Gibt es eine Chance für die "Wolfsschlucht" als Landschulheim? Bambergs Oberbürgermeister Starke (SPD) will eine Umwandlung prüfen lassen - auch um Kosten für die Modernisierung zu sparen. Die Flüchtlingswelle scheint unterdessen abzuebben.
Herbergsvater Olaf Trambauer muss viel telefonieren in diesem Januar. Absage-routine. Täglich nimmt er Kontakt mit Schulen, Veranstaltern, Privatpersonen auf, um Reservierungen für das Gästehaus in der Wolfsschlucht zu stornieren. 6000 waren es fürs ganze Jahr. Mittlerweile ist er im April angekommen, aber lange nicht fertig. Die Zeit drängt: Zum 30. Juni endet der Vertrag der Stadt mit dem Diakonischen Werk.
Während Trambauer dabei ist die Jugendherberge abzuwickeln, sind am Mittwoch fünf neue Asylbewerber an der Regnitz eingetroffen. Eine russische Familie mit drei kleinen Kindern wurde einquartiert. 17 Bewohner zählt die Jugendherberge mittlerweile, die meisten stammen aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion; vier weitere Flüchtlinge sollen nächste Woche kommen.
Der Zustrom von Asylbewerbern hält an, erreicht aber bei Weitem nicht die Dimension, die noch Ende November befürchtet wurde. Nicht nur, dass in der Jugendherberge noch keine 40 Personen leben, wie prognostiziert. Auch im städtischen Haus Ludwigstraße 16 ist wieder Platz, nachdem eine Familie überraschend ausgezogen ist.
Erkennbare Entspannung? Offenbar zeigt die schnelle Abwicklung der Asylverfahren Wirkung. Vor allem Armutsflüchtlinge aus Serbien und Mazedonien haben nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge geringe Chancen auf Anerkennung. Auch für Bewerber aus Russland lag die Erfolgsquote zuletzt unter einem Prozent und damit weit unter dem Schnitt aller Bewerber.
Von einer erkennbaren Entspannung spricht mittlerweile auch die Regierung von Oberfranken. Laut Jürgen Neubauer hat sich die Zahl der Neuankömmlinge in München und Zirndorf vom Höchststand Ende Oktober, als wöchentlich über 400 Menschen eintrafen, auf mittlerweile rund 170 in der Woche verringert. Wie lange dies so bleibt, kann niemand sagen. Sicher ist: Bamberg hat mit derzeit 88 Flüchtlingen deutlich weniger Lasten zu schultern als andere Städte in Oberfranken, allen voran Bayreuth, wo derzeit 238 Asylbewerber leben.
Im Bamberger Rathaus ist man nach der aufgeregten Debatte der letzten Wochen bemüht, dem Eindruck entgegenzuwirken, man bediene sich der Asylbewerber, um ein moderni sierungsbedürftiges Gästehaus loszuwerden. Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) spricht offen von einer "Glaubwürdigkeitslücke", in der die Verwaltung steckt. Sie soll nun durch einen Stufenplan ausgeräumt werden. Dieses Konzept, das dem Stadtrat spätestens Anfang Februar vorliegen werde, soll aufzeigen, wie die Asylbewerber auf die zur Verfügung stehenden Immobilien verteilt werden können und welche Auswirkungen dies auf die Jugendherberge hat.
Die Hoffnung dahinter: Derzeit leben in Bamberg 88 Asylbewerber und damit nur acht mehr als an der Breitenau und in der Ludwigstraße an Plätzen zur Verfügung stehen. Sollten die Zahlen weiter niedrig bleiben, könnte die Jugendherberge möglicherweise deutlich früher als geplant freigegeben werden und entfiele auch die Suche nach einer weiteren Unterkunft. Zumal an der Breitenau derzeit eine zweite Gemeinschaftsunterkunft mit 60 Betten entsteht. Sie soll Ende 2013 fertig sein.
Jugendherberge als Schullandheim Eine neue Idee verfolgt die Stadt auch für die Zeit nach dem 1. Januar 2014, wenn die "Wolfsschlucht" nicht mehr den Standards des Jugendherbergswerks entspricht. Um unnötige Auflagen zu umgehen und dadurch Kosten zu sparen, wird laut Starke darüber nachgedacht, die Jugendherberge als Schullandheim zu führen. Dies hätte zur Folge, dass die Mehrbettzimmer nicht umgebaut werden müssten. Auch die Kosten für die Erneuerung der sanitären Anlagen fielen wohl geringer aus.
Nicht allzu groß sind die Hoffnungen im Rathaus, dass die Kirchen der Stadt aus der Patsche helfen könnten. Sozialreferent Ralf Haupt hat erst vor Kurzem mit beiden Dekanen gesprochen und über 20 in Frage kommende Immobilien prüfen lassen. Vom Priesterseminar bis zum "Lossahaus", vom Kreiswehrersatzamt bis zum Heiliggrabkloster: Haupt handelte sich ausschließlich Absagen ein. Auch ein aktuelles Schreiben des Karmeliten-Ordens an die Stadt hört sich alles andere als freundlich an. Das leer stehende Bettenhaus am Kaulberg wird wohl weiter leer stehen.