Was ist Bamberg ohne Sandkerwa? Ein Kommentar von unserem Redaktionsmitglied Michael Wehner.
Kann es ein Bamberg geben ohne Sandkerwa? Ohne das sprichwörtliche Gewühl im Sand, die bunte Wimpel über den Gassen der Altstadt, das Fischerstechen und den Charme der Lichter vor Kleinvenedig?
Alle News zur Absage der Sandkerwa 2017 in Bamberg Wohl kaum. Die Sandkerwa gehört zum so genannten Fränkischen Rom. Ebenso wie Bier, Basketball oder der Barock. Andererseits: Das Riesenereignis, das seit dem Erstling 1951 zum Selbstläufer wurde, ist seinen Machern über den Kopf gewachsen. Nicht erst der gewalttätige islamistische Terror hat Schatten auf das Spektakel zwischen den Fachwerkhäusern geworfen. Schon die Katastrophe auf der Loveparade in Duisburg 2010 öffnete die Augen über die Gefahren von Massenveranstaltungen.
Deshalb verbieten sich schnelle Vorwürfe an die Adresse der Stadt oder auch des Veranstalters, der nachweislich keinen Gewinn aus der Kerwa gezogen hat, auch wenn sie ein weithin bekanntes Markenzeichen war. Es ist nicht nur möglich, es ist auch erlaubt, dass eine Non-Profit-Organisation die Reißleine zieht, wenn sie die Grundsatzfrage stellt: die der Verantwortung, die angesichts der gefühlten und echten Bedrohungen todernst zu nehmen ist.
Doch warum wurde sogar die Stadtverwaltung von der Absage kalt überrascht? Ein Zeichen: Der Verein fühlte sich allein gelassen von einer Politik, die sich in der Beliebtheit des Festes sonnte, aber ansonsten kein Füllhorn über der Kirchweih ausschütten wollte - oder auch konnte. Denn die öffentlichen Aufgaben sind vielfältig. Letztlich: In der Bamberger Öffentlichkeit gibt es zugegeben nicht nur Begeisterung für den Trubel im August. Nicht wenige Einheimische haben der Kerwa den Rücken gedreht, weil sie das Fest mehr und mehr als Saufspektakel empfanden, das nur noch wenig mit der ursprünglichen Distriktskirchweih zu tun hatte.
Ob die Rettung angesichts der knappen Zeit noch gelingt, ist fraglich. So oder so ist die Absage eine Gelegenheit über scheinbar Selbstverständliches nachzudenken. Wie wichtig ist die Sandkerwa für Bamberg? Wie könnte, wie sollte sie künftig sein? Welche Lücke hinterlässt sie in der Stadt?
Der Bürgerverein IV. Distrikt zieht bei einem Andrang von 300.000 Besuchern, den entsprechenden Sichheitsauflagen, Haftungsrisiken und einer abstrakten Terrorbedrohung die Reißleine. Das ist gut so und längst überfällig!
Im Unterschied zu den anderen Massenevents findet die Sandkerwa nicht auf einem großen, freien Festgelände, sondern in einem dicht besiedelten Stadtquartier statt, dessen Bewohner automatisch mit in Geiselhaft genommen werden.
Nicht alle im Sand lieben den Bürgerverein für die Rolle als Veranstalter der Sandkerwa. Aber immerhin leben die meisten Mitglieder des Vereins - im Unterschied zu den meisten Profiteuren der Sandkerwa - im Sand und sind Nachbarn. Man trifft sich auf der Straße, schaut sich ins Gesicht, spricht miteinander und mutet sich gegenseitig nicht schrankenlos alles zu.
Wenn jetzt der lokal geerdete Bürgerverein das Ende der Party verkündet, sollte das vom Rest der Stadt akzeptiert werden! Vielleicht kann ja irgendwo in Bamberg ein neues, charmantes Fest begründet werden, das dann nach 10 Jahren aufgrund seines Erfolgs (und den Andrang der Massen) wieder abgeschafft wird ....
* Deshalb verbieten sich schnelle Vorwürfe an die Adresse der Stadt oder auch des Veranstalters, der nachweislich keinen Gewinn aus der Kerwa gezogen hat *
ja herr wehner und genau das scheint die kardinalfrage zu sein, bei einer gmbh welche seit 2012 ihren bilanzveröffentlichungspflichten nicht mehr nachgekommen ist evt gar keine bilanzen mehr erstellt hat und der stadt gar überhaupt nicht einblick in die bücher gewähren aber zuschüsse erhalten will
Es berührt merkwürdig, das die Stadt "überrascht" ist. Man könnte meinen, sie hat die ganze Zeit keinen Kontakt zum Bürgerverein gepflegt. Dabei ist ihr die Ssndkerwa so wichtig !
Wie dem auch sei!
Aber, die Sandkerwa hatte sich in den vergangenen 60 Jahren über ihre Grenzen hinaus herumgesprochen dass sie sich zu dem etablierte, was sie jetzt ist!
Genauso klein hatte das Oktoberfest zu München sowie das Gäubodenfest zu Straubing angefangen, was heute nicht mehr wegzudenken ist!!!
Also, sollen die obrigen Herren & Konsorten der Stadt Bamberg sich in Bewegung setzen und alles Mögliche tun, damit das größte Volksfest "Oberfrankens" bzw. der Domstadt Bamberg stattfindet.
Wir machen uns nur zum Hanswurschd in unserer Stadt und auch in den Medien!!!
Lieber Herr Wehner,
ich habe an anderer Stelle bereits folgenden Kommentar geschrieben:
Zitat:
Mir geht es mit der Sandkerwa wie mit manchen anderen Kerwas in Stadt und Land. Die Veranstaltungen sind teilweise zu "Events" verkommen. Horden von jungen Menschen strömen zum Kampftrinken zusammen und helfen dem Kommerz auf die Sprünge. