Kunst in Ebrach: Mit Flex und Fliesen Scheune gestalten

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Mit der Flex wird die Kontur in die Mauer gefräst.Foto: Hermann BeßendörferMit der Flex wird die Kontur in die Mauer gefräst.Foto: Hermann Beßendörfer
Mit der Flex wird die Kontur in die Mauer gefräst.Foto: Hermann BeßendörferMit der Flex wird die Kontur in die Mauer gefräst.Foto: Hermann Beßendörfer
Kunst mit vollem Körpereinsatz  Foto: Hermann Beßendörfer
Kunst mit vollem Körpereinsatz  Foto: Hermann Beßendörfer
 
Die Künstlerin vor ihrem WerkFoto: Barbara Gülta
Die Künstlerin vor ihrem WerkFoto: Barbara Gülta
 
Das Werk für sichFoto: Hermann Beßendörfer
Das Werk für sichFoto: Hermann Beßendörfer
 
Stierkampf 1, ein Thema, dem sich die Künstlerin zu Übungszwecken widmete.Foto: Sabine Beßendörfer
Stierkampf 1, ein Thema, dem sich die Künstlerin zu Übungszwecken widmete.Foto: Sabine Beßendörfer
 
Stierkampf 2Foto: Sabine Beßendörfer
Stierkampf 2Foto: Sabine Beßendörfer
 
Stierkampf 3Foto: Sabine Beßendörfer
Stierkampf 3Foto: Sabine Beßendörfer
 
Ein HochzeitsgemäldeFoto: S. Beßendörfer
Ein HochzeitsgemäldeFoto: S. Beßendörfer
 

So etwas hatte Ebrach bislang noch nicht: ein zwölf Quadratmeter großes Mosaik. In dem "Lebensbaum" hat Sabine Beßendörfers Lebenstraum Gestalt angenommen.

Kleckern ist nicht ihr Ding. Dann schon Klotzen. Nicht um zu protzen, sondern um des Lernens willen. An großen Aufgaben lässt sich eben gleich viel ausprobieren und damit lernen, findet Sabine Beßendörfer. So hat die 34-Jährige in den letzten Wochen wohl so einiges gelernt, an der bis dato eher so völlig unspektakulären Scheunen-Fassade. Jetzt ziert diese ein monströses Mosaik. Das hat in der Ebracher Lagerhausstraße nicht nur während der Entstehungsphase für Aufsehen gesorgt. Nach der Vollendung lässt das gewaltige Opus so manchen Passanten inne halten und es betrachten. Bürgermeister Max-Dieter Schneider etwa ist sichtlich angetan und empfindet dieses Kunstwerk als weiteren Beweis dafür, dass Ebrach nicht nur musikalisch, sondern auch künstlerisch "unheimlich viel zu bieten" hat.

Kunst als Medium

Warum hat sich eine smarte Marketingfrau an einer rauen Scheunenwand zu schaffen gemacht? "Ich wollte es wissen", erklärt die zierliche junge Frau schlicht. Was wissen? "Ob ich es kann." Sie meint, Dinge in Mosaik auszudrücken. Denn irgendwann war die Vision des Lebensbaumes an dieser Scheunenwand einfach da und das Bedürfnis, sie in Form eines Mosaiks Gestalt annehmen zu lassen. Was lässt eine Diplom-Kauffrau mit der Flex auf die Leiter steigen, um einer Wand neue Konturen abzutrotzen und mit handgeschnittenen Bodenfliesen Farbe zu verleihen? "Weil 'Es' wieder durchgebrochen ist." Es, das ist die Liebe zur Kunst als Medium.

Denn ursprünglich wollte die gebürtige Ebracherin nach ihrem Kunst-Leistungskurs am Bamberger Franz-Ludwig-Gymnasium Grafik und Design machen. Im Leistungskurs hatte sie verschiedene Kunstrichtungen als Ausdrucksform kennen und schätzen gelernt. Wobei es ihr weniger um die Theorie über Stilrichtungen und Ähnliches ging - "das sollen andere machen" -, sondern um das praktische Arbeiten. "Das Machen," wie sie es ganz pragmatisch nennt.

Sie ist eine Macherin

Zwecks "Machen" hatte die Ebracherin nach dem Abi ein Praktikum absolviert. Was sie jedoch mehr verwirrte als in künstlerischen Ambitionen bestätigte. "Ich war überfordert," fasst Sabine Beßendörfer im Nachhinein zusammen. Traumatisiert dürfte wohl eher zutreffen. Denn im Anschluss machte sie "etwas ganz anderes": Nach weiteren Praktika in der Industrie stürzte sie sich in ein Studium der Betriebswirtschaftslehre. Das führte sie auch in die Vereinigten Staaten, wo sie ein ganz besonderes Gefühl von Freiheit und Unbeschwertheit kennen lernte, "das Gefühl, alles ist machbar."

Nach den Studium war Sabine Beßendörfer in verschiedenen Unternehmen im Marketingbereich beschäftigt. In Hamburg. "Ich wollte woanders hin, München war zu nah."

Und dann, wie bereits erwähnt, brach "Es" wieder durch. Das war 2009. "Es" ließ sie Öl und Pinsel ergreifen. In der Schule hatte sie fotorealistisch gemalt. Das probierte sie als Einstieg. Mit Erfolg. Dann folgten weitere Stilrichtungen, in der sie sich erprobte. "Aus einem Gefühl für etwas entwickelt sich ein Bild, ein Kunstwerk. " Zuerst im Kopf und dann auf der Leinwand, nimmt das Gefühl Gestalt an.

Vor einem guten Jahr stand die 34-Jährige vor der grau-braunen Scheunen-Innenwand. "Ich spürte, ich muss da irgendwas machen." Daraus wurde ein Großmosaik (2,10 mal 2,30 Meter) - als Mondrian-Analogie. Dann drängte "Es" sie nach draußen. Die nackte Scheunenwand ließ vor dem geistigen Auge das Bild vom Lebensbaum entstehen. Sabine Beßendörfer bannte alles auf Papier und rasterte es. Es sollte ja draußen übertragen und richtig groß werden: drei mal vier Meter.

Grundtechniken angeeignet

Grundtechniken hatte sich die Künstlerin beim Innen-Mosaik mit ganz regulären Wandfliesen, die sie zurecht schnitt autodidaktisch angeeignet und in Papa Hermann einen ebenso willigen wie wissenden Assistenten gehabt. Früher hatte sie ihm geholfen und sich etliches abgeschaut. Nun war es eben anders herum. Gegen die künstlerische Aufwertung der Fassade - nun mit Bodenfliesen - hatte der 75-Jährige übrigens nichts einzuwenden, auch wenn er sich das Ganze eingangs nicht so recht hatte vorstellen können.

Mit dem Ergebnis sind Vater und Tochter zufrieden, man wird oft darauf angesprochen. Um ihre Vision zu verwirklichen hat Sabine Beßendörfer die 550 Kilometer vom Norden in den Steigerwald öfter als sonst zurückgelegt. Für das Werk musste sie eigens Urlaub nehmen, weshalb alles vergleichsweise schnell gehen musste. Sie habe deshalb " abartig viel gearbeitet".

Nun sieht sich die junge Frau bestätigt. Da sie von einer momentanen persönlichen Umbruchphase spricht, scheint es für Sabine Beßendörfer derzeit nicht mehr so abwegig, sich dauerhaft künstlerisch zu betätigen. Fassaden und Flächen mit Verschönerungs-Potenzial kennt sie mehr als genug.