Nach dem Rauswurf der umstrittenen Bilder von Bayerlein bietet sich die einmalige Chance, den Schauplatz der Demokratie in Bamberg neu zu gestalten.
Er ist einer der wenigen Zeitgenossen, der die NS-Jahre in Bamberg noch selbst erlebt hat. Mit Deportationen von Juden, der Einschüchterung Andersdenkender bis hin zur Inhaftierung unschuldiger Stadträte. Anders als andere Bamberger weint Andreas Stenglein (91) den geschassten Bayerlein-Gemälden deshalb keine Träne hinterher. Im Gegenteil: Der langjährige SPD-Politiker und ehemalige Bürgermeister von Gaustadt fühlt sich durch den von einer Grün-Roten Mehrheit beschlossenen Bildersturm bestätigt: "Bilder eines Mannes, der 1939 von Hitler persönlich den Professorentitel für Malerei erhalten hat und nach dem Krieg noch tönte, dass er ,kein Demokrat werde', haben im Sitzungssaal nicht verloren."
Doch natürlich stellen sich mit der Verbannung eines Nazi-treuen Künstlers neue Fragen. Was soll nun mit den weißen Wänden geschehen? Kann man die Leere, die Bayerlein hinterlässt, durch andere, durch bessere oder gar demokratischere Bilder ersetzen? Erste Ideen gibt es bereits. So hat sich kurz nach dem Rathaus-Beschluss der bekannte Bamberger Künstler Cleff III. mit einer Bamberg-Ansicht ins Gespräch gebracht, die derzeit noch als Leihgabe in einem Ärztehaus zu bewundern ist. Den Vorwurf romantisierender Idealisierung kann man Cleff III. mit seiner Bamberg-Silhouette zumindest nicht machen. Im Kontrast zum Gilb der Jahrhunderte stehen blaue Bäume, der wild über die Szene wuchern.
Auch von Martin Lorber kommt ein interessanter Vorschlag: "Bamberg braucht Ersatz", formuliert der Vorsitzende der "Schutzgemeinschaft Alt Bamberg " und schlägt vor, jeweils im Jahreswechsel einen Bamberger Künstler zu beauftragen, zwei angemessene große Bilder anzufertigen. Lorber wünscht sich "etwas mit Bezug zur Stadt". Dabei könnten auch die weniger im Fokus stehenden Stadtteile eine Rolle spielen, die Stadtgeschichte oder eine Vision für Bambergs Zukunft.
Noch bis zur ersten Kultursenatssitzung nach der Sommerpause hat die neue Kulturreferentin Ulrike Siebenhaar Zeit, eine Art kunstpolitischer Vision zu entwickeln, wie mit der Causa Bayerlein im Bamberger Rathaus umgegangen werden soll. Das beginnt bei der Gestaltung des Sitzungssaales, führt über die Frage, wie die Aufarbeitung der Kunst der NS-Zeit ohne großen Kostenaufwand zu bewerkstelligen ist und reicht bis zum heißen Eisen der Umbenennung des Fritz-Bayerlein-Wegs. Noch ist Siebenhaar guten Mutes, mit der Platzierung einer solchen Ausstellung in einer bedeutenden Immobilie der Stadt Akzente setzen zu können.
An Bayerlein-Bildern, die man in einer solchen Schau zeigen könnte, mangelt es jedenfalls nicht. Immerhin ist die Stadt durch das Vermächtnis des 1955 gestorbenen Künstlers in den Besitz von über 200 Bildern gelangt, die für eine größere Öffentlichkeit weitgehend unbekannt im Depot der Stadt schlummern (siehe auch Beitrag unten). Verkauft werden dürfen sie nicht, das hat der Künstler in seinem Testament festgelegt.
Und auch das spricht für eine Ausstellung: Anders als noch vor 20 Jahren sind sehr viele Fragen über Leben und Werk Bayerleins beantwortet, seit Stadtheimatpfleger Andreas Dornheim sich in einer umfassenden Arbeit mit dem Künstler befasst hat, einen, wie er 2017 für den Historischen Verein schreibt, "romantisierenden Landschaftsmaler, Antimodernisten und Nationalsozialisten der ersten Stunde". Das Fazit des Historikers ist unmissverständlich: "Die Bilder sind konservativ, vermitteln ein heimeliges Gefühl, sind von vormodernen Elementen geprägt, aber sie stellen keine NS-Kunst im engeren Sinn dar. "
Wie aber funktioniert angemessene Aufarbeitung von Kunst aus der NS-Zeit, die keine NS-Kunst ist? Der in Bamberg lebende Kunsthistoriker Manfred P. Fischer plädiert dafür, sie nicht zu verdrängen oder schamhaft zu entsorgen, sonst "müsste man auch in Bamberg viel mehr von unserer historischen Umgebung umkrempeln". Seine Empfehlung ist eine doppelte: "Man muss sich erinnern, aber nicht, um nur anzuklagen, sondern um zu lernen, sonst sonnt man sich nur in seiner vermeintlichen Vorbildlichkeit."
Mit der Neugestaltung des Sitzungsaals kann der Stadtrat sich noch jede Menge Zeit lassen. So lange die Abstandsregelung eingehalten werden muss, können eh keine öffentlichen Sitzungen hier anberaumt werden. Außerdem finde ich das Foto in der Zeitung mit dem großen Fragezeichen an der Wand echt gut; es bringt die derzeitige Situation genau auf den Punkt!
Der Vorschlag von Herrn Lorber von der "Schutzgemeinschaft Alt Bamberg" klingt meines Ermessens nach kostspielig. Jeweils im Jahreswechsel zwei angemessen große Bilder eines Bamberger Künstlers zu beauftragen, ist angesichts der künftig recht leeren Stadtkasse sicher zu teuer.
Macht doch einfach schöne professionelle Aufnahmen von Bamberger Ansichten - das Ganze entsprechend vergrößert auf eine Leinwand, oder evtl. als Triptychon gerne auch mehrteilig) ist kostengünstig und hat definitiv Bezug mit unserer schönen Stadt.
Nein nein, bloss das nicht. Fotos mit ansichten der stadt bamberg, das geht gar überhaupt nicht, genau das haben wir doch gerade als gemälde abgehängt, weil wie uns eine im stadtrat sitzende kunsthistorikerin erklärt hat, dass dies nazi-kunst, getränkt mit blut- und boden ideologie ist.
na gut - dann müssen wir halt nur sichergehen, dass der/die Fotografen nicht "vorbelastet" ist/sind.
Ja und wie soll man nun so ein edelwesen finden, beim einen war der opa bei der wehrmacht, beim anderen hat die oma im mohrenhaus eingekauft und beim dritten sind tante und onkel vorbei gelaufen an hallen und gastwirtschaften vorbei gelaufen in deren inneren ominöse veranstaltungen stattgefunden haben. Wir müssen uns halt damit abfinden, dass noch immer mehr menschen mit dem blauen mongolenfleck als mit dem grünen unschuldsfleck geboren werden und seit dem ende der Dresdner Bank gibt es nicht mal mehr das grüne band der sympathie