Bei vier von zehn Unfällen sind Radler die Hauptverursacher.
Radfahrer haben vieles selbst in der Hand. Das sagt Siegfried Brockmann, Leiter Unfallforschung der Versicherer. Vier von zehn Unfälle, bei denen Radler beteiligt sind, haben diese selbst verursacht. Vor allem durch überhöhte Geschwindigkeit und das Fahren auf der falschen Seite. "Die Straßenverkehrsordnung gilt für jeden, Radfahrer übersehen das manchmal", so Brockmann. Dabei sei regelkonformes und vorausschauendes Fahren für die wenig geschützten Radler besonders wichtig.
Individuelles Fehlverhalten bei Radlern bestreitet auch Christian Hader vom ADFC Bamberg nicht: "Eine wirksame Maßnahme dagegen wären Polizeifahrradstaffeln, wie sie in anderen Bundesländern längst üblich sind."
3. Sollten Senioren in die Fahrschule?
Ein Großteil der Radtoten sind 55 Jahre und älter.
Wenn Ältere in Unfälle verwickelt sind, waren sie laut den Zahlen des Statistischen Bundesamts meist auf einem E-Bike unterwegs. Ein Grund dafür sieht Bernadette Felsch (ADFC Bayern) darin, das viele Senioren zuvor lange nicht mehr Rad gefahren sind. Ihnen fehle die Übung, zudem sinke im Alter das Reaktionsvermögen. Deshalb bildet der ADFC im Herbst erste Kursleiter für Fahrsicherheitstrainings aus, die besonders Senioren im Blick haben.
Schon jetzt bietet die Landesverkehrswacht Bayern diese Schulungen an. An die Eigenverantwortung appelliert ADAC-Experte Wolfgang Liebert: "Einen Fahrradführerschein für Senioren halte ich für nicht nötig. Freiwillige Trainings sind besser."
4. Mehr Technik für mehr Sicherheit?
Zehn Millionen Euro zahlt der Bund heuer für Nachrüstung.
Bei Lkws hält der ADFC Abbiegeassistenzsysteme, die den toten Winkel überwachen und notfalls eine Notbremsung einleiten, für unerlässlich. Ab 2020 ist der Einbau von Abbiegeassistenten in Neufahrzeuge verpflichtend. "Diese Entscheidung tragen wir mit", sagt Wolfgang Liebert vom ADAC Nordbayern. "Wir sind bei Lkws auf einem guten Weg", bestätigt Julia Fohmann vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat.
Technische Aufrüstungen in Pkws hält Liebert für nicht nötig: Er appelliert an die Eigenverantwortung der Autofahrer: "Der Schulterblick beim Abbiegen ist Pflicht." Im Fokus hat der ADFC Bayern darüber hinaus das "Dooring": Damit gemeint ist das Öffnen von Autotüren, ohne auf den Verkehr zu achten. In den Niederlanden lehren Fahrschulen, die Fahrertür nur mit der rechten Hand zu öffnen: So dreht sich der Fahrer und blickt automatisch nach hinten. Dies wünscht sich der ADFC auch von deutschen Fahrschulen.
5. Müssen Autofahrer zurückstecken?
75 Millionen Räder besaßen die Deutschen im Jahr 2018.
Breite und hochwertige Radwege sowie die sichere Gestaltung von Kreuzungen sind nach Überzeugung des ADFC Bayern der entscheidende Schlüssel, um die Zahl verunglückender Radfahrer schnell und wirksam zu senken. Dieser Zusammenhang offenbart sich Bernadette Felsch vor allem in fahrradfreundlichen Städten wie Kopenhagen.
"Wichtigstes Kriterium ist, dass Radfahrer durchgängig ausreichend eigenen Platz zum Radeln haben", sagt sie. Wer Rad- und Fußverkehr dagegen gemeinsam auf einen zu engen Bürgersteig zwänge und dort auch noch unrechtmäßiges Parken dulde, beschwöre Konflikte geradezu herauf.
