Der zweite Verhandlungstag beim Prozess gegen eine Bande von Drogenhändlern aus Syrien und Libyen war der Tag der Geständnisse - und der Beschönigungen.
Jeder der fünf Angeklagten versuchte, die eigene Rolle kleinzureden. Man selbst sei gar nicht so wichtig gewesen, hätte nur Befehle empfangen. Nur einer auf der Anklagebank fiel aus der Rolle - und dem Vorsitzenden Richter Manfred Schmidt unangenehm auf.
Einige Zeit hatte es gedauert, bis die fünf Rechtsanwälte mit ihren Mandaten alle Details der Verständigung besprochen hatten, gab es doch nur eine Dolmetscherin, die im Dauereinsatz vom Arabischen ins Deutsche und wieder zurück übersetzte. Mit dieser Absprache soll das Gerichtsverfahren beschleunigt werden, "damit wir uns nicht tagelang mit den Protokollen der Telefonüberwachung herumschlagen müssen," so Richter Schmidt. Diesem zeitsparenden Ansatz fielen auch einige Anklagepunkte zum Opfer, die eingestellt wurden, weil die Drogengeschäfte nicht zustande gekommen waren. Am vereinbarten Strafrahmen von bis zu neun Jahren Haft für das Quintett wird das aber nichts ändern.
Die Zeitersparnis dürfte trotz dieser juristischen Flurbereinigung allerdings gering sein, ergingen sich alle fünf Angeklagten, soweit sie überhaupt etwas zur Sache sagten, doch in weitschweifigen, ermüdenden Antworten, aus deren Wortschwall die fünfköpfige Strafkammer die wenigen Tatsachen herauszuklauben hatte.
So erfuhr der Zuhörer, dass die Wohnung des ältesten Angeklagten nicht nur als Lagerraum und Umschlagplatz für ankommende Haschischpakete diente, sondern auch als Treffpunkt der Bandenmitglieder, um dort miteinander etwas von dem Stoff zu rauchen. Außerdem fanden auch kleinere Mengen des Cannabis-Produktes einen neuen Besitzer. Die Rolle des Wohnungsmieters sei deshalb keine unwichtige, reagierte Richter Schmidt auf den Versuch des ältesten Angeklagten, die eigene Bedeutung kleinzureden.
Kennengelernt hatten sich die vier Syrer und der Libyer, von denen zwei sich bereits aus demselben Stadtviertel in Damaskus kannten, während ihres Aufenthaltes in der Flüchtlingsunterkunft in Ebrach, in der auch der Haupttäter lange lebte. Der hatte regelmäßig die Bestellungen aufgegeben, sich um die Finanzierung gekümmert und im Hintergrund die Fäden zusammengehalten. Das ließ er durch seinen Anwalt Christian Balthemes (Bamberg) bestreiten. Bei solchen arabischen Banden hätten immer die Ältesten das Sagen, und das sei sein Mandant nicht. Im Übrigen schwieg der mutmaßliche Kopf der Bande.
Wie sich im Laufe der stundenlangen Aussagen herausstellte, hatten die fünf Angeklagten immer auch etwas von den Lieferungen aus Berlin oder Stuttgart für den Eigenkonsum erhalten. Mitunter war es, neben Geldzahlungen von 150 bis 400 Euro, das "Honorar" für zwei der Angeklagten für die Beschaffungsfahrten. Bei kleineren Mengen wegen des Rauschgiftgeruchs mit Fernbus oder Bahn, bei größeren Mengen auch mit einem gemieteten Wagen mit Chaffeur. Auch ein Aufwandsersatz für Fahr-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten von 100 Euro pro Ausflug war eingepreist.
Kunden waren vor allem, der Sprachbarriere wegen, Landsleute und andere arabischsprachige Einwohner der Bamberger Region. Der Eigenkonsum diente den Angeklagten auch dazu, die aufgefundenen und nachgewiesenen Mengen kleinzurechnen, indem jeder zwischen drei und sieben Gramm täglich verraucht haben wollte. Eine Menge, die Staatsanwalt Stephan Schäl nicht recht glauben wollte.
Auch die Groß- und Einzelhandelspreise für Haschisch kamen auf den Tisch. So zahlten die Angeklagten zwischen 200 und 230 Euro pro Kilogramm Haschisch und verkauften es an ihre Endkunden in Bamberg und Umgebung für bis zu 1000 Euro das Kilogramm.
Während vier der Angeklagten sich an die mit dem Gericht getroffene Absprache "Geständnis gegen festgelegte Strafe" hielten, zog der jüngste den Ärger des Vorsitzenden Richters auf sich. "Das ist ein Rumgeeiere, aber kein nachvollziehbares und glaubwürdiges Geständnis." Er solle sich nicht dümmer stellen als er sei. Er habe doch nicht aus Freundschaft mitgemacht, sondern aus Gewinnstreben. Erst biete er ein Geständnis an, dann bestreite er alles. Selbst der Pflichtverteidiger Andreas Klostermeier (Nürnberg) schien am Ende seines Lateins zu sein. Falls die Verständigung mit dem jüngsten Angeklagten platzt, dann wird die Beweisführung gegen diesen einen Angeklagten mehr Zeit in Anspruch nehmen als gegen seine vier Mitangeklagten. Und bei der Strafhöhe kann er sich auch nicht sicher sein ...
Hintergrund könnte sein, dass der jüngste Angeklagte eine wichtigere Rolle gespielt haben könnte, als bisher bekannt war. Als einer der Angeklagten, auf dessen umfangreichen Angaben bei der Kriminalpolizei in Bayreuth große Teile der Anklageschrift fußten, im Mai 2017 wegen eines teuren Fehlschlages in Berlin bei seinen Bandenkollegen in Ungnade fiel, sollte wohl der jüngste Angeklagte dessen lukrativen Posten einnehmen. Bei dem Fiasko waren nicht nur 8400 Euro bei einem geplatzten Marihuana-Geschäft verschwunden, sondern auch auf der Rückfahrt die bereits gekauften drei Kilogramm Haschisch in die Hände der Autobahnpolizei geraten.
Am Mittwoch und an vier weiteren Tagen werden Zeugen gehört, Sachverständige befragt und schließlich Urteile gefällt werden.