Hazel Brugger nimmt kein Blatt vor den Mund und trifft den Nerv des Publikums. Als Kabarettistin kommt die Geheimwaffe der ZDF-"heute show" nach Bamberg.
Sie ist 23 Jahre jung, blond und brutal ehrlich. Die geübtesten Fensterredner brachte Hazel Brugger schon ins Stottern, ob sie nun die AfD oder den CDU-Parteitag als Außenreporterin der "heute show" heimsuchte. "Jede Form von Humor ist aggressiv", meint die mehrfach ausgezeichnete Poe-try-Slammerin, Kabarettistin und Kolumnistin, die vor kurzem erst den "Salzburger Stier" und den "Deutschen Kleinkunstpreis" gewann. Als neuen Stern am Comedy-Himmel feiern viele Hazel Brugger, die am 15. Februar in Bamberg "passiert". Im persönlichen Gespräch erlebten wir die Eidgenossin aber auch als nachdenklichen Menschen von einer weniger bekannten Seite.
Frau Brugger: Wie fühlen Sie sich als "böseste Frau der Schweiz", wie Sie die Presse tituliert? Sehen Sie sich diesem Ruf auch privat verpflichtet? Oder ist die inoffizielle Hazel sanft und wohlerzogen? Hazel Brugger: "Böseste Schweizerin": Ich fühle mich mit diesem Superlativ erstaunlich gut. Viel schwieriger wäre es doch, als moralisch erhabenste Schweizerin aufzutreten. Da müsste ich mir jede Aktion hundertfach überlegen, um dem Anspruch gerecht zu werden. - Wie ich privat bin? Tatsächlich habe ich Freunde. Bis vor einiger Zeit hatte ich auch noch einen Hund. Als nachdenklich, aber auch neugierig würde ich die private Hazel Brugger am ehesten beschreiben.
Eine schlafende Armee
Bei Ihrem ersten Soloprogramm ziehen Sie aus, um "die Welt zu verbessern": Wo fängt man da an? Was gibt man von vornherein auf? Sinnlos ist jeder Versuch, Menschen mit einem verfestigten Weltbild ändern zu wollen. Alle, die mit 30 noch keine geschlossene Ideologie haben und sich noch ändern lassen, sind doch wahrscheinlich eher ein bisschen gaga. Ich versuche in erster Linie mein Publikum zu unterhalten: Hören mir 300 Leute zwei Stunden lang zu, kann ich mir schon mal sicher sein, dass sie in der Zeit keine Autos anzünden. Wie eine schlafende Armee, die zwei Stunden lang kaum die Umwelt verpestet - erst nach meinem Auftritt wieder.
Irritation ist gut
"Politik ist für mich wie Mundhygiene", sagten Sie einmal: lästig, aber nötig. Wie sehen Sie in dem Zusammenhang Ihre Mission als Spötter, der bornierte Volksvertreter nicht ändern kann? In der reinen Zuschauerunterhaltung? Ja, die bleibt mein Hauptmotivationsgrund. Ich möchte aber auch Leute auf Politik und Themen aufmerksam machen, für die sie sich normalerweise nicht interessieren. - Und was unsere Volksvertreter angeht: Wenn eine junge, stinknormal aussehende Frau es schafft, sie zu irritieren, ist vielleicht doch noch nicht alles verloren. Irritation ist der erste Schritt zum Nachdenken. Wenn nur ein Prozent der Zuschauer dann nach dem Schauen auch noch nachdenkt, ist das ein guter Anfang.
Wo liegen für Sie die Grenzen des guten Geschmacks, die Sie nicht überschreiten möchten? Jemanden grundlos zu mobben oder fertigzumachen für etwas, für das er nichts kann, geht gar nicht. Im Schneideraum habe ich bereits Filmbeiträge um entsprechende Stellen gekürzt, weil Leute zu schlecht wegkamen. Mit professionellen Politikern kann man schon etwas härter umgehen, weil die genau wissen, was sie tun und was sie reden.
Meinungen aufdrängen
Sie beschrieben sich mal als "aggressive Melancholikerin". Was setzt einer Hazel Brugger zu? Mir gehen viele Dinge nahe. Beispielsweise beschäftigt mich unsere Diskussionskultur: Logik scheint überwunden zu sein - bei den Rechten ebenso wie den Linken. Auch die Sachlichkeit, die's früher mal gab, ist Geschichte. Mit übertriebenen Emotionen machen Leute mangelndes Wissen wett. Vielleicht ist der Mensch nicht dazu geschaffen, sechs Stunden lang täglich im Internet und sozialen Netzwerken rumzuhängen. Das führt dazu, dass sich die meisten nirgendwo mehr wirklich auskennen, uns ihre Meinung aber trotzdem aufdrängen müssen. Schon allein, weil sich alle ständig persönlich betroffen fühlen. Nehmen wir das Wehklagen über den Flüchtlingszustrom: Bei wem ist der denn tatsächlich spürbar?
Eine Trophäe nach der anderen strichen Sie in den vergangenen Jahren ein. Wie erdet man sich, um dabei nicht abzuheben? Je erfolgreicher ich bin, desto mehr hinterfrage ich mich und manches andere. Bevor ich den "Salzburger Stier" verliehen bekam, dachte ich über jeden Preisträger: wow. Jetzt sehe ich frühere Idole mit anderen Augen, denke, dass man Menschen wegen derartiger Auszeichnungen nicht bedingungslos feiern sollte. Nehmen Sie mich: Ich bin nicht cool und schon gar nicht so cool, wie mancher wegen meines Erfolgs meinen könnte.
Albtraum: Von Fans gefeuert
Sie sind also nicht süchtig nach dem große Hype um Hazel Brugger, dem "neuen Stern am Comedyhimmel"? Nein. Mir macht auch ein mögliches Karriereende keine Angst. Zumindest keine unaushaltbar riesige. Viel schlimmer wäre es für mich, irgendwann im Rampenlicht zu stehen und nicht liefern zu können. Also am besten bei einer großen TV-Sendung zur Primetime, bei der ich einfach nur grottenschlecht bin und von meinen Fans danach zurecht gefeuert werde.
Was steht für Hazel Brugger 2017 an? Ich mache 2017 alles, was ich bisher gemacht habe, noch besser. Es gibt auch neue TV-Projekte, über die ich derzeit aber nicht sprechen möchte. - Und ich will Menschen weiterhin für Themen interessieren, die an ihnen normalerweise spurlos vorbeigehen. Wie eine Mutter, die ihren Kindern Gemüse in lustige Formen schnitzt, damit sie es essen.
Kein halbes Schwein verdrücken
Am 15. Februar reisen Sie nach Bamberg. Ihr erster Besuch? Nein, ich war vor Jahren schon da, besuchte den Morph Club und die Villa Concordia. Bamberg ist eine schöne Stadt. Kulinarisch gesehen steht man allerdings vor Herausforderungen, sofern man nicht ein halbes Schwein auf einmal verdrücken möchte.
Und das fränkische Publikum? Das habe ich schon in Bayreuth und Nürnberg erlebt. Der fränkische Dialekt wirkt leicht aggressiv. Aber natürlich waren die Leute nett, wenn sie mir auch keinen Kuchen mitgegeben (oder auf die Bühne geworfen) haben. Na, das lässt sich nachholen. Vielen Dank für das Interview!
Auf einen Blick
"Hazel Brugger passiert", das erste abendfüllende Programm der Schweizerin, ist am 15. Februar ab 20 Uhr in den Haas-Sälen zu erleben. Tickets gibt's unter www.konzertagentur-friedrich.de und www.eventim.de.