Fischerei-Festspiele: Erotisches und Exotisches

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Auch die Prachtkerle sind wieder dabei: In der Fischerei 15, wo Heimüller und Rühlmann Lieder von Georg Kreisler aufleben lassen. Foto: Barbara Herbst
Auch die Prachtkerle sind wieder dabei: In der Fischerei 15, wo Heimüller und Rühlmann Lieder von Georg Kreisler aufleben lassen. Foto: Barbara Herbst
 
 
Die Meise von Gaustadt: Hanuta Gonzales (alias Arnd Rühlmann)
Die Meise von Gaustadt: Hanuta Gonzales (alias Arnd Rühlmann)
 
Teufelsgeiger Florian Meierott
Teufelsgeiger Florian Meierott
 
Arnd Rühlmann, der Veranstalter
Arnd Rühlmann, der Veranstalter
 
 

Schillernde Chansons, schmissig-bissige Songs, literarische Ausflüge, eine Fotoausstellung und ein Konzert von Teufelsgeiger Florian Meierott: Das alles bietet das Programm der "Kleinsten Freilichtspiele des Landes" vom 15. Juli bis 18. August in Bamberg.

Ja, so kennt man das Alte Rathaus inmitten des Flusses, bewundert von Touristen aus aller Welt. Nur zeigt Bruno Jaworowskis Aufnahme mit Passanten, die vor Schaufenstern stehen, oder Richtung Obere Brücke schlendern, feine Risse. Brüchig, vergilbt, wie alten Alben entnommen erscheinen auch andere Bilder von Streifzügen durch die Domstadt. Gegenwart, in naher Zukunft Vergangenheit: Jaworowski macht einem die Vergänglichkeit dessen bewusst, was wir als Realität des 21. Jahrhunderts begreifen. Bei den Fischerei-Festspielen sind die Fotos des Franken, die das Altbekannte aus dem Kontext reißen, unter dem Motto "Bamberg verzaubert" erstmals zu sehen.

"Vorhang auf!" heißt's ab 15. Juli wieder für die vermutlich kleinsten Freilicht-Festspiele des Landes. Über einen Monat lang wird im Innenhof der Fischerei 15 ein breitgefächertes Programm geboten, das das Nana-Theater veranstaltet.
Der Vernissage mit Aufnahmen Jaworowskis, der Interessenten ab 19 Uhr seine Bilder präsentiert, folgt am 16. Juli ein Auftritt Arnd Rühlmanns an der Seite Birgit Förstners. Die Protagonisten widmen sich Christoph Ransmayrs "Atlas eines ängstlichen Mannes". Reiseerfahrungen aus vier Jahrzehnten verdichtete der Autor zu einer "einzigartigen, herrlich verrückten Erzählung, die Kontinente durchquert, Zeiten und Seelenlandschaften", wie es Rühlmann, zugleich Veranstalter der Fischerei-Festspiele, auf den Punkt brachte. "Wir nehmen das Publikum mit auf die Fahrt: In den Schatten der Vulkane Javas, an die Stromschnellen von Mekong und Donau, ins hocharktische Packeis und über die Paßhöhen des Himalaya bis hin zu den entzauberten Inseln der Südsee." Wobei Birgit Förstner die Reise als Cellistin mit Weisen aus aller Herren Länder begleitet.


Gnadenloser Frauencharme


"Für dich hab ich mich gewaschen und rasiert" heißt's am 23. und 24. Juli. Ein bizarres Kontrastprogramm mit Gerti Baumgärtel und Ole Klie am Piano erwartet Festspiel-Besucher. Lust, aber auch Last des Liebeslebens thematisiert das Duo, das in die Jugendjahre der Bundesrepublik reist. So beschwört Baumgärtel den Zeitgeist, den das Wirtschaftswunder prägte. Perlon, Petticoat, Peinlichkeiten und Zweideutigkeiten möchte das Vollweib mit Frauenpower auf die Bühne bringen: Eine Diseuse, die in Programmen "gern mit erotischen Pfunden wuchert", wie sich der Festival-Veranstalter ausdrückt. Träumend von ewiger Jugend "oder wenigstens einem Mann, der im Takt schnarchen kann."

