Frankens Humor-Botschafterin in Berlin

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Mia Pittroff wirbt von Berlin aus für den urfränkischen Humor. Foto: Anke Bornmann
Mia Pittroff wirbt von Berlin aus für den urfränkischen Humor. Foto: Anke Bornmann
Mia Pittroff . Foto: PR
Mia Pittroff . Foto: PR
 
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In Berlin vertritt Mia Pittroff als Kabarettistin die fränkische Region, der sie auch ihr erstes Buch widmete. Als Herausforderung sieht die 32-Jährige die Männerdominanz der Branche. Wir sprachen mit der Ex-Bambergerin.

Parteipolitik avancierte zur Realsatire, die Komödianten kaum noch toppen können. Harsche Gesellschaftskritik verärgert zahlende Zuschauer, ist in Zeiten eines zunehmend seichten Unterhaltungsangebotes demnach auch keine lohnende Bühnenthematik mehr. Dementsprechend viele Comedians ziehen aus der Mottenkiste Altbewährtes, um uns mit Rollenklischees und Beziehungswitzen zu langweilen.



Mia Pittroffs Programme sind erfrischend anders. Männer tauchen im Universum der Poetry-Slamerin und Kabarettistin nur am Rande auf, obwohl sie in der Branche den Ton angeben. Und genau dazu befragten wir die Organisatorin der Bamberger Comedy-Lounge auch angesichts der Testosteron-Dominanz der nächsten Veranstaltung.

inFranken: Michael Eller, Jens Heinrich Claassen und "Der Weiherer" belegen am 21. Februar den kümmerlichen Frauenanteil ihrer Branche.
Warum wollen einen fast ausschließlich Männer zum Lachen bringen?


Mia Pittroff: Ja, mehr als 20 Prozent beträgt der Anteil weiblicher Protagonisten sicher nicht - wie in manchem anderen Beruf. Ich denke, der Darstellungszwang ist bei Männern naturgegeben. Bevor 'ne Frau die Bühne betritt und Witze reißt, geht ein langer Entscheidungsprozess voran. Auf der anderen Seite stellt man sich mal einfach so hin und gibt seinen Text.


Schwellenängste nehmen
inFranken: Frauen zweifeln, während Männer ihre Chancen ergreifen. Wie lange hält uns dieses Prinzip noch auf?

Mia Pittroff: Immerhin gibt es mehr und mehr Formate, in denen sich Selbstzweifler ausprobieren können - vom Poetry-Slam über Blogs bis in andere semiprofessionelle Bereiche des Internets. Auch offene Bühnen, wie man sie in Berlin vielerorts findet, nehmen Schwellenängste.



inFranken: Sie traten in der WDR-"Ladies-Night" vor die Kamera und gerade bei Lizzy Aumeiers BR-"Frauenkabarett". Mainstream sind Männer, Frauen ein extra deklariertes Spartenprogramm. Gibt's Ihrer Meinung nach auf der Bühne überhaupt signifikante Unterschiede?

Mia Pitroff: Ich denke, man setzt Programme aus werbetechnischen Gründen unter ein bestimmtes Motto. Von der Aufsplittung in Männer- und Frauenkabarett halte ich ebenso wenig wie in Studenten-, Senioren- oder Sonstwas-Varianten. - Was die Unterschiede angeht, schießen Männer eher aus der Hüfte und sind auf der Bühne lauter. Frauen kommen vom Text her auf Zuschauer zu, sind ruhiger, hintersinniger und selbstkritischer. Lust auf ein Klischee? "Frau" kommt nach einem missglückten Auftritt von der Bühne und sagt: "Mein Text war scheiße." "Mann" sagt: "Scheiß Publikum."


Voll daneben
inFranken: Erwarten Zuschauer von männlichen Kabarettisten nicht auch Derbheiten, die sie Frauen verübeln würden? Gingen Sie jemals zu weit oder gänzlich an den Erwartungen des Publikums vorbei?

Mia Pittroff: Es gibt heute viele Frauen, die wirklich hart sind. Dennoch haben Derbheiten bei ihnen eine ganz andere Wucht als bei Männern. In diese Richtung zu gehen ist nicht mein Ziel. Und genau das wurde an einem Abend zum Problem, als man von mir Kracher erwartete. Der Veranstalter kündigte mich dementsprechend an und die Leute wollten auf den Tischen tanzen, während ich was über Buddhismus und Laminatböden erzählte. Ich also sehr subtil, dem Publikum ging's ums Abfeiern - letztendlich konnte man die Luft schneiden. Klar, war ich fertig. Umso besser wurde der nächste Abend. Man steckt nie drin.



inFranken: Außerhalb des Freistaats verglich man Sie schon mit Polt (für Nordlichter ist Franken eben gleich Bayern). Wie kommt der hiesige Humor jenseits des Bratwurst-äquators an? Gibt's zuweilen Verständnisprobleme?

Mia Pittroff: Ich komme viel rum, das stimmt. Dieses Wochenende bin ich in Münster, nächste Woche in Lüdenscheid und Berlin. Aber nein, Verständigungsprobleme gibt's nicht. Das Negativerlebnis, das ich beschrieb, hatte ich beispielsweise in Oberfranken, während am nächsten Tag in Rostock alles perfekt lief. Was ich in unserer Region oft vermisse, sind Publikumsreaktionen, die ein "hat scho gebasst" übersteigen. Im Norden findet man aufbauendere Worte, wenn ein Künstler nach eineinhalb Stunden harter Arbeit erschöpft von der Bühne abtritt.


Ambivalente Liebeserklärung an Franken
inFranken: Zurzeit touren Sie mit Ihrem Kabarett-Solo "Mein Laminat, die Sabine und ich". Was steht bis Ende des Jahres darüber hinaus an?

Mia Pittroff: Im Sommer erarbeite ich mir ein neues Programm, auch gebe ich Lesungen zu "Mia san mia": Mein erstes Buch ist ja eine ambivalente Liebeserklärung an Franken.

inFranken: Eine ambivalente Liebeserklärung: Wie war die Resonanz?

Mia Pittroff: Die zweite Auflage ist schon erschienen. Offenbar kommt es an, wenn man nicht nur Klischees bedient und über Bier und Brodwörschd schreibt oder wie man Klöße zubereitet. Ich mag es eher absurd, zuweilen grotesk, nehme die Dinge nun mal nicht bierernst.



inFranken: Mittlerweile zogen Sie von Bamberg nach Berlin, obwohl Sie im Morphclub weiter die Comedy-Lounge veranstalten. Vermissen Sie Ihre alte Heimat?

Mia Pittroff: Bamberg ist überschaubar, alles auf kurzen Wegen machbar, das ist ein Vorteil. Ich wollte aber immer schon in einer Großstadt leben und liebe Berlin nun auch für seine Weite.

inFranken: Dabei setzen Sie weiterhin auf ein urfränkisches Programm. Fürchten Sie nicht, in der Fremde Ihre Wurzeln, ja Ihr Erfolgsrezept zu verlieren?

Mia Pittroff: Ich denke, gerade in der Fremde sind einem diese Wurzeln bewusster denn je. Insofern bin ich zuversichtlich.