Ein 52-Jähriger wusste sich aus seiner finanziellen Not nur dadurch zu helfen, dass er die VR-Bank in Leesten überfallen hat.
Als das Sondereinsatzkommando die Wohnung des Bankräubers stürmt, ist der Mann sofort "zugänglich und kooperativ", sagt der Polizist aus, der als Zeuge vor dem Bamberger Landgericht gehört wird. Der erfahrene Beamte fügt hinzu: "Mir hat der fast ein bisschen leid getan, er saß da wie ein Häufchen Elend."
Die Wohnung des Tatverdächtigen sei ärmlich, aber ordentlich gewesen. Vor allem war sie kalt, im Winter 2016. Warum, das erklärt der angeklagte Hans P. (Name geändert) gleich selbst: Das Heizöl war aufgebraucht. Dem Frührentner blieben nach Abzug der Miete wenige hundert Euro zum Leben, sein Motorrad liegt seit Jahren in Einzelteile zerlegt im Keller. Der TÜV war abgelaufen und Hans P. wollte es selbst reparieren.
Das Geld war immer knapp gewesen, doch als der Brief vom Finanzamt kam, wusste der 52-Jährige nach eigenen Angaben nicht mehr weiter. Etwa 300 Euro Steuer fürs Auto hätte er zahlen müssen. "Da habe ich relativ spontan beschlossen, dass ich schaue, dass ich in der Bank Geld bekomme" - allerdings auf illegalem Wege.
"Ich hab nicht groß überlegt, mir die Sturmhaube aus dem Motorradhelm geschnappt, ein Küchenmesser, und bin los." Es war das größte Küchenmesser, das Hans P. besitzt. Mit diesem dirigierte er den Bankangestellten vor sich her zur Kasse, um Geld zu erpressen. Verletzt wurde niemand, doch der 23-jährige Mitarbeiter fühlte sich "sehr bedroht, als ich die Messerspitze am Rücken spürte", wie es der junge Mann später gegenüber der Polizei beschrieb.
Geld war in der Eckbank deponiert
Hans P. erbeutete
bei dem Banküberfallam 8. Dezember vergangenen Jahres 11 550 Euro. Nur einen Tag später ist das Geld wieder bei der Polizei,
der Täter festgenommen und geständig. Er hatte die Beute in seiner Eckbank deponiert, was er gegenüber der Polizei auch nicht verheimlichte. Die Sturmhaube, das Küchenmesser, der Jutebeutel, in dem das Diebesgut transportiert worden war, ja auch die Tatkleidung, "alle Beweismittel sind da", stellte Richter Manfred Schmidt in der Urteilsverkündung fest. "Selten ist eine Tat so gut aufgeklärt wie diese" - unter anderem, weil Überwachungskameras die Tat, die Schmidt als "dilletantisch geplant" bezeichnete, festhielten.
Hans P. selbst beschrieb den Ablauf noch einmal vor Gericht: Mit dem eigenen Auto sei er zur VR-Bank gefahren, habe direkt davor geparkt. Zunächst habe er unmaskiert das Foyer betreten, die Lage sondiert - bereits in Tatkleidung und mit dem Jutebeutel, in dem er das Küchenmesser aufbewahrte.
Zu diesem Zeitpunkt fiel er einer Zeugin auf, weil er nervös war und aus Versehen gegen einen Aufsteller mit Broschüren rempelte. Die Bankkundin trug später zu seiner Identifizierung bei.
Zunächst verließ P. das Gebäude, wartete, bis kein Kunde mehr in der Bank war, und startete dann mit übergezogener Sturmhaube den Überfall. Nach wenigen Minuten war alles vorbei und der Frührentner in seinem Privat-Pkw auf dem Weg nach Hause.
Richter Manfred Schmidt verurteilte ihn wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Dass diese nicht höher ausfiel, hat der Täter auch dem psychologischen Gutachten des Sachverständigen Christoph Mattern zu verdanken. Dieser stellte fest, dass die Steuerungsfähigkeit von Hans P. zum Tatzeitpunkt eingeschränkt war - wegen einer Psychose, einer krankhaften seelischen Störung beim Angeklagten.
Damit beantwortete Mattern indirekt die Frage von Richter Schmidt, der zum Angeklagten gesagt hatte: "Sie sind doch ein unbescholtener Mensch! Ihnen traut man so eine Tat nicht zu. Wie kommen Sie auf die Idee, eine Bank zu überfallen?"
Das brachte Mattern mit einer "mangelnden sozialen Kompetenz" durch die Psychose in Zusammenhang. "Er ist jemand, der sein Schicksal hinnimmt, der sich nicht die Frage stellt: Rede ich wegen meiner Probleme mit einem Arzt, Pfarrer oder Sozialarbeiter?" Rückblickend spricht Hans P. selbst davon, einen "riesen Blödsinn" gemacht zu haben.