Es sind schwere Vorwürfe, die die Staatsanwaltschaft gegen 13 Personen aus der rechtsextremen Szene der Region erhebt. Die geplanten Anschläge auf zwei Asylbewerberunterkünfte in Bamberg standen offenbar kurz bevor.
Von einer Vielzahl von Säbeln bis zur Ein-Kilo-Kugelbombe, von der Armbrust bis zur scharfen Handfeuerwaffe mit Munition. Ein solches Arsenal von gefährlichen Waffen, vermischt mit Propagandamaterial aus der Hitlerzeit, haben selbst die erfahrenen Polizeibeamten der Sonderermittlungsgruppe noch nicht gesehen. Das Aufatmen in der Historischen Bibliothek des Justizpalastes war deshalb spürbar. "Man kann von Glück reden, dass diese Ermittlungen durchgeführt worden sind. Nicht auszumalen, was hier offenbar im Schilde geführt worden ist. Es offenbart sich eine völlig neue Dimension der Gewaltbereitschaft", sagte Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD).
Angriff auf das "Balthasar"
Was Starke sagt, wird kurze Zeit später das beherrschende Thema einer Pressekonferenz mit Medienleuten aus ganz Deutschland sein. Leitender Oberstaatsanwalt Erik Ohlenschlager spricht von einer ernst zu nehmenden und gefährlichen Gruppierung mit Wohnsitz in Stadt und Landkreis Bamberg, Erlangen und Nürnberg. Die elf Männer und zwei Frauen zwischen 21 und 36 Jahren, die sich am Mittwoch im Fokus einer groß angelegten Durchsuchungsaktion in Bamberg und im Landkreis Bamberg befanden, sollen zwei Sprengstoffanschläge auf Bamberger Asylunterkünfte geplant haben und einen weiteren Angriff auf das "Balthasar" in der Altstadt, einen Szenetreff linker Gruppierungen. Diese Attacke sollte perfiderweise im Anschluss an die am 31. Oktober geplante Demonstration der Neonazis vor dem Balkanzentrum erfolgen.
Ziel der Gewaltpläne war es nach dem derzeitigen Erkenntnisstand, Asylbewerber, aber auch Angehörige der linken Szene in Angst und Schrecken zu versetzen. Und mehr als das: "Auch schwere Verletzungen bis hin zum Tod können die Folge sein", sagte Werner Mikulasch vom Polizeipräsdium, "würde eine Kugelbombe im geschlossenen Raum explodieren".
Ein singulärer Erfolg der Polizei: Nach intensiven Ermittlungen konnten die Beamten vor wenigen Tagen 16 Kilogramm illegales pyrotechnisches Material abfangen, das die Beschuldigten im Ausland hatten beschaffen wollen. Dabei handelte es sich nicht um Feuerwerkskörper herkömmlicher Machart, sondern um verbotene Substanzen mit erheblicher Sprengkraft. Der Coup der Polizei gab offenbar den Anlass, mit einem gezielten Schlag von zwölf Hausdurchsuchungen gegen die mutmaßlichen Gewalttäter vorzugehen, um Gewaltverbrechen zu verhindern. Rechtzeitig, wie sich nach ersten Vernehmungen herausgestellt hat: Mikulasch geht davon aus, dass die geplanten Anschläge bereits in nächster Zukunft hätten erfolgen sollen.
Bündnis ruft zur Gegendemo auf
Zu dem am 31. Oktober geplanten Aufmarsch rechter Gruppen wird es nach dieser Vorgeschichte wohl nicht mehr so ohne weiteres kommen. Die Ermittlungen führten zu vier Festnahmen, darunter befinden sich nach FT-Informationen auch zwei führende Köpfe der rechtsextremen Partei "Die Rechte", die die Protestkundgebung im Bamberger Osten angemeldet hatte.
OB Andreas Starke kündigte an, den Antrag auf die Demonstration nun im Lichte der neuen Erkenntnisse zu beurteilen. Im Klartext heißt das: Die Stadt wird alles tun, um die Veranstaltung zu verbieten.
Schwer einzuschätzen, wie gut die Aussichten der Versammlungsbehörde sind, mit ihrem Veto gegen die rechtlich versierten Antragsteller durchzukommen. Deshalb rief am Donnerstagmittag das "Bündnis gegen Rechtsextremismus" die Bamberger auf, sich am 31. Oktober möglichst zahlreich an der Gegendemo zu beteiligen und den öffentlichen Raum nicht den "Feinden der Demokratie" zu überlassen. "Wir lassen nicht zu, dass eine Atmosphäre der Angst und Ausgrenzung geschaffen wird", sagte Marietta Eder.
Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen die Neonazis sind massiv. Da ist von der Bildung einer kriminellen Vereinigung die Rede, von Urkundenfälschung, Volksverhetzung und dem Besitz von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen. Bereits in der Vergangenheit waren die Hauptverdächtigen mehrfach durch Gewalt- und Rohheitsdelikte aufgefallen. Mitte Mai kam es in der Bamberger Innenstadt zu einem massiven Angriff gegen drei Passanten. Auch bei Angriffen gegen das Szenelokal Balthasar geriet die Gruppe immer wieder in den Fokus der Ermittlungen.
Mit Erschütterung und Sorge hat der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick auf die geplanten rechtsextremistischen Anschläge in Bamberg reagiert. "Die Gott sei Dank verhinderten Verbrechen, die aus Hass gegen Fremde geplant wurden, dürfen aber nicht über die große Hilfsbereitschaft der Bamberger Bürger für Flüchtlinge hinwegtäuschen. Bamberg ist und bleibt eine offene, friedliche und menschenfreundliche Stadt", sagte Schick, der auch Schirmherr des Bamberger Bündnisses gegen Rechtsextremismus ist.
Kommunalpolitiker aus dem Bamberger Stadtrat reagierten mit Bestürzung auf die Nachrichten, dass Bamberg beinahe zum Ziel rechtsextremer Gewalt geworden wäre: "Ich finde die Radikalisierung der Gesellschaft, ausgelöst durch Fehlinformation und Vorurteile, eine Horrorvorstellung. Bamberg ist, wie sich zeigt, leider keine Insel der Seligen", sagte Peter Gack von den Grünen.
Kommt es zu Ausschreitungen?
Entsetzen auch in der Bamberger CSU: Stellvertretender Fraktionschef Peter Neller rief dazu auf, dass sich nun auch die gemäßigten Kräfte in der Gesellschaft lautstark gegen solche Umtriebe bemerkbar machen müssen. "Damit die Extremisten nicht die Oberhand gewinnen." Seine Befürchtung, wenn es zu der Demo am 31. Oktober käme: "Kein Versammlungsleiter kann Ausschreitungen verhindern."
Mit großer Sorge betrachtet auch Alt-OB Herbert Lauer (Freie Wähler) die Entwicklung. Er fürchtet, dass die Stimmung auch in Bamberg noch mehr kippen wird, wenn der Zustrom von Flüchtlingen ungebremst anhält. Glücklich ist Lauer, dass die Polizei mit ihrem Einsatz Schlimmeres verhindert hat.