Passend dazu besingt Ursula Gumbsch die ewig junge Geschichte von den Lockungen des Weibes . Unter dem Titel "..weil ich ein Glanz bin!" wirft sie am 13. August die Frage auf, "was frau nicht alles macht, um dem anderen Geschlecht (und sich selbst) zu gefallen".

Zurück meldet sich bei den Fischerei-Festspielen Teufelsgeiger Florian Meierott (14. August). Die "Prachtkerle" widmen sich am 30. und 31. Juli wieder dem "Großmeister des Taubenvergiftens": Begleitet von Jürgen Heimüller als "Extrempianisten" präsentiert Gruselchansonnier Rühlmann Lieblingschansons und Texte von Georg Kreisler.


Unterm nicht existierenden Kastanienbaum

Erstmals tritt bei den "kleinsten Freilichtspielen des Landes" Rolf Böhm in Erscheinung, den viele sicher als Musiker und Schauspieler des Fränkischen Theatersommers kennen. "Lieder unterm Kastanienbaum" singt der Protagonist, der mit sprachwitzigen Texten punktet. Grummeliger Frankencharme, der beim Publikum sicher landet - selbst wenn es im Innenhof der Fischerei keinen Kastanienbaum gibt.


Weitere Infos und Videos

Das gesamte Programm zu den Festspielen ist im Internet unter der Homepage desNana-Theaters nachzulesen. Videos zu Gerti Baumgärtel gibt's auf You-Tube http://www.youtube.com/watch?v=uvQvhLxrSIo




Fünf Fragen an den VeranstalterinFranken: Zum neunten Mal präsentieren Sie die "Kleinsten Freilichtspiele des Landes". Was waren bislang die größten Publikumsrenner?
Arnd Rühlmann: Am schnellsten ausverkauft sind immer die Konzerte von Florian Meierott, dem Teufelsgeiger. Ein bezaubernder Mensch übrigens, der mit seinem Hund Mozart Stammgast wurde.

inFranken: Welche Programme floppten?

Rühlmann: Zu kämpfen haben - von Meierott mal abgesehen - Musiker, Kabarettisten und andere Akteure, die nicht aus Franken kommen. Für ein Nordlicht, das sich bei uns noch keinen Namen machte, muss man intensiv werben.

inFranken: Beschränkt sich der Einzugsbereich der Festspiele auf Bamberg?

Rühlmann: Nicht unbedingt. Mit einem Paar aus Brüssel, das in die Fischerei kam, bin ich mittlerweile sogar befreundet. Und dann gab's im vergangenen Jahr eine Reisegruppe aus Linz, vor der ich Chansons von Georg Kreisler sang. Die bemäkelten nicht mal den österreichischen Akzent als aufgesetzt, um den ich mich bemühte.

inFranken: Was war in all den Jahren, in denen Sie selbst auch mit "alkoholisch-erotischen Lesungen" experimentierten, die bizarrste Erfahrung?

Rühlmann: Als wir bei Regen ins Innere der Fischerei flüchten mussten, wo Florian Meierott, begleitet von Jutta Müller-Vornehm, sein Konzert gab: Sie als virtuose Pianistin an unserer alten Gurke neben dem vielfach ausgezeichneten "deutschen Nigel Kennedy". Wahnsinn!

inFranken: Apropos Wahnsinn. Hanuta Gonzales (Rühlmann) setzt heuer den Schlussakkord?

Rühlmann: Ja, die Karriere des Stimmwunders ist zu meinem Bedauern nicht aufzuhalten. Gerade nach dem Erfolg der Show "Shades Of Schmalz" schwindet mein Einfluss auf Hanuta - für viele längst Stilikone und Sexsymbol. So gibt's nach einem sehr musiklastigen Programm die "Meise von Gaustadt" als das Letzte.