Jugendherberge wird zum Heim für Asylbewerber

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Hier werden künftig 50 Asylbewerber wohnen: Die idyllisch am linken Regnitzarm gelegene Jugendherberge Wolfsschlucht. Foto: privat
Hier werden künftig 50 Asylbewerber wohnen: Die idyllisch am linken Regnitzarm gelegene  Jugendherberge Wolfsschlucht.   Foto: privat
Eine neue Asylbewerberunterkunft wächst an der Breitenau in die Höhe. Sie wird voraussichtlich in einem Jahr fertig und bietet Unterkunft für rund 60 Bewohner. Foto: Ronald Rinklef
Eine neue Asylbewerberunterkunft wächst an der Breitenau in die Höhe. Sie wird voraussichtlich in einem Jahr fertig und bietet Unterkunft für rund 60 Bewohner.  Foto:  Ronald Rinklef
 
Anfang November zogen Familien aus Serbien und dem Kosovo in das ehemalige Bahn-Anwesen an der Ludwigstraße. Die meisten von ihnen haben mittlerweile einen Ablehnungsbescheid erhalten. Foto: RiegerPress
Anfang November zogen  Familien   aus Serbien und dem Kosovo in das  ehemalige  Bahn-Anwesen an der Ludwigstraße. Die meisten von ihnen  haben mittlerweile  einen Ablehnungsbescheid erhalten.  Foto:  RiegerPress
 

Auf der Suche nach einer Unterkunft für Asylbewerber ist die Jugendherberge Wolfsschlucht ins Gespräch gekommen. Der Stadtrat hat jetzt entschieden, dass sie bis zu drei Jahre als Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge dienen soll.

In der Bevölkerung dürfte diese Entscheidung nicht nur Wohlgefallen auslösen: "Die Wolfsschlucht ist ein kleines Juwel im Hain. Da kann man die Asylbewerber ja gleich auf dem Michaelsberg unterbringen", kritisiert Elmar Brückner. Stefan Kuhn geht noch einen Schritt weiter: Er hält es für einen Schildbürgerstreich, dass Bamberg eine Jugendherberge verlieren soll, für die ein Bedarf gegeben sei.

Und doch - es kommt dazu. Weil die Stadt Bamberg keine andere Alternative sah, billigte der Stadtrat am Mittwoch die Unterbringung von bis zu 50 Asylbewerbern in der idyllisch am linken Regnitzarm gelegenen Herberge. Und es handelt sich nicht nur um eine kurzfristige Übergangslösung, wie sie die CSU gefordert hatte. Die Regierung von Oberfranken wird die Jugendherberge voraussichtlich für die Zeitdauer von drei Jahren als Gemeinschaftsunterkunft anmieten. Danach könnte eine Sanierung und eine Wiederbelebung des Hauses stehen. Doch niemand weiß, woher das Geld kommen soll.


Mehr Asylbewerber fordern mehr Unterkünfte


Grund für die überraschende Aufgabe einer Bamberger Institution ist der anhaltende Zustrom von Asylbewerbern aus den Krisenländern der Welt, aber auch aus dem Balkan und der Russischen Förderation. Er lässt das Auffanglager in Zirndorf aus allen Nähten platzen und zwingt die Regierung von Oberfranken, wöchentlich neue Gruppen von Flüchtlingen auf die oberfränkischen Landkreise und Städte zu verteilen. Voraussichtlich 36 werden in Bamberg bis Mitte Januar ankommen, jede Woche vier.

Im Stadtrat löste die Vorstellung, dass ein jahrzehntelang erfolgreiches Gästehaus, das sich zuletzt über 14 000 Übernachtungen im Jahr erfreute, nun zum Asylbewerberheim wird, eine kontroverse Debatte aus. Dies weniger, weil Zweifel daran laut wurden, dass man Menschen in Not Hilfe gewähren müsse. Es ist die ursprünglich über fünf Jahre geplante Nutzung, die bei vielen Bürgervertretern die Sorge weckt, dass sich die Stadt auf dem Umweg über eine Asylbewerberunterkunft von einer Einrichtung verabschiedet, die nach Erkenntnissen des jetzigen Betreibers spätestens 2014 mit Millionenaufwand saniert werden muss.

