Wie oft gab es in der Zeit Momente, in denen Sie gedacht haben, das war vielleicht doch eine Scheißidee?
Nie. Ich wüsste nicht einen Tag. Für mich war 1987, als ich mit U2 auf der Bühne stand, klar, es gibt keine Alternative. Das ist mein Ding. Die Ochsentour in den ersten zehn Jahren war sicher anstrengend. Ich habe mich aber nie gefragt, ob ich das Falsche mache.
Und der Glaube, dass es irgendwann zum Erfolg reicht, war immer da?
Ich habe Erfolg anders definiert in der Zeit. Erfolg war für mich, wenn am Abend 50 Leute kommen und die lachen. Wenn 50 von 50 lachen - gut. Wenn es jetzt 500 von 500 sind - auch gut. Wenn jetzt aber von 5000 Leuten nur 2000 lachen - kein Erfolg. Da müssen dann 5000 lachen. Insofern hat sich das Prinzip nie geändert. Es ist natürlich anders gekommen, als ich es mir jemals erträumt habe. Ich hätte ja nie gedacht, dass ich mal in einer Arena spiele. Wie sollte ich auch? Damals gab es Comedy nicht in der Art als Beruf, dass man in riesigen Hallen spielt. Das hat es nicht gegeben. Man war froh, wenn man eine Kleinkunstbühne mit ein paar Zuschauern bekommen hat. Es ist toll, dass es so gekommen ist, braung mer ned red'n.
Das neue Programm, "Lucky Punch", warum soll ich mir das anschauen?
Lesen Sie sich einfach auf Instagram und Facebook die Kommentare der Zuschauer durch. Es ist immer schwierig, über sich selbst zu sagen, ich bin so saulustig. Aber ich habe selten bei einem Programm von allen, auch von der Presse, nur gute Kritiken bekommen. Ich sehe jeden Abend begeisterte Menschen. Wer nicht kommt - selber schuld.
Sie haben ein ziemlich deutliches Bekenntnis zu einer Partei, den Grünen, abgegeben, was bei Menschen, die auf der Bühne stehen in der Form selten ist. Warum?
Das habe ich schon vor 20 Jahren gemacht, es ist nur damals niemandem aufgefallen. Das war damals eine kleine Partei, jaja, die Grünen ... Es ist auch nicht so, dass ich alles toll finde bei den Grünen. Da gibt's auch Politiker, die mir voll auf den Sack gehen. Aber ich mag den Gedanken, dass man auf etwas Größeres schaut. In Bayern mussten wir mehr als 30 Jahre lang warten. Ich habe bei meiner ersten Wahl mit 18 die Grünen angekreuzt und gedacht: Hoffentlich, hoffentlich werden die Grünen in den Landtag oder Bundestag kommen. Und jetzt sind wir zweitstärkste Partei. Oida! All die kabarettistischen Nachlesen zu dieser sogenannten "Watschn-Wahl" - das ist das Langweiligste, was ich in meinem Leben jemals gehört habe. Das Einzige, was man sagen kann: Das sind die einzigen, die in den letzten Wochen und Monaten Sachpolitik betrieben haben. Was bei den Grünen auch nicht immer klar ist, die verzetteln sich oft in einen Schmarrn. Und anscheinend war das für die Leute so: Ach so, es gibt ja Themen, die mich betreffen, die meine Zukunft betreffen! Und das hat funktioniert. Finde ich ein gutes Zeichen, unabhängig davon, dass das jetzt die Grünen waren. Mir geht das Gezeter und Gehetze und Gejaule von rechts wie von links auf den Sack. Ich brauche das nicht mehr. Der eine sagt, du bist ein Nazi, der andere sagt, du bist ein Volksverräter. Freunde, was soll das? Unterhaltet euch über Politik und über die Themen. Warum sind die Freien Wähler so stark geworden? Weil sie auch vor Ort Sachpolitik betreiben. Und jetzt nimm mal die und die Grünen zusammen - da sind wir bei 30 Prozent! Überleg dir das mal! 30 Prozent der Menschen haben gesagt: Ja, Sachpolitik ist schon geil.
Wäre Schwarz-Grün für Sie dann eine Wunschoption gewesen oder ist es besser, dass es nicht so kommt?
Das ist für mich eine No-Go-Area. Aber um zu erfahren, warum, muss man ins Programm gehen.
Ich habe gelesen, Ihre Tochter ist jetzt in der Pubertät und findet Sie auf einmal nicht mehr so sehr lustig. Ist es auch nützlich, die schärfste Kritikerin zu Hause zu haben?
Es ist nicht so, dass sie mit einem Blatt Papier neben mir sitzt und sagt: Die Nummer würde ich nochmal umschreiben, am Schluss würde ich nochmal arbeiten, Papa. Es ist eher so: Wenn sie wirklich mal lacht, geht die Sonne auf. Oida, ich habe sie zum Lachen gebracht! Weil das ist sehr selten. Aber es kommt auch vor. Dann ist es die "Todes-Wuchtl". Wie viel Angst hat Michael Mittermeier noch vor einer neuen Tour?
Vor einer Tour habe ich keine Angst. Natürlich mache ich mir Gedanken: Schaffe ich es immer wieder ein neues Programm zu kreieren? Aber es ist eine Mischung aus Respekt und Angst in Anführungszeichen vor dem weißen Blatt Papier. Tief in sich drin hat man aber das Selbstvertrauen und weiß: Hey, das reiß i scho rum. Ich begegne dieser Angst immer, indem ich in der Phase, in der ich noch nur ein paar Ideen habe, auf die Bühne gehe und spiele. Und da entwickeln sich die besten Nummern. Die Fragen stellte Andreas Thamm.