Die Stadt wird in den kommenden Jahren Millionen in den Ausbau von Betreuungsangeboten investieren. Bis daraus jedoch tatsächlich Hunderte neuer Kindergarten- und Kitaplätze entstanden sind, bleibt die Situation angespannt.
Als Ruth Steinhorst vor einem halben Jahr nach Bamberg zog, hatte sie sich das mit den Kita- und Kindergartenplätzen ein wenig einfacher vorgestellt. "Wenn man als Familie mit zwei Kleinkindern gerade einen Umzug von München nach Bamberg geschafft hat, der Vater aus beruflichen Gründen nur am Wochenende anwesend ist, ein 5-jähriges Kindergartenkind und eine Zweieinhalbjährige ohne Kindergartenplatz betreut und selbst freiberuflich tätig sein muss, ist das eigentlich nicht zu schaffen", sagt die Fotoredakteurin.
Nahezu täglich fragen Eltern wie Ruth Steinhorst im Stadtjugendamt nach Kita- oder Kindergartenplätzen. Auf sehr viele dieser Anfragen muss das Amt antworten, dass die Situation angespannt sei und derzeit leider keine freien Plätze bekannt seien. Die geplanten neuen Einrichtungen seien hingegen nicht vor 2019 verfügbar. Wie viele solche Anfragen in diesem Jahr abschlägig beschieden wurden, ist nicht statistisch erfasst. Aufschluss gibt allenfalls die sogenannte Inanspruchnahmequote, die im offiziellen Betreuungsatlas festgestellt wurde: Von 2121 Unter-Dreijährigen wurden in Bamberg Ende 2016 nur 27,6 Prozent in einer Kita betreut - dieser Wert liegt deutlich unter den Werten in Coburg, Bayreuth oder auch im Landkreis Bamberg. Die Inanspruchnahme hängt stark vom vorhandenen Angebot ab. Sicher hat in allen Kommunen ein größerer Teil der Bevölkerung auch keinen Betreuungswunsch. Aber wer trotz Wunsch keinen Kita-Platz bekommt, senkt die Quote entsprechend. Auch bei den Drei- bis Sechsjährigen kommt Bamberg nur auf 90 Prozent Inanspruchnahme - gegenüber 100 Prozent in Bayreuth oder 105,6 in Coburg, wo offensichtlich auch Kinder aus dem Umland städtische Einrichtungen nutzen können.
"Aus diesem Grund des Mangels an Betreuungsplätzen, einerseits sicher durch einen großen Zuzug, andererseits einer erheblichen Mehrung der Geburten, wurde ja auch 2017 die Kita-Offensive vom Stadtrat ins Leben gerufen", sagt die städtische Pressesprecherin Ulrike Siebenhaar. Die angestoßenen Maßnahmen änderten aber leider nichts an der aktuellen Situation, bzw. an der Situation im Erhebungszeitraum dieses Betreuungsatlas. Da 2017 und 2018 eine weitere Steigerung der Geburten zu verzeichnen ist , werde auch bei der nächsten Erhebung trotz Ausbau die Quote nicht steigen. "Wenn mehr Familien in Bamberg leben, brauchen wir mehr Kita-Plätze", hatte auch Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) kürzlich bei einer Bürgerversammlung festgestellt. "Wenn mehr berufstätige Mütter und Väter ein modernes Familienbild realisieren, dann wächst der Bedarf an Kinderkrippen-, Kindergarten- und Kinderhortplätzen - übrigens auch bei der Ferienbetreuung - auch aus diesem Grund weiter an." Das Gesamtinvestitionsvolumen der beschlossenen Kita-Offensive liegt bei zwölf Millionen Euro.
"Ich freue mich, dass es uns mit der Kita-Offensive gelungen ist, das Betreuungsangebot deutlich zu verbessern. Dies wird unterstützend zur Lösung vieler Probleme von Familien und Alleinerziehenden beitragen", sagt Finanzreferent Bertram Felix. Ursula Redler, die stellvertretende Fraktionsleiterin der Bamberger Allianz, mag diese optimistische Bewertung nicht ganz teilen: "Es geht viel zu sehr um Schaufensterpolitik, aber der Anstieg der Kitaplätze bis dato ist zu gering. Nachdem die Stadt ohnehin bereits verschlafen hat, rechtzeitig tätig zu werden, ist es nun umso wichtiger, gezielt und schnell voranzugehen. Vor allem weil ja die Devise der Stadt nach eigenen Worten Quantität vor Qualität heißt." Von den 600 000 Euro im Globalansatz für die Kita-Offensive sei 2018 fast nichts ausgegeben worden. "Es stellt sich für uns die Frage, ob hier effektiv vorangegangen wird. Offensichtlich stocken einige Projekte", sagt Redler. Dem Finanzreferenten wirft sie vor, insbesondere neue Projekte mit Blick auf die Folgekosten zu blockieren.
Das spiegelten die jüngsten Haushaltsberatungen im Finanzsenat freilich nicht wieder. Dort wurde unter anderem der Globalbetrag für Kindertagesstätten auf Wunsch von CSU und SPD noch einmal um 200 000 Euro aufgestockt. Den Hinweis von Dieter Weinsheimer (BA), dass dieses Geld auch ausgegeben werden müsse, erwiderte Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) mit heftigen Vorwürfen. Die Kritik an Bertram Felix entbehre jeder Grundlage, der Kämmerer sei der "Motor der Kita-Offensive". Ende 2019 werde es 461 neue Betreuungsplätze geben.
Die Liste der Vorhaben im Rahmen der Kita-Offensive ist lang, 95 neue Plätze wurden im Rahmen der Kita-Offensive bereits geschaffen. "Ein Highlight wird sicherlich das Offizierscasino mit 86 Kitaplätzen. Auch das Maiselgelände wird toll, denn dort sollen über 130 Plätze entstehen", sagt Siebenhaar.
Unter anderem letzteres Projekt ist in Folge eines Träger- und Investorenwechsels jedoch ins Stocken geraten. Redler wirft der Verwaltung vor, potenzielle Träger zu lange zu vertrösten und auch darüber im Unklaren zu lassen, wann welches Geld fließe. "Den Vorwurf weise ich zurück", sagt Bildungsreferent und Bürgermeister Andreas Lange (CSU). "Ich glaube, dass wir sehr gut unterwegs sind." Lange sei jedem Träger dankbar, der sich einsetze. Der Stadtrat habe einen klaren finanzpolitischen Schwerpunkt gesetzt und die Verwaltung arbeite mit Hochdruck und Engagement an der Kita-Offensive. Finanzreferent Felix habe lediglich auf die laufenden Folgekosten hingewiesen, die sich pro Kita-Platz auf 1500 bis 2000 Euro im Jahr bewegen.
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