Immer wieder sorgt der Straßenname Hölle bei Ortsfremden für Belustigung. Doch die Gasse überrascht auch durch ein ehemaliges Gefängnis.
Massive Sandsteinwände, Eisenstangen an den Fenstern, winzige Zellen. Was nach einem düsteren Hollywood-Blockbuster klingt, existiert tatsächlich. Allerdings nicht etwa in irgendeiner Großstadt, sondern mitten im beschaulichen Bamberg - passenderweise in einer kleinen Straße namens "Hölle". Und das ist nicht alles: Heute ist das Haus mit der Nummer 7, das einst ein Gefängnis war, sogar bewohnt.
Beginn der "Höllenangst"
Arne Huebscher, der seit fünfeinhalb Jahren in dem Haus wohnt, zeigt sein Heim. An dem Grundstück mit dem idyllischen Garten scheint nichts Ungewöhnliches zu sein. Keine Spur davon, dass im Erdgeschoss des zweigeschossigen Hauses früher ein Gefängnis war.
Im 16. Jahrhundert erbaut, diente es vermutlich ab 1700 als "Domkapitelsches Gefängnis". Lediglich das durch den Zweiten Weltkrieg zerstörte Dach musste 1948 erneuert werden. Ansonsten blieb das Haus aufgrund der dicken Mauern von weiteren Schäden verschont.
Tatsächlich zeugen einige original erhaltene Bestandteile von der düsteren Vergangenheit des Gebäudes, wie beispielsweise jahrhundertealte Gitterstäbe an den Fenstern der hinteren Hauswand.
Auch im Inneren des Hauses sind mit den massiven Sandsteinwänden, einem Kreuzgratgewölbe und einer schweren Holztür noch Originalbestandteile erhalten.
Haftanstalt für "Nichtgeistliche"
Nachdem das Gebäude lange als "Tob- und Tollhaus" diente, kam man später zu der Feststellung, dass es vielmehr als Haftanstalt der angrenzenden Kirche genutzt worden war. Diese hielt laut verschiedener Quellen "Nichtgeistliche" in dem Haus fest, das später den Namen "Domkapitelsches Gefängnis" bekam. Ob es sich nur auf diese Personengruppe beschränkte, ist nicht belegt.
Untergebracht waren die Inhaftierten in vier Zellen, davon zwei nicht größer als es heute Speisekammern sind, mit Gitterstäben an den kleinen Fenstern. Dass in solch beengten Räumen Menschen festgehalten wurden, ist eine Vorstellung, bei der Arne Huebscher noch heute eine Gänsehaut bekommt. Eine der beiden Kammern, in der er heute Vorräte verstaut, wird mit einer Holztür mit einem metallenen Riegel verschlossen.
Sitzbank mit Eisen zur Ankettung
Neben diesen vier Zellen gibt es einen weiteren Raum, der ungefähr ein Drittel des Untergeschosses einnimmt. Sowohl die Einrichtung als auch die Bauart lassen auf einen Kapellenraum schließen: Die Decke ziert ein steinernes Kreuzgratgewölbe, in einer Nische in der Wand stand laut dem dritten Band der Buchreihe "Stadt Bamberg - Immunitäten der Bergstadt" eine Sitzbank mit Eisen zur Ankettung. Diese sind allerdings weder in diesem noch in den Zellen erhalten geblieben. Ob die Inhaftierten buchstäblich durch die Hölle gingen, lässt sich somit nur vermuten.
Es gab jedoch auch andere, schönere Zeiten: Bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts lassen sich Spuren zurückverfolgen, die auf viele künstlerisch tätige Anwohner hindeuten. Zu dieser Zeit wurden Kunsthandwerker engagiert, die die Kirchen ausschmücken sollten. Idealerweise sollten diese im direkten Umfeld einquartiert werden. Die Hölle, die nicht nur direkt an die Obere Pfarre grenzt, sondern auch von den anderen Kirchen nicht allzu weit entfernt ist, war somit perfekt.
