Eine Mordsgeschichte nach zwei Kochbüchern "mit Schuss": "Hühnertod" heißt der erste Kriminalroman von Hans Kurz, bei dem's keineswegs nur dem Federvieh eines Biobauernhofes an den Kragen geht. Und das ist nur der Anfang, wie der FT-Redakteur im Interview berichtete.
Mit Bier und einer "Schnapsidee" fing alles an: Hochprozentigen Genuss versprechen Rezepte, die Barbara Dicker und Hans Kurz in den vergangenen Jahren auf den Markt warfen. Ihre Kochbücher riefen nach einer weinseligen Fortsetzung (die im Herbst folgt). Als Zwischengang nun aber "Hühnertod", der erste Krimi des FT-Redakteurs mit einem eher unappetitlichen Titel. Wir sprachen mit dem Kollegen über sein Debüt.
Blutiges Metier
inFranken: An Bier- und Schnapskochbücher wagen sich die wenigsten Franken. Dagegen gleicht die Krimi-Szene einem Haifischbecken. Warum bringst du uns - auf dem Papier - noch mehr Mord und Totschlag?
Hans Kurz: Das Frankenland kann eigentlich durchatmen. "Hühnertod" spielt in München, im Bayerischen Wald - und nur ein bisschen in Nürnberg, wo die Hauptfigur, Detektiv Hans Herzog, genannt Duke, sein lange verwaistes Detektivbüro wiederbelebt. Außerdem ist der Roman kein typischer Regionalkrimi, bei dem jeder Baum seine eigene Hausnummer hat, sondern einfach nur ein Krimi - für alle. Obwohl die Handlungsorte und Menschen dort eine wichtige Rolle spielen. Und der Titel ist ganz und gar nicht "unappetitlich", sondern vom Namen einer geradezu legendären Erlanger Imbissbude inspiriert.
inFranken: In Sachen "Hühnertod" ermittelt Hans (!) Herzog: Zigarrenraucher, Sinologe jenseits der 40. Wie weit gehen die autobiographischen Bezüge noch?
Hans Kurz: Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig . . . Die Hauptfigur ist frei erfunden, ebenso Sex & Crime der Handlung. Autobiographisch ist da gar nichts. Allerdings erleichtert es das Schreiben ungemein, wenn man Orte der Handlung kennt und Figuren Erfahrungen haben, die man selbst gemacht hat. Das befreit den Autorenkopf für die wahre Sicht der Dinge, für die Haupt-, Neben- und Randfiguren, von denen die Geschichte wesentlich lebt. Menschen und Mörder wie du und ich sozusagen.
Hemmungen?
inFranken: Vom heimischen Hühnerhof entfernt wühlt sich "Duke" durch fremde Betten. Steht man als Tageszeitungsredakteur beim Schreiben pikanter Passagen vor keiner Hemmschwelle?
Hans Kurz: Hemmungen? Eigentlich nicht. Sex ist ja eine schöne Sache. In Krimis begegnet man ihm aber leider fast ausschließlich im Zusammenhang mit Vergewaltigungen, brutalen Sexualmorden und ähnlichen Scheußlichkeiten. Dem wollte ich etwas entgegensetzen. Weil man als Redakteur eine öffentliche Person ist, hatte ich gewisse Bedenken, es könnte des Guten zu viel sein. Die hat zwischenzeitlich aber eine Kritikerin des Bayerwald-Onlinemagazins "Da Hog'n" zerstreut: "Schon auf den ersten 50 Seiten wird so viel gevögelt, dass es eine wahre Freude ist. Eine unerwartete Freude. So direkt und ehrlich liest sich Sex selten", schreibt sie in ihrer "Hühnertod"-Rezension.
inFranken: Reizte es dich nicht, deinen Privatdetektiv in der Stadt ermitteln zu lassen, in der du seit fast 20 Jahren lebst?
Hans Kurz: Der "Hühnertod" ist ja nur eine Episode, mitten herausgegriffen aus einer ganzen Reihe. Vor- und Folgegeschichten liegen in der Schublade. Wenn die Bamberger jetzt dazu beitragen, dass der Roman ein Erfolg wird, dann wird's demnächst auch ihnen an den Kragen gehen. . .
Schreibblockage? Fehlanzeige!
inFranken: Der erste Kriminalroman eines Tageszeitungsredakteurs: Was war das größte Problem beim Schreiben der Kapitel über fast 300 Seiten?
