Maßnahmen: Gundelsheim lernt von Italien

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Plätze, an denen normalerweise viele Menschen zusammenkommen, sind in Gundelsheim nun gesperrt. Foto: Anette Schreiber
Plätze, an denen normalerweise viele Menschen zusammenkommen, sind in Gundelsheim nun gesperrt. Foto: Anette Schreiber
Corona: Gundelsheim trifft erweiterte Vorkehrungen.Foto: Anette Schreiber
Corona: Gundelsheim trifft erweiterte Vorkehrungen.Foto: Anette Schreiber
 
Corona: Gundelsheim trifft erweiterte Vorkehrungen.Foto: Anette Schreiber
Corona: Gundelsheim trifft erweiterte Vorkehrungen.Foto: Anette Schreiber
 
Corona: Gundelsheim trifft erweiterte Vorkehrungen.Foto: Anette Schreiber
Corona: Gundelsheim trifft erweiterte Vorkehrungen.Foto: Anette Schreiber
 
Sie würde sich in Gundelsheim gerne mal wieder mit jemandem unterhalten.Foto: Anette Schreiber
Sie würde  sich in Gundelsheim gerne mal wieder mit jemandem unterhalten.Foto: Anette Schreiber
 
Corona: Gundelsheim trifft erweiterte Vorkehrungen.Foto: Anette Schreiber
Corona: Gundelsheim trifft erweiterte Vorkehrungen.Foto: Anette Schreiber
 

Gundelsheim hat eine italienische Partnergemeinde, in Sachen Corona orientiert man sich nun an deren Erfahrungen.

Das Rathaus arbeitet seit dieser Woche nur noch in zwei voneinander komplett getrennten Besetzungen. Spielplätze, Friedhöfe, Kirchen und weitere Begegnungsstätten sind gesperrt. In den Geschäften gibt es Abstandshalter. Zu seiner Wiederwahl am Sonntag durften weder seine Eltern noch sein Patenkind, zu dem er eine besonders innige Beziehung hat, Jonas Merzbacher gratulieren. All das geht auf Erfahrungen der italienischen Partnergemeinde Sarteano zurück. Mit der ist Gundelsheim seit Jahren in enger Verbindung. Bei Telefonaten mit dem dortigen Bürgermeisterkollegen in der vergangenen Woche habe sich das Bewusstsein für den Ernst der Lage geschärft, so Merzbacher.

Die Konsequenz daraus: Bereits Ende letzter Woche hat die Gemeinde über die sozialen Netzwerke über die geplanten Sicherheitsmaßnahmen informiert: Motto "Gundelsheim geht gemeinsam". Und Gundelsheim geht derzeit wohl weiter als die offiziellen Empfehlungen und Vorgaben. "Wir profitieren von den in Sarteano gemachten Erfahrungen", stellt Merzbacher dazu fest. Erst das Gespräch mit dem unter Quarantäne stehenden italienischen Bürgermeisterkollegen, habe das ganze Ausmaß veranschaulicht und das Bewusstsein nochmal geschärft, erklärt Merzbacher.

Daraufhin hat sich die Gundelsheimer die Verwaltung zusammengesetzt und einen aus fünf Punkten bestehenden Plan entwickelt, mit dem einerseits die wichtigen Funktionen erhalten bleiben und andererseits ein größtmöglicher Schutz gerade für die Risikogruppen hergestellt werden soll.

Schon am Wahlsonntag verzichtete man auf den Einsatz von Bauhofmitarbeitern. Bürgermeisteraufgaben wie Besuche zu Gratulationen und ähnlichem sind derzeit gestrichen. "Unser wichtigstes Medium ist das Telefon." Es sollen so wenig direkte Begegnungen wie möglich stattfinden.

Linie hält auf Abstand

Auch die örtlichen Geschäfte ziehen am gleichen Strang, wie über Telefongespräche vereinbart werden konnte. Unter anderem markiert im Bäckerbereich eine Linie den Abstand für Kunden.

Bis zunächst zum 19. April gilt der von der Gemeindeverwaltung erstellte Fünf-Punkte-Plan: 1) Persönliche Kontakte werden auf ein Minimum reduziert, alle bekannten öffentlichen Veranstaltungen sind abgesagt, die Bevölkerung wird gebeten, ihre sozialen Kontakte im 14-Tage-Turnus zu notieren, um gegebenenfalls Personenkreise/Kontakte eingrenzen zu können. 2) Für Kinder bis zwölf Jahre gibt es eine Notbetreuung von 7 bis 17 Uhr, wofür eine Anmeldung nötig ist. 3) Der Gundelsheimer Fahr- und Einkaufsdienst liefert weiterhin Essen an alle Haushalte (0151/544 30 515 oder 0951/944440).

Für Besorgungen insbesondere für Ältere und Kranke stellt die Gemeinde zwei Fahrzeuge inklusive Fahrern zur Verfügung. Mit Einkaufsmarkt, Metzgerei und der Essensversorgung wurde eine entsprechende Vereinbarung getroffen. 4) In Rathaus und Bauhof wird im Schichtbetrieb gearbeitet, das heißt die Schichten wechseln wöchentlich und kommen mit einander nicht in Kontakt. Das soll gewährleisten, dass man zumindest eine Gruppe ohne Infektion oder Verdacht hat - für Verwaltung, Bauhof und Essensversorgung. 5) Bereiche, an denen zwangsläufig viele Menschen auf einander treffen, wie Altes Rathaus, Bücherei, Schule, Aussegnungshalle und Katholische Kirche werden geschlossen.

Merzbacher meint, die politische Gemeinde muss Vorbildfunktion einnehmen. Als man den Maßnahmenkatalog ins Netz stellte, habe man durchwegs positive Reaktionen bekommen. Es werde nun ein paar Wochen sicherlich eine harte Zeit, danach könne man wieder Spaß haben. Bewusstseinsschaffung sei nun das Wichtigste.

Freilich wird auch in Gundelsheim bei manchen noch etliche Überzeugungsarbeit zu leisten sein, wie bei einigen der seltenen Gespräche am Straßenrand zu vernehmen war. Wo sich Eltern ganz allgemein fragten, wie sie ihre Kinder über Wochen allein lassen können.

Merkwürdig muten angesichts der allgemein bekannten Vorsichtsmaßnahmen dann Großväter an, die mit ihren Enkeln scheinbar unbeschwert durch die Gegend laufen.

Bis es soweit wie im 1000 Kilometer entfernten Sarteano ist, dass sich die wenigen Passanten auf den Gehwegen ganz selbstverständlich aus dem Weg gehen, die Seite wechseln, wie Merzbacher aus seinen Telefonaten schildert, wird es hier wohl noch dauern. "Dass genau das dann eben nicht als unhöflich empfunden wird."

Keiner bleibt stehen

Freilich gibt es auch Menschen wie eine 86-Jährige, die sehnsüchtig aus ihrem geöffneten Fenster blickt, in der Hoffnung, dass jemand auf einen Plausch stehen bleibt. In Zeiten der Vermeidung von Kontakten sind das schon Opfer, aber wohl immer noch die kleineren.