Mit Akrobatik verdient Luzia Bonilla ihr Geld. Die Mutter einer Einjährigen spricht über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Künstlerleben.
Bei Künstlern, Akrobaten, Tänzern, da ist das mit dem "Partner" immer so eine Sache. Sind die Tanzpartner auch Partner fürs Leben? All die Vertrautheit, die schmachtenden Blicke während der Show, wie viel von dem Gesehenen lässt sich auf das wahre Leben übertragen? Das Duo "Lucy und Lucky Loop" aus der Schweiz ist auch ohne Verkleidung ein Paar.
Ihr Partner ist ihr Mann, ist der Vater ihrer gemeinsamen Tochter Alma. Seit einem Jahr sind Luzia Bonilla und Michael Kobi nicht mehr nur gemeinsam dafür verantwortlich, dass ihre Akrobatiknummern und Showeinlagen als "Lucy und Lucky Loop" beim Publikum ankommen. Vor und nach den Shows ist da noch ein kleines Mädchen mit braunen Löckchen und verträumten Kulleraugen, das rund um die Uhr unterhalten werden möchte.
Anreise zu viert
"Wir kommen jetzt immer als Gruppe", sagt Bonilla. Mit dabei ist seit der Geburt meist ihre Mutter, die während der Shows auf die einjährige Tochter, ihre Enkeltochter, aufpasst. Mit ihr die Treppen zum Bamberger Rathaus hoch und runter steigt, weil das kleine Mädchen gerade laufen lernt oder den Buggy rechtzeitig zum Auftrittsbeginn in die Austraße fährt, während die Eltern schon vor Ort sind, um alles vorzubereiten. "Ohne die Unterstützung meiner Mutter, Freunde zum Teil, meinem Partner, ohne sie würde das nicht funktionieren", sagt Bonilla.
Wenn der Vorhang fällt oder das Vertikaltuch am Kran in die Höhe gezogen wird, muss sie sich auf ihre Rolle als Akrobatin einlassen. Bei kurzen Shows wie am Seil kein Problem für die Profikünstlerin. Nur manchmal, bei längeren Showeinlagen, wenn sie aus der Ferne ein Kind - das muss noch nicht einmal unbedingt die eigene Tochter sein - hört, weiß sie, Alma wartet auf sie nach dem Applaus.
Im ersten Jahr nach der Geburt herrschte für Bonilla einerseits zu 100 Prozent Babyphase, andererseits hat das junge Künstlerpaar als Familie auch schon viel entdeckt. Wie viele Auftritte sind möglich, wie viele Reisen? Wie lässt sich das erste Lebensjahr auf der Bühne mit Stillen vereinbaren? Fragen, auf die sie gemeinsam eine Antwort gefunden haben.
Zehn Wochen nach der Geburt hat sie wieder mit dem Training begonnen und erste Shows gespielt. Anfangs immer unter der Prämisse: Absagen muss jederzeit akzeptiert werden. Was für einige früh klingen mag, ist in der Schweiz vielmehr die Regel als die Ausnahme. Statt Elternzeit und Elterngeld bis zu 14 Lebensmonaten wie in Deutschland steht Müttern in der Schweiz nach der Geburt 14 Wochen bezahlter Mutterschaftsurlaub zu. Danach beginnt für Arbeitnehmerinnen wieder der Berufsalltag.
Selbst eine Erzieherin, erzählt Bonilla, gibt also in der Regel ihr Kind nach drei Monaten wieder in Betreuung. Alma dagegen kann immer in der Nähe ihrer Eltern sein. Für Bonilla der entscheidene Vorteile dieses ungewöhnlichen Berufes. Zweifel, ob alles funktioniert, hatte sie in der Schwangerschaft auch mal. Statt zu hadern lässt sie sich lieber darauf ein, was kommt - so lange es sich für alle Familienmitglieder gut anfühlt. Wenn es die Zeit und die Umstände - Kindergarten oder Einschulung zum Beispiel - erfordern, muss das Künstlerreiseleben überdacht werden. "Vielleicht merke ich auch mal, hey, das geht jetzt nicht und dann ist das auch so", sagt Bonilla. "Sie ist mein erstes Kind, ich entdecke auch erst alles neu."