Auch heute beliebt bei Künstlern
Ebendiese künstlerische Vergangenheit reizte den Kunstmaler und Immobilienmakler Volker Maisel. Vor siebeneinhalb Jahren zog der heute 42-Jährige in sein kleines hellblau gestrichenes Häuschen mit den blauen Fensterläden, dem roten Rosenbusch und der Nummer Sechs an der Hauswand. "Im 18. Jahrhundert lebte hier der Glasschneider Christoph Schülner", verrät er. Im Laufe der Zeit wohnten einige Künstler in Häusern der Hölle. Bildhauer, Zimmergesellen, Steinhauer, Maler, Zimmermeister, Messerschmiede - die Liste ist lang. Heute sind neben Maisel unter anderem eine Kunsthändlerin, ein Bamberger Symphoniker, ein Maler, ein Kunsthistoriker und -händler in der Hölle zu Hause. Ziemlich viele, bedenkt man, dass nur zwölf Hausnummern in der Hölle vergeben sind, von denen drei Häuser heute Ferienwohnungen beherbergen.
Das Tor zur Hölle
Zwar sind die meisten Häuser noch in ihrem Originalzustand, das Gebiet an sich hat sich allerdings über die Jahrhunderte verändert. "Die Umgebung hier muss man sich etwas anders vorstellen", meint Maisel und ergänzt: "Über drei Jahrhunderte hat sich die Hölle sehr verändert." An der Oberen Pfarre war, so Maisel, demnach ein Friedhof angelegt, um sie herum befanden sich lauter kleine Gassen; Inmitten der Hölle stand ein Brunnen. Umzäunt wurde die Hölle von einer Stadtmauer. "Hier rüber zur Eisgrube", Maisel deutet in Richtung der Kirche, "verlief die Stadtmauer, bis hin zu Sankt Stephan. Man sieht noch heute Teile davon."
Ein Mauerstück grenzt fast nahtlos an die hintere Hauswand von Arne Huebschers Haus. Fundamente findet man auch noch an der Bushaltestelle Kaulberg. Dort befand sich auch ein Stadttor, das Eingang in die Hölle gewährt hatte.
Hinter der Stadtmauer auf Seiten der Kirche befand sich ein weiteres Gässchen, das Zugang zu einer Reihe von Häusern bot, in welchen die Kunsthandwerker lebten. Da diese wenig Geld hatten, statteten sie wohl, so sagt man laut Maisel, anstelle des Mietzinses ihre Häuser aus. Das könnte der Grund für diverse italienische Stuckdecken und andere barocke Ornamente sein, mit denen einige Häuser der Hölle verziert sind.
Hallo Herr Maisel,
Leider ist der Brief mit der webadresse nicht auffindbar im Netz. Würde mich auch interessieren.
Die Straßenbezeichnung "Hölle" wurde mir als Kind vom Großvater (geb. 1890 in Bamberg, dessen Vater geb.1863 auch in Bamberg) anders erklärt: Nämlich dass sie von "Hohlweg" kommt.
Im Dialekt wurde dann gekürzt und man ging nicht durch den Hohlweg, sondern durch "die Höhl". Dann durch die "Höll". Und hochsprachlich wurde daraus Hölle.
Schöne Grüße
Sehr schöner Artikel von Frau Klarmann.

Ein wenig mehr Recherche hätte nicht geschadet.
| entdeckte er einen in Sütterlin geschriebenen
| Brief, datiert auf den
| 28. Februar 1861.
Herr Sütterlin wurde 1865 geboren und hat
die nach ihm benannte Schrift 1911 entwickelt.
Der gefundene Brief ist also entweder nicht
in Sütterlin-Schrift geschrieben, oder ist nicht
echt
Nix für Ungut
Bernd
Hallo Herr Niemann,
der Brief wurde noch nie von einem paläografisch versiertem Leser entziffert. Sütterlin ist es wohl nicht. Falls Sie einmal einen Blick darauf werfen möchten, ich habe den Brief auf meiner Homepage veröffentlicht: http://www.atelier-maisel.de/index.php?/brief-aus-der-hoelle-6/ Herzliche Grüße aus der Hölle!
Volker Maisel