Niedrige Löhne, teure Wohnungen in Bamberg

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Die Studentin Sarah Dann hat mehrere Nebenjobs, um über die Runden zu kommen. Fotos: Ronald Rinklef.
Die Studentin Sarah Dann hat mehrere Nebenjobs, um über die Runden zu kommen.  Fotos: Ronald Rinklef.
Hohe Preise auf dem Bamberger Immobilienmarkt zwingen viele Wohnungssuchende zu Kompromissen - und manchmal auch zum Umzug...
Hohe Preise auf dem Bamberger Immobilienmarkt zwingen viele Wohnungssuchende zu Kompromissen - und manchmal auch zum Umzug...
 
 

Eine Studie über den studentischen Wohnungs- und Arbeitsmarkt unterstützt die These, dass das Leben in Bamberg für manche unerschwinglich zu werden droht. Das trifft Studenten, aber auch alle anderen Bürger, die mit wenig Geld auskommen müssen.

Sarah Dann aus Bamberg ist eine von vielen. Wie fast zwei Drittel aller Studierenden deutschlandweit arbeitet sie neben dem Studium, um einen Teil ihres Lebensunterhalts zu finanzieren: Bei einer Online-Marketing-Agentur, am Gemüsestand am Grünen Markt und in einer Bude am Weihnachtsmarkt, wo man die 21-Jährige bei Wind und Wetter Keramik verkaufen sieht. Im Schnitt kommt die Studentin der Kommunikationswissenschaften damit auf acht bis neun Euro in der Stunde, "mehr als der Durchschnitt der Bamberger Kommilitonen", sagt sie. Doch einer Studie zufolge liegt die junge Frau mit ihrem Einkommen ziemlich genau in der Mitte dessen, was Bamberger Studierende pro Stunde mit nach Hause nehmen - 8,43 Euro, wie die Universität Maastricht im Auftrag der Zeitarbeitsfirma Studitemps herausgefunden hat.

17.000 Studenten wurden bei der Untersuchung nach ihren Lebensverhältnissen gefragt. Dabei stellte sich heraus, dass die Bamberger Studierenden im Deutschland-Vergleich zu denen gehören, die mit den niedrigsten Löhnen zufrieden sein müssen. Während Studenten in Nürnberg mit 10,1 Euro, aber auch in Erlangen mit 9,65 Euro deutlich besser gestellt sind, wird nur in neun deutschen Unistädten noch schlechter gezahlt als in Bamberg, etwa in Dresden, Jena, Rostock und Halle.

Was für Bamberger Studierende verschärfend hinzukommt: Während die Aushilfslöhne in der Welterbestadt auf fast schon ostdeutschem Niedrig-Niveau verharren, liegen die Preise mit 323 Euro für das Wohnen in Bamberg in der deutschen Spitzenklasse. Nur eine Handvoll Städte weist noch höhere Mietkosten auf: München zum Beispiel, Frankfurt, Freiburg oder Heidelberg. Glaubt man der Studie, hat diese Spreizung Folgen: Lohnniveau und Mietkosten klaffen nur noch in einer deutschen Stadt weiter auseinander als in Bamberg - in Hamburg. Dort muss ein Student rechnerisch 38,57 Stunden arbeiten, um seine Wohnung zu finanzieren. In Bamberg sind es 38,32 Stunden.

Überrascht von den Ergebnissen

Stephan Harmann, Autor der Studie, hat es selbst überrascht, welche Unterschiede in Deutschland vorliegen und dass auch in Teilen des Ostens das Studentenleben nicht gerade billig ist. Die Verhältnisse in Hamburg und Bamberg bezeichnet er als vergleichsweise "unausgewogen". Im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Studium und Leben müsste man erwarten, dass in Städten mit besonders hohem Mietniveau auch die Löhne höher lägen.

Doch das ist pures Wunschdenken. Arbeits- und Wohnungsmarkt beeinflussen sich praktisch kaum, wie Hermann Zeis von der Agentur für Arbeit in Bamberg meint. Die meisten Löhne bilden sich unabhängig von den jeweiligen Wohnverhältnissen - nach Angebot und Nachfrage der Arbeitskräfte oder entlang eventuell vorhandener Tarifverträge.

