Nahverkehrsplan Bamberg erstickt im Papier

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Illustration: Michael Beetz (ft)
Illustration: Michael Beetz (ft)
 

Wie viele Jahre werden noch ins Land ziehen, bis der VGN-Beitritt Bambergs nicht nur die Preise für die Fahrkarten, sondern auch die Zahl der Busse zwischen Stadt und Land steigen lässt? Derzeit vermehrt sich vor allem eins: das Papier.

Gerlinde Fischer kennt die Schwächen des öffentlichen Personennahverkehrs rund um Bamberg aus eigener Praxis. Um von Gundelsheim zur Universität auf der Erba-Insel zu kommen, braucht sie mit dem Bus eine dreiviertel Stunde. Ziemlich lang für eine Strecke von sieben Kilometern. Auch Ilona Munique aus Bamberg sieht Verbesserungsbedarf: "Wandern in der zentralen Fränkischen Schweiz geht für uns nur im Agilisbereich ohne Auto. Einer der wenigen Gründe, unsere alte Karre weiterhin zu pflegen."

Dabei sollte alles längst besser sein. Im Januar 2009, als Stadt und Landkreis Bamberg den Beitritt zum Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) beschlossen hatten, war es eine der wichtigen Forderungen, dass die Verkehrsverbindungen von Stadt und Landkreis verbessert werden sollten.
Doch bis heute fährt kein einziger Bus mehr, während gleichzeitig die Tickets von Jahr zu Jahr teurer wurden.
An diesem Missverhältnis wird sich die nächsten zwei Jahre wenig ändern. Auch der Umweltsenat der Stadt Bamberg muss damit leben, obwohl er diese Woche einstimmig dem Nahverkehrsplan Stadt für Stadt und Landkreis zugestimmt hat.

Das war reine Formsache. Denn was die Verkehrsexperten des VGN für die Kleinigkeit von 50 000 Euro ermittelt und in einem schwergewichtigen Schriftstück aufgeschrieben haben, überraschte im Rathaus niemanden. So bescheinigten die Fachleute dem Buslinien in der Stadt vergleichsweise hohes Niveau. Allenfalls in Schwachverkehrszeiten und in Randzonen wie dem Klinikumsgebiet gibt es Verbesserungsbedarf.

Im Umland sieht das grundlegend anders aus: Hier sind es vor allem die Verkehrsachsen nach Hallstadt, nach Bischberg/Viereth, Scheßlitz/Memmelsdorf und Ebrach/Schlüsselfeld, die dringend verbessert werden müssen, soll der Wirtschaftsraum Bamberg auch beim Nahverkehr glänzen.


Ein weiteres Thema: Ausbau eines regionalen Omnibusbahnhofs
In der Beurteilung der Ergebnisse überwogen in den Fraktionen die positiven Bewertungen - trotz leiser Kritik wegen der schleppenden Prozessdauer. Gaby Seidl (CSU) hob die Tatsache hervor, dass es erstmals einen gemeinsamen Verkehrsplan für Stadt und Land gibt. Vergleichbares sei vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen. Ursula Sowa (GAL) forderte, die Parkraumbewirtschaftung als zwingende flankierende Maßnahme. Michael Bosch, Stadtrat der FW-BR-Fraktion, wünscht sich, dass die Buspreise bezahlbar bleiben: "Die Leute jammern jetzt schon."

Eine Lanze für den schnellen Bau eines regionalen Omnibusbahnhofs (ROB) am Bahnhof brachen Thomas Fischer (SPD) und Peter Gack (GAL). Man muss wissen: Eine solche Einrichtung wird auch vom VGN als entscheidend erachtet, um den Busverkehr in Bamberg an einem zentralen Punkt zu stärken.
Derzeit ist die Situation rund um die Ludwigstraße eher von Wildwuchs als von Überschaubarkeit geprägt. Mehrere Bus-anbieter konkurrieren um den knappen Platz, die Umsteigewege sind lang, Stadt-und Regionalbusse nur schlecht verknüpft.

Freilich ist der ROB zwischenzeitlich in weite Ferne gerückt. Wegen der Kosten, die bei acht Millionen Euro liegen, und wegen der Umbaupläne der Bahn, die den Platz zur Baustelleneinrichtung für den hochgeschwindigkeitstauglichen Ausbau des Bahnhofs benötigt. Deshalb glaubt kaum noch einer an die schnelle Verwirklichung einer modernen Verkehrsdrehscheibe am Bahnhof. Dabei gibt es durchaus gewichtige Fürsprecher. Heribert Trunk etwa, der Vorsitzende der Industrie- und Handelskammer für Oberfranken, ist überzeugt, dass Bamberg seine Zentralität in den nächsten Jarhzehnten nur über den ÖPNV sichern kann. "Mit dem Busbahnhof an der Promenade wird das nie funktionieren. Der Bahnhof ist die zentrale Drehscheibe", sagt der Unternehmensführer.

Doch wie soll es gelingen, einen ROB zu bauen, wenn selbst kleine Verbesserungen in der Busanbindung der Speckgürtelgemeinden Jahre auf sich warten lassen? Anders als sich unbedarfte Zuhörer in der Sitzung des Umweltsenats erhofft haben mögen, schickt auch der neue Nahverkehrsplan keinen einzigen Bus mehr als bisher auf die Strecke. Im Gegenteil: VGN-Planer Jürgen Frercks rechnete vor, dass noch weitere zwei Jahre ins Land ziehen werden, ehe die Bürgermeister von Stadt und Land über das Eingemachte sprechen können, also die Kosten. Bis dahin wieder akademische Grundlagenarbeit: Pendlerströme, verkehrliche Verflechtungen, Haushaltsbefragungen... "Es ist enttäuschend, wir produzieren nur Papier", sagt der grüne Verkehrsexperte Gack.

Die Bevölkerung ist da längst weiter: "Die Busanbindung von Bischberg ist am Abend nicht vorhanden, da für die Gemeinde zu teuer. Hier sollte man in größeren Zusammenhängen denken", kritisiert ein Bewohner Bischbergs in einer Facebook-Umfrage. Doch auch die Städter wollen mehr Busse: Zum Beispiel Klaus Göller aus Bamberg . Er wünscht sich, dass die Busse nach Schweizer Vorbild auch Fahrräder transportieren. Zudem könnte ein Freizeit-Shuttle am Wochenende die Brücke nach Heiligenstadt, Ebrach und ins Lautertal schlagen.
Doch wer soll das bezahlen? Schon in den Jahrzehnten ohne VGN stritten Stadt und Landkreis-Vertreter mit notorischer Unverbesserlichkeit ums Geld für die Busse.

Neu ist heute, dass der Nahverkehrsplan die Finanzierung der grenzüberschreitenden Linien nach einem Schlüssel vorschreibt, über den Einvernehmen herrscht. Streit schließt aber auch das nicht aus.

Möglicherweise kommt den Bürgern und ihrem Wunsch nach einem zukunftsfähigen ÖPNV ja die Konversion zu Hilfe. Sie wird dafür sorgen, dass die Mietpreise im Umland umso mehr unter Druck geraten, je größer die Distanz zur Stadt ist. Dies könnte bei den Verantwortlichen im Landkreis die Einsicht wachsen lassen, dass ihre Gemeinde nur dann als Wohnort attraktiv bleibt, wenn eine gute Anbindung existiert. Hofft zumindest der Grüne Peter Gack.



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