Meteoritenfall im Landkreis Bamberg: Feuerkugel über Heiligenstadt

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Ein Ausschnitt einer Himmelsaufnahme vom 29./30. Juni 2018, am rechten Rand sieht man die Leuchtspur der Feuerkugel. Pavel Spurny
Ein Ausschnitt einer Himmelsaufnahme vom 29./30. Juni 2018, am rechten Rand sieht man die Leuchtspur der Feuerkugel. Pavel Spurny
Frisch gefallene Meteorite sind von einer dünnen mattschwarzen Schmelzkruste umgeben, an Bruchstellen ist oft das hellgraue Innere des Meteoritensteins zu erkennen. Dieter Heinlein, DLR-Feuerkugelnetz
Frisch gefallene Meteorite sind von einer dünnen mattschwarzen Schmelzkruste umgeben, an Bruchstellen ist oft das hellgraue Innere des Meteoritensteins zu erkennen. Dieter Heinlein, DLR-Feuerkugelnetz
 

Ende Juni ereignete sich in Heiligenstadt ein Meteoritenfall. Experten haben berechnet, wo genau die Überbleibsel des Himmelskörpers gelandet sein könnten.

Knapp sechs Sekunden, länger nicht, brannte der Himmel über Heiligenstadt. In der Nacht vom 29. auf den 30. Juni ereignete sich ganz heimlich, still und leise ein kleiner Meteoritenfall über der Gemeinde. Während die meisten Bürger schliefen, kündigte sich der Himmelskörper mit einer leuchtenden Feuerkugel an - bevor er auf einen tischtennisballgroßen Meteoriten schrumpfte und vermutlich zwischen Heiligenstadt, Volkmannsreuth und Veilbronn zu Boden ging.


Dutzende Augenzeugen

Ganz unbemerkt blieb der kleine Meteoritenfall nicht, erklärt Dieter Heinlein (Augsburg), Technischer Leiter des Feuerkugelnetzes am Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Im DLR-Zentrum in Berlin meldeten sich mehr als ein Dutzend Augenzeugen, welche die Leuchtspur am Himmel beobachtet hatten. Tschechischen Forschern gelang es zudem, die Feuerkugel über Heiligenstadt mit mehreren Kameras aufzuzeichnen - am 30. Juni um exakt 3:34:21 Uhr Mitteleuropäische Sommerzeit.

Wie Heinlein weiter berichtet, drang nach den Berechnungen von Pavel Spurny (Tschechische Republik) in dieser Nacht ein circa 16 Kilogramm schwerer Meteoroid unter recht steilem Winkel mit einer Geschwindigkeit von 67 000 Stundenkilometern in die Erdatmosphäre ein. Dabei erzeugte er eine Feuerkugelspur, die in 85 Kilometern Höhe begann und in einer Endhöhe von 32 Kilometern verlosch.

Der kosmische Körper verlor auf der 90 Kilometer langen Leuchtbahn einen Großteil seiner Masse. "Aber ein etwa 50 Gramm schweres Hauptstück - so groß wie ein Tischtennisball - und eventuell kleinere Fragmente könnten den Erdboden erreicht haben", so Heinlein.

Die letzte vergleichbare Feuerkugel wurde in Deutschland im November gesichtet. Damals gab es einen mehrere Kilo schweren Meteoritenfall - allerdings keinen Fund. Die Fragmente haben sich durch eine langgezogene Flugbahn weitläufig verteilt. In Heiligenstadt sei die Flugbahn laut Berechnungen des tschechischen Forschers relativ steil gewesen - das mögliche Streufeld könne gut eingegrenzt werden. Meist fielen die kleinen Steine unbemerkt zur Erde, so Heinlein. Sie könnten aber durchaus auch Schäden, beispielweise an Autos, hinterlassen. In Heiligenstadt ist ein solcher Schaden bisher noch nicht bekannt.


