Hat der Angeklagte gegrabscht?

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Der Fall des sexuellen Übergriffs nach der Hirschaider Kirchweih im vergangenen Jahr wird das Gericht wohl noch länger beschäftigen. Daniel Karmann/dpa
Der Fall des sexuellen Übergriffs nach der Hirschaider Kirchweih im vergangenen Jahr wird das Gericht wohl noch länger beschäftigen. Daniel Karmann/dpa

Eine junge Frau sagt, sie sei in Hirschaid von drei Arabern sexuell belästigt worden. Vor Gericht kommen Zweifel an ihrer Version auf.

Die sexuellen Übergriffe auf der Hirschaider Kirchweih beschäftigten noch einmal das Amtsgericht Bamberg. Hat der 18-jährige syrische Asylbewerber Karim F. (Name geändert) aus dem Landkreis Bamberg dabei geholfen, ein 16-jähriges Mädchen sexuell zu nötigen? Konkret: Hat er mit einem namentlich noch nicht bekannten Komplizen das Opfer an den Oberarmen festgehalten, damit ein anderer, der 34-jährige irakische Haupttäter, der wehrlosen Frau an die Brust und zwischen die Beine greifen konnte?

Beinahe wäre der Prozess aus Datenschutzgründen geplatzt: Einer der beiden ehrenamtlichen Jugendschöffen, die gemeinsam mit Richter Waschner urteilen sollen, unterrichtete Karim F. vor zwei Jahren - bemerkt das aber erst kurz bevor die Anklageschrift verlesen wird. Der Pflichtverteidiger Joachim Voigt (Bamberg) und sein Mandant hatten keine Einwände gegen seinen Einsatz.

Rechtsanwalt Voigt fuhr vor Gericht Konfrontationskurs: Beim vorsitzenden Richter, dem er vorwarf, er verstehe ihn und seine Argumentation nicht; beim minderjährigen Opfer, das er mit seiner Befragung zum Weinen brachte. Besonders die Diskrepanz zwischen ihren Angaben, noch wochenlang nach der Tat "von der Rolle" gewesen zu sein und ihren "eigenen Ermittlungen", die zur Identifizierung des Angeklagten geführt hätten, stießen dem Pflichtverteidiger sauer auf.

Vor Amtsrichter Martin Waschner schilderte die junge Frau noch einmal den Tathergang. In der Septembernacht sei sie gegen 21 Uhr mit einer Freundin auf dem Damm am Main-Donau-Kanals gewesen, als sie von einer Gruppe arabischstämmiger Männer umringt und unter die Kanalbrücke gedrängt worden sei. Dort hätten sie zwei von ihnen festgehalten, während der Haupttäter sie angefasst hätte. Erst unter Einsatz ihres Ellenbogens habe sie sich befreien können. Dabei sei die Sehne des kleinen Fingers ihrer linken Hand gerissen. Ihre Ausbildung zur Friseurin habe sie dann abbrechen müssen, weil die Beweglichkeit eingeschränkt sei. Außerdem habe sie Angst, nachts das Haus zu verlassen, bestätigte ein Beamter der Polizeiinspektion Bamberg-Land.

Allerdings tauchten plötzlich Angaben auf, die sie bei ihren drei polizeilichen Vernehmungen nicht geäußert hatte und die Richter Waschner zum Staunen brachten. Das Opfer erklärte, es habe den Angeklagten bereits aus der Bamberger Innenstadt gekannt und am besagten Tag sogar auf der Zugfahrt nach Hirschaid gesehen.

Auch die Aussage des Opfers und seiner Freundin widersprachen sich zum Teil. Während das Opfer aussagte, es sei in der Nähe der Brücke "stockdunkel" gewesen, beteuerte ihre 16-jährige Bekannte, die kurz zuvor von einem anderen Täter begrabscht worden und nun ebenfalls von den Asylbewerbern umzingelt worden sei, man habe durch die Brückenlampen und die Fahrgeschäfte doch genügend Licht gehabt. Sie als unmittelbar Beteiligte hatte den Angeklagten auch nicht am Tatort gesehen.

Das beteuerte auch der zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und einem Monat verurteilte Haupttäter - der Angeklagte machte keine Angaben zur Sache. Der Haupttäter erklärte, dass er den Angeklagten am gesamten Kirchweihsamstag nicht gesehen habe. Außerdem meldete sich ein 31-jähriger Nachbar des Angeklagten, ein syrischer Arzt aus dem Landkreis Bamberg, der mit ihm zur Tatzeit Karten gespielt haben will. Allerdings konnte er sich auf Nachfrage des Staatsanwaltes Libischer nicht auf den genauen Zeitraum festlegen.

Am 4. Mai um 9 Uhr wird das Verfahren am Amtsgericht fortgesetzt. Dann mit zwei weiteren Polizeibeamten und drei Bekannte des Opfers als Zeugen sowie dem Bericht der Jugendgerichtshilfe. Ob dann ein Urteil fällt, ist offen, da weitere Beweisanträge der Verteidigung zu erwarten sind. Udo Güldner