Hans Kurz: "Kein Problem", würde Duke sagen. Und zum Teil stimme ich meiner Hauptfigur zu. Da profitiere ich von meinem Job. Eine Schreibblockade, über die so viele Autoren klagen, kannst du dir nicht leisten. Denn für einen Tageszeitungsjournalisten ist jeden Abend Redaktionsschluss und das Internet verlangt nach noch mehr Aktualität. Da muss der Text stehen. Die Herausforderung beim Romaneschreiben ist dagegen, dass die Geschichte über Hunderte von Seiten nicht abflauen darf. Ganz wichtig sind mir da die Dialoge. Zwei, drei Sätze, die jemand redet, sagen meist mehr über den Menschen aus, als eine seitenlange Beschreibung. Es darf nicht hölzern klingen, sondern muss lebendig und authentisch sein. Ich denke, dass mir das nach all den Jahren, in denen die Duke-Krimis gereift sind, inzwischen recht gut gelingt.
Über Jahre gereift
inFranken: Der erste Duke-Krimi war also alles andere als ein Schnellschuss: Er reifte über Jahre. Und es gibt weitere bereits fertige Manuskripte?
Hans Kurz: Ja. Ich habe diverse Manuskripte, die ich noch mal komplett überarbeite. Die Krimi-Produktion läuft auf Hochtouren. Jetzt, wo wir drüber reden, verspüre ich wieder diese unbändige Lust, in die Tasten zu greifen.
inFranken: Was inspiriert dich beim Schreiben? Was brachte dich auf die Idee, die Vergehen vom "Hühnertod" (Sachbeschädigung) über Erpressung, Entführung und Betrug bis zum mehrfachen Mord (Kapitalverbrechen) zu steigern? Literatur, Polizeimeldungen aus dem Fränkischen Tag?
Hans Kurz: Literatur? Ich liebe die Thriller von Patricia Highschmith, der unangefochtenen Meisterin des Suspense. Vor allem die "Ripley"-Romane. Und die ebenso bitterbösen wie humorvollen Krimis von Wolf Haas. Beiden versuche ich gerecht zu werden, ohne abzukupfern. Der Polizeibericht gibt eher weniger her, weil's bei uns zum Glück meist friedlicher zugeht. Wann gab es hier den letzten Mord - abgesehen von den mindestens zwei Dutzend aus der jüngsten Regionalkrimiliteratur? Spannender finde ich noch die Kommunalpolitik. Sogar Bebauungsplanänderungen und Straßenausbaubeitragensatzungen können Stoff für aufregende Geschichten bergen. Kommunalpolitik, Kochbücher, Krimis - das K zieht sich durch mein Schreiben. Zum Glück muss ich bei Letzterem nicht immer sachlich bleiben. Da dominiert die blanke Lust am Fabulieren.
inFranken: Parallel zum "Hühnertod" erschien "Tatort Franken No. 4" als Anthologie, an der du ebenfalls mitgearbeitet hast. War die Geschichte, in der die "Schreibera" als FT-Kollegin auftritt, eine Vorübung?
Hans Kurz: Nein, das war die Folge. Der Ars-Vivendi-Verlag - eine kleine aber sehr feine, echt fränkische Buchschmiede aus Cadolzburg - hat seine Krimiautoren um Mitarbeit gebeten. Es hat Spaß gemacht, mal was anderes zu schreiben, mit einem Kommissar aus Stegaurach, einem Mord in Burgwindheim und einem Entflohenen aus dem Ebracher Knast. Mittendrin die rasende Lokalreporterin Anette Schreiber - die ich zuvor um Einwilligung gebeten habe. Das ist jetzt ein echter Regionalkrimi. Meines Wissens der erste aus dem Steigerwald. Möglicherweise auch mit Fortsetzung, obwohl's ein böses Ende nimmt. Außerdem erscheint im Herbst in der Adventskalender-Anthologie "Christkindles-Morde" ein weiterer fränkischer Kurz-Krimi. Und für den "Krimi-Kalender 2014" habe ich einen wunderbaren Mord aus dem Journalistenmilieu beigesteuert: "Wenn Worte töten."
Lust auf mehr?
"Hühnertod" heißt der erste Kriminalroman von Hans Kurz, der bei ars vivendi erschien und überall im Buchhandel ( ISBN 978-3-86913-195-5) erhältlich ist. Einen Vorgeschmack gibt bei uns unter ...