"Gar nichts mitbekommen"

"Wir haben hier gar nichts mitbekommen", sagt Bürgermeister Helmut Krämer (CSU). Wenn es nicht schon Juli wäre, hätte er bei der Meldung auf einen Aprilscherz getippt. "Jetzt sind wir natürlich gespannt, ob man etwas findet", sagt er. Das Gebiet sei durch Wanderer ja hochfrequentiert. Er schätzt die Wahrscheinlichkeit auf einen Fund jedoch sehr gering ein. "Aber auf die Suche zu gehen, lohnt sich sicherlich."
Bei Heinlein ist die Hoffnung, dass der Meteorit gefunden wird, hingegen groß. "Es wäre wahnsinnig interessant für die Wissenschaft." In den letzten 250 Jahren gab es in Bayern nur sieben Funde - der letzte 2002 bei Neuschwanstein. Nach den Untersuchungen könne der Besitzer den wertvollen Fund behalten - oder ihn einem Museum zur Verfügung stellen.

"Wenn man so was ausstellen könnte, wäre das natürlich ein wunderbares Einzelstück", sagt Matthias Mäuser vom Naturkundemuseum in Bamberg. "So etwas zu finden kann aber sehr, sehr viel Zeit in Anspruch nehmen."


Die wichtigsten Infos im Überblick:


Meteoroid kleine Objekte, die sich auf einer Umlaufbahn um die Sonne befinden. Wenn ein Meteoroid in die Erdatmosphäre eintritt, verglüht er und erzeugt so einen Meteor (Sternschnuppe).

Meteorit ein Meteoroid, der nicht vollständig verglüht und so in den Erdboden einschlägt. Kennzeichen für frische Meteorite: eine besonders hohe Dichte (schwerer als irdische Steine gleicher Größe), umgeben von einer mattschwarzen, dünnen Schmelzkruste. An Bruchflächen ist oft das hellgraue Innere des Meteoriten zu sehen.

Fundstücke Wer ein verdächtiges Fundstück entdeckt hat, sollte dieses direkt an der Fundstelle fotografieren, den Fundort markieren und die Fotos an folgende E-Mail-Adresse senden: dieter.heinlein@meteoros.de.

Kontaktadresse zur Begutachtung von Fundstücken: Dieter Heinlein (Technischer Leiter des DLR-Feuerkugelnetzes), Lilienstraße 3, 86 156 Augsburg

Internet www.dlr.de/feuerkugelnetz red



Suche nach dem Meteoriten: Bevölkerung soll Augen offen halten


Das berechnete Streufeld, in dem die Meteoriten vom 29./30. Juni gelandet sind, befindet sich zwischen Heiligenstadt und den Ortschaften Volkmannsreuth und Veilbronn. Dieter Heinlein hofft auf die Hilfe der Heiligenstadter. "Wir rufen alle Einheimischen dazu auf, in der eigenen Umgebung, im Garten oder auf dem Garagendach nach auffälligen Steinen Ausschau zu halten." Der Meteorit könnte auch Schäden, beispielsweise an einem Auto verursacht haben.


Begutachtung durch Experten

Heinlein bittet darum, einen möglichen Fund vorsichtig zu behandeln und ihn von Spezialisten des DLR-Feuerkugelnetzes begutachten zu lassen. "Diese Untersuchung ist kostenlos, und die Besitzrechte des glücklichen Finders werden natürlich respektiert", versichert Heinlein.
Für eine "vorsichtige Behandlung" wäre es wichtig, den Himmelsstein nicht mit bloßen Händen anzufassen - besser mit Handschuhen oder einer sauberen Plastikfolie - damit der Meteorit nicht kontaminiert wird.

Auch sollte das wissenschaftlich wertvolle Fundstück nicht mit starken Magneten in Kontakt gebracht werden, weil danach bestimmte Messungen nicht mehr sinnvoll durchgeführt werden können.
Im Idealfall sollten die Fundstücke noch vor Ort fotografiert und der Fundort mit Steinen oder einem Stock markiert werden. Wer ein Handy bei sich trägt, könne die GPS-Funktion nutzen, um den Standort zu markieren. red