Mit allen Mitteln will die Marktgemeinde das rechtlich Machbare gegenüber der DB Netz AG ausschöpfen.
Auf den sprichwörtlichen "gesunden Menschenverstand", auf Kulanz, Ein- oder Nachsicht der DB Netz AG beim ICE-gerechten Ausbau der Bahnstrecke durch
Hirschaid sollte sich besser niemand verlassen, der von diesem 2020 an der Griesweg-Brücke startenden Großprojekt betroffen sein wird: Bei der von über 200 Hirschaidern besuchten Bürgerversammlung in der RegnitzArena sprach Bürgermeister Klaus Homann (CSU) von "knallharten Verhandlungspartnern" auf Bahnseite. Es gelte, sich durch Rechtsbeistand, durch anerkannte Bausachverständige oder zumindest mit Hilfe der Vorkämpfer vom "Besseren Bahnkonzept" zu wappnen.
Ab kommenden Montag liegen die Pläne der Bahn im Hirschaider Rathaus öffentlich zur Einsichtnahme aus. Sie können auch über die Homepage der Gemeinde angesteuert und am Computer so vergrößert werden, dass die ganz fein eingezeichneten Wege der Baustellenfahrzeuge erkennbar werden. Auch diese bieten unter Umständen Anlass, Nachbesserungen zu fordern und sich im Voraus gegen Schäden und Nachteile in Stellung zu bringen. Von der zu erwartenden Lärmbelästigung und den möglichen Grundstückanforderungen für die Ausbaustrecke ganz zu schweigen.
Einen Monat lang besteht Gelegenheit, die Pläne zu studieren. Dann muss bis spätestens 6. November 2017 Einspruch eingelegt werden. Wer die Frist versäumt, hat später keine Chance mehr, am Verfahren beteiligt zu werden und irgendeinen Ausgleich für sich herauszuholen. "Das ist ein scharfes Schwert", machte Rechtsanwalt Lehners aus München klar. Am Ende ernteten Bürgermeister Homann und die Referenten Beifall für eine umfassende und gelungene Informationsveranstaltung. Zahlreiche Aspekte wurden beleuchtet und zur Zufriedenheit der Besucher erklärt.
Jeder kann Widerspruch erheben
Wichtig ist die Erkenntnis, dass nicht nur die Gemeinde als solche, sondern jeder einzelne Betroffene Widerspruch gegen die Anwendung des "Schienenbonus" erheben sollte. Hier will die Bahn auf einen Vorteil zurückgreifen, der seit 1. Januar 2015 gar nicht mehr gilt. Der Schienenbonus von 5 dB(A) erlaubt der Bahn eine rechnerische Verringerung der Schallenergie um mehr als die Hälfte. Ähnliches gilt für die Anwendung des Vorteils aus der Regelung für "überwachte Gleise". Auch auf diese Weise versucht die Bahn, ihre Investitionen in gleisnahe Lärmschutzanlagen und den passiven Lärmschutz der Anlieger zu verringern.
Vielleicht gelingt den Hirschaidern bei dieser so gar nicht bürgerfreundlichen Selbstgerechtigkeit des Bauherrn der juristische Durchbruch. Homann jedenfalls zeigte sich kampfeslustig. Man strebt sogar an, die "Fortsetzung" des seit 1996 stillgelegten Planordnungsverfahrens zu Fall zu bringen, um es durch ein neues zu ersetzen, das den heutigen Lärmschutzbedingungen entsprechen müsste. Denn nur beim Naturschutz muss die Bahn die aktuellen Kriterien nach EU-Recht einhalten, was mit Unverständnis quittiert wurde.
In der Bürgerversammlung wurde auch deutlich, dass die Gemeinde mithilfe von Fachingenieuren die Bauwerke und die prognostizierte Lärmentwicklung in hoher Qualität prüfen lässt, um fundiert Stellung nehmen zu können. Den Haus- und Grundbesitzern sowie gegebenenfalls auch den Mietern von Immobilien an der Strecke obliegt es, ihre persönlichen Vorbehalte geltend zu machen und Forderungen zu stellen.
Was die Experten raten
Das gilt zum Beispiel bezüglich der Höhe der Entschädigung für den Flächenbedarf, der unter Umständen durch "Vorzeitige Besitzeinweisung" oder Enteignung durchgesetzt werden kann. Ebenso sollten die Auswirkungen durch Lärmbelästigung auf die Wohnqualität oder die Nutzung der Außenwohnflächen (Terrassen, Balkone, Sitzecken im Garten etc.) sowie eine mögliche Wertminderung oder sogar Mietminderung zum Anlass von Forderungen nach erhöhtem Lärmschutz oder finanziellem Ersatz genommen werden. Weitere Nachteile können durch Bodenerschütterungen entstehen, weshalb alle Hausbesitzer im Anhörungsverfahren eine Beweissicherung und eine Kopie des Gutachtens verlangen sollten, lautete der Rat der Experten. Notfalls könne man noch selbst einen anerkannten Gutachter hinzuziehen.
Wer für die Formulierung seines Einspruchs einen Rechtsanwalt beauftragt, müsse mit 300 bis 500 Euro Honorar rechnen, erfuhren die Hirschaider. Derlei Verfahren würden in der Regel nicht durch eine Rechtsschutzversicherung gedeckt.
Wer dieses Kostenrisiko scheut, ist dennoch nicht verlassen: Die Initiative "Das bessere Bahnkonzept" stellt ab Montag im Internet unter dem File "bahn-einwand" einen "Einspruchshelfer" zur Verfügung, was vom Publikum mit großem Dank begrüßt wurde. Hier kann mithilfe von vorformulierten Textbausteinen ein ganz individueller Einspruch gestaltet werden. Die Eingabe um persönliche Stellungnahmen oder erhellende Fotografien ergänzt, möglichst von allen Familienangehörigen unterschrieben und bis 6. November 2017 im Rathaus oder bei der Regierung von Oberfranken eingereicht, hat man erst einmal seine Chancen gewahrt, beim Streckenausbau nicht ohne weiteres unter die Räder zu geraten.
Wer direkt mit der Bahn in Kontakt treten möchte, hat dazu bei einem Ortstermin am 21. September von 10 bis 18 Uhr im Rathaus Hirschaid Gelegenheit, teilte Bürgermeister Homann mit. Und er appellierte am Schluss an die Parlamentarier der Region, die von der Baumaßnahme der Bahn betroffenen Gemeinden und ihre Bürger zu unterstützen