Der Lehrstellenmarkt ist im Umbruch, und zwar dramatisch. Das steht im Berufsbildungsbericht der Bundesregierung, der heute in Berlin vorgestellt wird. Nachdem vor wenigen Jahren viele Bewerber um einen Ausbildungsplatz leer ausgingen, klafft die Schere in die andere Richtung.
Wie vorab aus dem Bundesministerium für Bildung und Forschung zu erfahren war, sind von rund 550.000 Ausbildungsstellen in Deutschland derzeit noch knapp 35.000 unbesetzt. So viele wie noch nie. Zwar läuft das Schuljahr noch, aber mit wesentlichen Veränderungen rechnet man in Berlin nicht mehr.
Die besten Schüler haben sich die begehrtesten Stellen längst gesichert, und viele Firmen suchen inzwischen direkt in den Schulen nach Bewerbern, nachdem sie sich lange Zeit ihre Wunschkandidaten heraussuchen konnten. "Auszubildende werden zur Mangelware", sagt ein Ministeriumssprecher.
Zwei Welten
Das ist richtig und falsch zugleich, was der Blick in die Region Franken bestätigt. Hier gibt es zwei Welten: die der Großindustrie, wo es nach wie vor in der Regel mehr Bewerber als Stellen gibt, und die des Handwerks, wo der Nachwuchsmangel zum Standortfaktor wird.
In der Region Bamberg/Coburg sind dem Arbeitsamt aktuell 4076 Stellen gemeldet und 3773 Bewerber, 2000 Lehrstellen sind noch unbesetzt. Das ist nicht falsch gerechnet, sondern spiegelt die Realität wider, "weil die Wünsche der Bewerber und das Angebot der Unternehmen sich nie eins zu eins decken", wie der Sprecher der Agentur für Arbeit in Bamberg, Hermann Zeis, sagt.
Zwar landen in der Statistik nicht alle Bewerber und Stellen, der Trend ist aber eindeutig: Die unter anderem wegen der Bezahlung und der Arbeitsbedingungen begehrten Stellen in den Großbetrieben (sowohl in der Fertigung als auch im Büro) sind nach wie vor keine Ladenhüter; um eine Ausbildung als Friseur, Metzger, Maler oder Maurer reißen sich die wenigsten.
Hinzu kommt neben dem Faktor Demografie zum Beispiel in der Region Schweinfurt ein Trend, der an sich positiv ist: Immer mehr Schüler streben nach einem höheren Bildungsabschluss. "Die suchen dann nach adäquaten Stellen und verlassen die Region oft", sagt Peter Schönfelder, der Sprecher der Arbeitsagentur in Schweinfurt. Hier klafft die Schere zwar nicht so weit wie in der Region Bamberg; mit 3100 Bewerbern für 3180 Stellen gibt es sogar einen rechnerischen Gleichstand.
Nachwuchssorgen
Die 1500 unbesetzten Stellen, vor allem im Handwerk und im Gastgewerbe, treiben den Vermittlern der Agentur aber die Sorgenfalten auf die Stirn.
Lösungen sind nicht in Sicht. Der Ansatz eines unterfränkischen Metzgers ist wohl nur bedingt übertragbar. Er hat vier Töchter und einen Sohn, der den Betrieb übernehmen soll. "Alles muss man selber machen, sogar schon seinen Nachwuchs."