Als die GAL 1984 in Fraktionsstärke in den Stadtrat einzog, war das selbst für grüne Optimisten eine große Überraschung. Anfangs wurden sie als Spinner belächelt, doch einige Themen setzten sich durch.
Mehr als 30 junge Menschen lachen auf dem Wahlplakat zur OB-Wahl 1982 in die Kamera. Auf dem Bild ist auch GAL-Stadträtin Gertrud Leumer zu sehen, sie ist damals 17. Peter Gack fehlt da noch, er wird erst 1984 einer von drei GAL-Stadträten. "An Infoständen sind wir beschimpft worden. Manche sagten: Geht doch nüber", erinnert sich Leumer. Und Gack wird 1984 im Stadtrat als "Spinner" bezeichnet, als er sich für Mülltrennung in Bamberg ausspricht.
Die Geschichte der GAL begann mit diversen Zusammenschlüssen. Zunächst bildete sich die Bamberger Alternative (BA) aus verschiedenen Gruppierungen, unter anderem Besetzern des alten E-Werks und dem Arbeitskreis kritische Kommunalpolitik (AKK), dort ging es um Themen wie Denkmalschutz, Verkehr und die Müllproblematik. Mit dem Spruch "Wir sind die, vor denen Röhner und de With schon immer gewarnt haben", der sich auf Amtsinhaber Paul Röhner (CSU) und SPD-Kandidat Hans de With bezog, kam der BA-Bewerber Rudi Sopper 1982 auf sensationelle 4,34 Prozent.
Gemeinsam mit dem Grünen-Kreisverband bildete die BA dann für die Kommunalwahl 1984 eine Grün-Alternative Liste, die 6,59 Prozent der Wählerstimmen auf sich zog. Das bedeutete drei Sitze im Stadtrat - Fraktionsstärke. "Das war für uns alle komplett überraschend", sagt Gack. Zeitgleich mit den ersten GAL-Räten Rudi Sopper, Peter Gack und Gottfried Karl begann auch der heutige CSU-Fraktionsvorsitzende Helmut Müller seine Stadtratslaufbahn. "Ich war damals auch der einzige CSUler, der mal auf der GAL-Wahlparty im Café ,Abseits' vorbeigeschaut hat." Viele hätten sich damals mit der GAL schwergetan und die Nase gerümpft. Bei Müller sei das anders gewesen: "Ich hab die gleich ernstgenommen." Andere Stadtratskollegen empfingen die Neuen hingegen wenig freundlich und führten demonstrativ Privatgespräche, wenn die GAL-Vertreter im Stadtrat sprachen. "Wir wurden ausgegrenzt und hätten nicht mal ein Fraktionszimmer bekommen, wenn wir nicht darum gekämpft hätten", sagt Gack. "Und einmal hat ein Stadtratskollege zu mir gesagt: Wennst nach der Sitzung a Schelln brauchst, kannst kumma." In einem 2001 mit der GAZ (Grün-Alternative Zeitung) geführten Interview beschreibt es der mittlerweile verstorbene Rudi Sopper so: "Wir haben das Diskussionsklima beeinflusst - dass überhaupt über Tagesordnungspunkte kontrovers diskutiert wurde. (...) Und wir sind jedes Mal mit stapelweise Anträgen aufgetaucht." Allein zur ersten Haushaltsberatung mit GAL-Beteiligung stellten die Neuen 50 (!) Anträge.
Die Flut der Anträge und kontroversen Diskussionen trug zwar zunächst wenig zur Beliebtheit im Stadtrat, wohl aber zur Profilierung der GAL bei. Ging es ihnen darum, grundsätzlich gegen alles zu sein? Gack winkt ab: "Bei 80 Prozent der Standardsachen haben wir ja auch zugestimmt." Aber bei Themen, die der GAL wichtig waren, etwa der Verkehrspolitik, habe die neue Fraktion keine Diskussion gescheut. "Zur Strahlenbelastung nach Tschernobyl wurde die Bamberger Bevölkerung damals belogen", sagt Gack. Die GAL organisierte im überfüllten Fischerhof eine Infoveranstaltung, am 10. Mai 1986 nahmen 2000 Menschen an einer Demonstration und Kundgebung teil. "Ich war da gerade Praktikantin beim Bund Naturschutz. Wir haben mit Geigerzählern bei der Konsumenta gemessen - und alles, was die Leute angeschleppt haben, hat gepiept", erinnert sich Leumer.
Erste OB-Kandidatin
Im Juni 1987 initiierte die GAL eine Unterschriftensammlung für den Erhalt des Deutschen Hauses, das abgerissen werden sollte - heute beherbergt es die Hauptstelle der Stadtbücherei. Und ein Verkehrskonzept der Grün-Alternativen trug bereits 1987 den Titel "Autoverkehr verlangsamen, verringern, vermeiden!". 1988 schickte die GAL mit der Parteilosen Karin Wicht die erste Frau ins Rennen um eine Bamberger OB-Wahl. "Irgendwann sind wir dann nicht mehr als Schmuddelkinder betrachtet worden und unser Ansehen ist gestiegen", sagt Gack. Zwar wurden unzählige GAL-Anträge abgelehnt, doch kehrten manche Ideen auch auf Umwegen wieder in der Stadtpolitik zurück - wie in den 1990ern die Mülltrennung, wegen der Gack 1984 noch verlacht worden war.
Die Wege zur GAL waren sehr unterschiedlich. "Ich war schon als Abiturientin am FLG politisch interessiert", sagt Leumer. Und als sie beim Gartenamt Landschaftspflegerin lernte, stieß ihr sauer auf, "dass jeden Winter Bäume gefällt wurden wie blöd". Gack "wollte Kinder haben und ihnen eine Grundlage bieten, um weiterleben zu können". Und während der Arbeit an seiner Diplomarbeit sei er auf "die Lügen der Energieversorger" gestoßen.
Was wäre in Bamberg anders, wenn es die GAL nie gegeben hätte? "Dann wären wohl noch mehr alte Häuser abgerissen worden - inklusive E-Werk", sagt Leumer. "Weniger Verkehrsberuhigung und einen niedrigeren Radverkehrsanteil", vermutet Gack - und fügt gleich hinzu, dass die GAL bei all diesen Themen mit den jeweiligen Bürgerinitiativen stehe und falle. "Nach meiner Ansicht war diese neue politische Strömung notwendig", sagt CSU-Mann Helmut Müller. "Denn grüne Themen waren zur damaligen Zeit ja fast noch nicht präsent. Das sieht heute anders aus."
mei des waren halt noch echte grüne, der karl, der gack, die leumer, net die heutigen radfahrer