Erstes Wolfsrudel in Bayern: Schützen oder abschießen?

1 Min
Foto: dpa
Foto: dpa

In Bayern wird der erste Wolfsnachwuchs seit 150 Jahren nachgewiesen. Jetzt ist eine Diskussion entbrannt, wie mit der Tierart umgegangen werden soll.

Klemens Ross hat seine ganz eigene Meinung zur Rückkehr des Wolfes nach Bayern. Der Wanderschäfer aus Lonnerstadt (Landkreis Erlangen-Höchstadt), der mit seinen Tieren viele Nächte im Jahr in der freien Natur verbringt, sagt: "Wenn der Wolf im Wald bleibt und meine Tiere in Ruhe lässt, habe ich nichts dagegen."

Dieter Heberlein vom Bayerischen Bauernverband sieht das ähnlich. Die Gefahr sei groß, dass der Wolf viele Nutztiere töten könnte, wenn er sich ausbreitet. "Bei kleineren Flächen lohnt sich das Einzäunen nicht. Und Hütehunde sind teuer." Unterstützer des Wolfes sollten sich deshalb auch in die Situation der Landwirte hineinversetzen. "Wer beispielsweise am Rande des Frankenwaldes lebt, könnte sicherlich ein Problem bekommen."

Unterstützung erhält der Bauernverband von Agrarminister Helmut Brunner (CSU). Nachdem das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) Ende Juli drei Jungtiere im Bayerischen Wald und damit den ersten wilden Wolfsnachwuchs in Bayern seit rund 150 Jahren bestätigt hatte, plädierte Brunner für einen gelockerten Schutzstatus des Wolfes und im Einzelfall auch für eine "Entnahme", um den Bestand zu regulieren. Das bedeute im Notfall auch den Abschuss.


Wichtige ökologische Bedeutung

Allerdings machte das Umweltministerium relativ schnell deutlich, dass eine wolfsfreie Zone nach der geltenden Rechtslage nicht möglich sei. Eine Meinung, die auch das Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten teilt: "Eine Bejagung kommt nicht infrage", teilte ein Sprecher auf Anfrage mit.
Aus Sicht des Bundes Naturschutz (BN) führen die Debatten in die falsche Richtung. Mit dem Wolf kehre eine Art nach Bayern zurück, die an der Spitze der Nahrungskette eine besondere ökologische Bedeutung hat. "Und die erste Reaktion ist der Ruf nach wolfsfreien Zonen", kritisiert Richard Mergner, Landesbeauftragter des BN-Bayern. Die Erfahrung in anderen Bundesländern zeige, dass ein Zusammenleben von Wolf und Mensch sehr gut möglich ist. Ein überfälliges Förderprogramm für Schäfer und Weidetierhalter müsse zudem schnellstmöglich realisiert werden.

Die Regierung kündigte indes an, am Managementplan "Wolf - Stufe 3" zum Umgang mit Wölfen und Nachwuchs "mit Hochdruck" zu arbeiten. Auch ein Förderprogramm zum Herdenschutz werde derzeit entwickelt.
Klemens Ross wird dies erfreut zur Kenntnis nehmen. "Es muss geregelt sein, wie der Schaden ersetzt wird, wenn meine Schafe gerissen werden."


Der Wolf ist ein Rudeltier


Vor 150 Jahren wurde der Wolf aus Deutschland vertrieben, im Jahr 2000 gab es erstmals seit langer Zeit wieder eine Wolfsgeburt: Eine Wölfin brachte in der Oberlausitz im Bundesland Sachsen vier Welpen zur Welt. Tierschützer schätzen, dass in Deutschland aktuell 200 bis 300 der Rudeltiere in freier Natur leben.