Neubert: Angeklagte beschreiben den Raubüberfall

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Die beiden Angeklagten, ehemals Freunde, stehen links und rechts neben ihren Rechtsanwälten. Foto: Ronald Rinklef
Die beiden Angeklagten, ehemals Freunde, stehen links und rechts neben ihren Rechtsanwälten.  Foto: Ronald Rinklef

Am ersten Verhandlungstag gaben die beiden Angeklagten zu, im Herbst 2016 das Möbelhaus Neubert überfallen zu haben.

Sie arbeitet wieder. Kurz nach dem Raubüberfall hatte Marion A. (Name geändert) es schon mal probiert, doch sie musste abbrechen. Weil jemand hinter ihr durch den Personaleingang kam, den sie nicht kannte. "Ich habe immer noch Probleme, wenn Leute dicht hinter mir stehen", sagte sie in ihrer Zeugenaussage vor dem Bamberger Landgericht.

Drei Wochen war sie damals krank geschrieben, dann klappte es wieder mit dem Arbeiten. Den Job hat sie nicht gewechselt, ist Neubert treu geblieben. Der Möbelhaus-Chef bezeichnet sie in seiner Vernehmung als starke und bewundernswerte Frau. Trotzdem kämpft sie noch, hat Schlafstörungen, geht abends nicht mehr alleine weg und fühlt sich unbehaglich in Menschenmengen. Ein Arzt hatte der Frau eine posttraumatische Belastungsstörung attestiert.

Vor Gericht wirkt die Frau gefasst. Nur ganz am Ende, als sie den Sitzungssaal verlässt, berührt sie ihre Anwältin kurz am Arm und flüstert "danke." Was ist Marion A. passiert?
Es war der 15. Oktober 2016, als zwei maskierte Männer plötzlich im Kassenbüro standen, wo sie die Tageseinnahmen abrechnete. Die Angestellte folgt allen Anweisungen, geht in die Hocke, Blick zur Wand. Sie lässt sich Paketklebeband um Mund und Kopf wickeln, um die Unterschenkel, die Hände werden ihr hinter dem Rücken mit Kabelbindern fixiert. Dann soll sie sich auf einen Stuhl setzen, an dem sie ebenfalls mit Klebeband festgebunden wird.


Tat im zweiten Versuch

Die mutmaßlichen Täter sind Florian R., 35 Jahre alt, und Vinzenz P., 24 Jahre alt (beide Namen geändert). Die zwei Einheimischen aus den Landkreisen Kulmbach und Bayreuth setzen an diesem Herbstabend um etwa 19.30 Uhr ihren Tatplan um. Es ist der zweite Versuch, den ersten an einem anderen Tag hatten sie abgebrochen.
Florian R. hatte fünf Monate vor dem Überfall selbst bei Neubert angefangen. Er wollte eine Stelle mit geregelten Arbeitszeiten, um mehr Zeit mit seiner Familie verbringen zu können.

2014 sei zunächst sein Sohn, eines von drei Kindern, krank geworden, ein Jahr später habe seine Frau eine Hirnhautentzündung erlitten. Kurze Zeit später habe sie dann auch noch eine Krebsdiagnose bekommen. Zusätzlich lief die Kreditabzahlung für das Haus der Familie. Zur Tat habe sich R. entschlossen, um die Operation für seinen Sohn bezahlen zu können. "Der Arzt sagte, es handelt sich um eine Schönheits-OP, die die Kasse nicht übernimmt", erläuterte der Angeklagte. Als Kostenrahmen seien bis zu 13 000 Euro genannt worden. "Ich wollte nicht, dass mein Sohn gehänselt wird. Auch die mögliche Pflege meiner Frau war ein Thema."


Angeklagter wollte Geld besorgen

Warum er denn nicht auf die Idee gekommen sei, sich bei seinen Eltern Geld zu leihen, wollte Vorsitzender Richter Manfred Schmidt wissen. "Weil sie mir in der Vergangenheit schon so viel geholfen haben. Ich wollte endlich als Familienvater für meine eigene Familie sorgen."

Als der 35-Jährige das sagt, bricht ihm die Stimme weg, er weint. Auch, als er berichtet, dass er einen Teil des gestohlenen Geldes im Garten vom Opa vergraben habe. Und dann sagt R. noch: "Am 10. November kam plötzlich die Mitteilung einer anderen Ärztin, dass die OP doch bezahlt wird."
Das war gut einen Monat nach dem Raubüberfall. Der jüngere Komplize von Florian R. zeichnete gestern ein nicht ganz so sensibles Bild des mutmaßlichen Mittäters. Dieser habe schon länger überlegt, wie man gemeinsam "ein sicheres Ding durchziehen" könne. Von einem Juwelierüberfall seien die beiden Männer aus Sicherheitsgründen wieder abgekommen.

Die Planung des Raubes bei Neubert sei Sache des Älteren gewesen, "da er täglich im Betrieb war", sagte Vinzenz P. "Ich habe mich bereit erklärt, das Fesseln zu übernehmen." P. ist muskulös, betreibt Kampf- und Kraftsport. Zudem habe er nach eigenen Angaben vor der Tat geringe Mengen Rauschgift und Alkohol konsumiert. Das Gericht fragte mehrmals nach, was denn mit Marion A. passiert wäre, falls sie es nach dem Überfall nicht selbst geschafft hätte, einen Kollegen zu alarmieren. "Der Sicherheitsmann hätte sie auf jeden Fall noch gefunden", sagte der ältere Angeklagte. In der Tat bestätigte der Mitarbeiter aus dem Schließdienst: "Ich verlasse abends nicht das Haus, bis sich alle abgemeldet haben." Bezogen sei dies auf bestimmte "Kontakte", die aufgrund von Arbeitsabläufen als letzte Mitarbeiter das Möbelhaus verlassen.

Die beiden mutmaßlichen Täter jedenfalls haben sich laut Vinzenz P. auf dem Heimweg direkt um die Aufteilung der Beute, etwa 120 000 Euro Bargeld, gestritten. Auch vor Gericht belasteten sie sich gegenseitig.
Die Verhandlung wird heute fortgesetzt, allerdings geht es um andere Taten, die Vinzenz P. begangen haben soll. Der Überfall in Hirschaid wird am 20. September um 9 Uhr weiter verhandelt.