs, neun und elf Jahre alt) haben den letzten Schliff erhalten, so Oma Angela. Zum Glück habe die Gemeinde die Spielerlaubnis (noch) nicht entzogen. Was anderen Zirkussen schon widerfahren sei. Aber Circus Corona habe ja auch nur wenige Plätze, so um die 60, schätzt Oma Angela,

Genaueres wüssten ihr Sohn und die Schwiegertochter. Aber die seien unterwegs, um vom letzten verbliebenen Geld Lebensmittel zu kaufen.

"Scheiße" sagt die Oma. Zu allem. Auch zum Namen. Gerade jetzt. Aber man könne ihn nun nicht einfach ändern. Werbemittel wie Plakate und Banner wurden schon vor langem hergestellt. Und Corona bedeute ja eigentlich Krone. Wie der weithin bekannte Zirkus.

Während es auf dem Zirkusgelände bis aufs Kinderspiel weiter ruhig bleibt, herrscht am Bäckerwagen reger Betrieb. "Ich war sprachlos", sagt eine 62-Jährige in Richtung Schausteller. "Wenn Du das vor der Haustür hast, denkst doch bloß noch an das Thema." Explizit mit den Anwohnern am Festplatz empfindet sie Mitleid.

"Bei dem Namen, da geht doch keiner rein", stellt eine 66-Jährige fest. Ihre eigenen Enkel gingen bestimmt nicht hin. Aber nicht wegen des Namens, sondern weil sie generell mit Zirkus nichts anfangen können.

"Ob der Circus Corona jetzt da ist oder nicht juckt mich nicht", stellt eine 76-Jährige resolut fest. Sie gehe im Moment überhaupt nicht zu Veranstaltungen mit vielen Menschen. "Nicht einmal in die Kirche!" Und auch so halte sie immer Abstand, lässt sie aus gut zwei Metern Distanz wissen.

"Das ist jetzt der schlechteste Zeitpunkt für einen Zirkus überhaupt und dann noch mit dem Namen", erklärt Bürgermeister Carsten Joneitis gegenüber dem FT. Vor einem halben Jahr habe man seitens der Gemeinde die Genehmigung erteilt. Und als es in dieser Woche mit Corona in der Region richtig ernst wurde, da reiste auch noch der Circus Corona an. Am Montag will sich Joneitis bei der Zirkus-Familie umsehen und fragen, wie man helfen könnte.