Es war Stadtrat Helmut Müller, der sich in einem flammenden Appell für den Erhalt einer "Bamberger Institution" einsetzte. "Nach fünf Jahren ist die Jugendherberge kaputt", warnte der CSU-Vorsitzende und prophezeite dem Oberbürgermeister gar ein Debakel wie 2009 bei der geplanten Schließung des Hainbads.


Planungskosten für Sanierung: 50.000 Euro


Zustimmung bekam die CSU für ihre kritischen Worte von der Fraktion "Für Bamberg", aber auch von den Freien Wählern und von Norbert Tscherner, der sich mit dem Hinweis, dass es andere Häuser in Bamberg für Asylbewerber gebe, gegen jede Veränderung stemmte. Sie alle rangen der Referentenbank Zugeständnisse ab, die zumindest hoffen lassen, dass es im Hain irgendwann mit der Jugendherberge doch noch weiter geht.

So sollen nach einem Vorschlag von Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) die Planungskosten für eine Sanierung, immerhin 50.000 Euro, 2013 vorgestreckt werden. Doch welche Erkenntnisse man dadurch immer gewinnen wird - Kämmerer Bertram Felix machte wenig Hoffnung, dass nach 2014 genug Geld da sein wird, um eine weitere Millionenaufgabe zu schultern. Dann zeichnet sich laut Felix auch ohne Jugendherberge ab, dass die Stadt jährlich fünf Millionen Euro neue Schulden machen muss, um Mammutprojekt wie die Konversion oder den Bahnausbau zu bewältigen.

Wie groß der Zeitdruck ist, unter dem die Behörden derzeit stehen, zeigt der Umstand, dass die ersten Flüchtlinge bereits vergangene Woche in der Jugendherberge eingetroffen sind. Es handelt sich um eine Familie aus Tschetschenien, der am gestrigen Mittwoch Menschen aus Georgien folgten.
Auskunft darüber, aus welchen Regionen die weiteren Flüchtlinge stammen, waren bei der Stadt nicht zu erhalten. Nach den Aussagen des Bundesamts für Migration ist davon auszugehen, dass der Zustrom von Menschen aus Afghanistan, Irak und Iran unverändert hoch bleibt. Viele Flüchtlinge werden auch aus der Russischen Förderation, Georgien, Serbien und Mazedonien erwartet.

Zumindest die Asylanträge der Ankömmlinge aus dem Westbalkan werden allem Anschein nach mit Hochgeschwindigkeit abgearbeitet. Auch jene Sinti und Roma, die Anfang November nach Bamberg kamen, haben bereits eine Ablehnung erhalten oder bekommen sie in diesen Tagen.
Um die Frage, ob es sich bei ihnen um politisch verfolgte Menschen handelt oder nur um Wirtschaftsflüchtlinge, wird immer noch heftig gestritten. Der weit verbreiteten Einschätzung, es sei vor allem die vom Bundesverfassungsgericht beschlossene Erhöhung des Taschengeldes auf 135 Euro im Monat, die die Flüchtlingswelle ausgelöst habe, stehen Erfahrungen gegenüber, die die Bamberger Initiative "Freund statt Fremd" gemacht hat. Sylvia Schaible spricht von einer systematischen Diskriminierung, denen Sinti und Roma in Serbien ausgesetzt seien.

Wie die dreijährige Umnutzung der traditionsreichen Jugendherberge in Bamberg aufgenommen wird, dürften die nächsten Monate zeigen. Derzeit scheint eher Skepsis zu dominieren: "Hat die Stadt wirklich keine anderen Möglichkeiten? Oder will man keine sehen?", fragt Rinco Albert. Für ihn scheint es wenig sinnvoll, auch solche Häuser in die Planung einzubeziehen, "die sich in einer aktiven und für ihre Besucher sinnvollen Verwendung befinden".