Der Job-Experte bestätigt allerdings auch, dass in Bamberg gerade die für Studenten üblicherweise angebotenen Aushilfsjobs eher zu den unterdurchschnittlich bezahlten gehören. Im Gegensatz dazu sei in Ballungsräumen deutlich mehr zu verdienen. Dies ist auch eine Folge davon, dass sich 13.000 Studierende in Bamberg auf relativ engem Raum drängen und Arbeitgeber keinen Arbeitskräftemangel befürchten müssen.

Ein zweiter Grund für die eher niedrigen Studentenlöhne mag auch sein, dass das ländlich strukturierte Franken generell keine Hochlohnregion ist. Zwischen Spessart und Frankenwald liegen die Einkommen traditionell niedriger als in den deutschen Verdichtungsräumen; umgekehrt sind dafür die Lebenshaltungskosten deutlich günstiger.

Auch die Methode der Online-Befragung wirft Fragen auf. Zur Ermittlung der Wohnungskosten hat Studitemps nur Studenten befragt, die Teil des Netzwerks der Zeitarbeitsfirma sind. Und es gibt Abweichungen von offiziellen Statistiken: In der 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, die von 2012 datiert, etwa schneidet Bambergs Wohnungsmarkt besser ab. Hier liegt die Stadt mit einem Durchschnittspreis von 286 Euro inklusive Nebenkosten für Studentenwohnungen auf dem Platz 36 von 54 deutschen Hochschulstädten, dicht gefolgt von Würzburg und Bayreuth, die ebenfalls eher günstig waren.

Dennoch legt die jüngere Studitemps-Studie nahe, dass der Anstieg der Mietpreise in Bamberg offenbar eine neue Stufe erreicht hat. Sie passt zu den Aussagen des Gutachters Klaus-Peter Möller, der im Auftrag der Stadt bereits im Frühling 2013 belegte, dass der Immobilienmarkt in Bamberg längst die Höhen vieler Großstädte erklommen hat. Demnach schlug allein für 2011 eine Preissteigerung auf dem Mietwohnungssektor von 17,2 Prozent zu Buche. 8,72 Euro beträgt laut Möller der durchschnittliche Mietzins.

Für viele Bewohner Bambergs ist damit bereits die Schmerzgrenze überschritten. Das hat der Familienbeirat der Stadt Bamberg mit einem eindringlichen Appell an den Stadtrat vor wenigen Woche deutlich gemacht. Er forderte die Politik auf, endlich Maßnahmen gegen die Wohnungsnot zu ergreifen.

Dass unter ihr längst auch jene leiden, die von einigen als Ursache der Misere gesehen werden, die Studenten, zeigen die Erfahrungen, die Sarah Dann in den letzten Jahren gemacht hat. Die Studentin spricht von Preisen, die auf breiter Front davongaloppierten, von hohenProvisionen und Kautionen sowie von Vermietern, die sich die mangelnde Erfahrung der Studenten zu nutze gemacht hätten. Ziel sei es gewesen "hohe Preis auch bei niedrigem Standard durchzudrücken". Oft sei dies gelungen.


Kommentar

Zweitteuerste Uni-Stadt

Das ist die Kehrseite der Popularität. Die Otto-Friedrich-Universität ist nicht nur die zweitbeliebteste Uni Deutschlands, wie diese Woche gemeldet wurde. Bamberg ist auf Stundenlöhne und Wohnungsmarkt heruntergebrochen auch die zweitteuerste Uni-Stadt. Ein eklatanter Gegensatz tut sich hier zwischen den erzielbaren Einkommen und den Wohnungskosten auf, der nur noch von der Millionenstadt Hamburg übertroffen wird.

Unter der derzeitigen Situation leiden viele: Studenten (und ihre Eltern), junge Familien, Alleinerziehende und auch Ältere mit kleinen Renten. Kläglich versagt hat hier vor allem der Staat, der sich wider besseres Wissen aus dem Sozialwohnungsbau verabschiedet hat und es dem freien Markt überließ, neue Studentenwohnungen zu errichten. Und auch die Stadt stand tatenlos daneben. Der Familienbeirat hat Recht: Wenn nicht endlich gehandelt wird, gerät die soziale Balance in Bamberg aus den Fugen.