Das Radfahren wird nur sicherer, wenn Autofahrer im Gegenzug zurückstecken müssen. Davon ist Siegfried Brockmann, Leiter Unfallforschung der Versicherer überzeugt: "Fahrradstraßen, in denen Lieferverkehr unterwegs ist und geparkt wird, bringen nichts." Von Raumkonflikten zwischen Rad- und Autofahrern spricht auch der ADAC Nordbayern. Sie zu lösen sei Aufgabe der Kommunen: "Autofahrern einseitig Platz zu nehmen, kann aber keine Lösung sein."
Rainer Nachtigall von der Polizeigewerkschaft warnt, sich beim Ausbau des Radwegenetzes nur auf das Stadtinnere zu konzentrieren. "Radwege müssen auch außerorts sicher sein."
An die wirklichen Unfallursachen wollen Politik und Autolobby, zu der leider weitgehend auch die Polizei zählt, nicht heran:
1997 wurde die allgemeine Radwegbenutzungspflicht abgeschafft. Im Einzelfall darf sie nur unter strengen, in den letzten Jahren - auf Druck der Autolobby - leider aufgeweichten Voraussetzungen angeordnet werden. Die weitaus meisten Verkehrsbehörden mißachten diese Vorgabe allerdings und ordnen nach willkürlichem Belieben an.
Grund der seinerzeitigen StVO-Änderung war: Radfahrer verunglücken vor allem, wenn und weil sie Radwege benutzen. Dies gilt auch bei "ideal" ausgeführten Wegen. Bauliche Mängel und planerische Fehler erhöhen das Risiko weiter.
Im Streckenverlauf geschehen - bei vergleichbarer Verkehrsbelastung - bis zu fünfmal so viele Unfälle zwischen Fahrrad und Fußgänger, wenn ein Radweg vorhanden ist. An Kreuzungen, Einmündungen und Zufahrten ist die Zahl der Kollisionen Kfz / Fahrrad auf Radweg um rund 50% höher als beim Radeln auf der Fahrbahn. Diese Gefahr ist bei markierten Fahrradspuren auf der Fahrbahn zwar geringer als mit baulichem Radweg, aber noch höher als auf unmarkierter Fahrbahn. Dieses Problem ist weder in den Niederlanden noch in Kopenhagen gelöst.
Radwege haben seit ihrer Erfindung in den 30er Jahren vor allem den Zweck, dem Autoverkehr freie Bahn zu schaffen. Sicherheit war immer ein vorgeschobenes - und falsches - Argument.
Der Abbiegeassistent bei Lkw ist zwar sinnvoll - doch über 90% der Abbiegeunfälle werden von Pkw-Fahrern verursacht. Der Schulterblick ist eben nicht selbstverständlich.
Die unfallträchtige Kreuzungsgestaltung nach "niederländischem" Vorbild wurde jahrzehntelang von den Radfahrverbänden bekämpft, bis sie aus den Regelwerken verschwand. Niemand will erklären, weshalb sie jetzt wieder gefordert wird.
"Dooring"-Unfälle wird es immer geben, solange die Polizei Radlern das extreme Rechtsfahren nahelegt und Radwege und -spuren ohne ausreichende Abstände angelegt werden.
Umdenken ist angesagt!
Dass die Polizei für eine Helmpflicht ist, verwundert nicht. Dann hat sie wieder was, wo sie ganz einfach kontrollieren und abkassieren kann. Dass dadurch das Radfahren nicht sicherer wird (der Anteil der Helmträger unter den schwer Kopfverletzten ist deutlich höher als ihr Anteil am Radverkehr) interessiert nicht.
Irrsinns-Radwegkonstrukte zu beseitigen, die nur dazu dienen, die Radfahrer von der Fahrbahn zu räumen (Beispiel: die klar gesetzwidrigen Radwege am Kreisverkehr in Hallstadt) kommt natürlich nicht in den Sinn, denn das würde ja den absoluten Vorrang des in Deutschland gottgleichen Autos in Frage stellen.
Bei Unfällen zwischen Autos und Fahrrädern sind zu 75 %die Autos schuld (Quelle:heute.de)“Etwa zwei Drittel aller Fahrradunfälle seien Zusammenstöße mit Autos. "Hauptschuld trägt in den allermeisten Fällen (75 Prozent) der Autofahrer." Der ADFC fordere "daher beim Ausbau der Radinfrastruktur besonders Augenmerk auf Kreuzungen und Einmündungen".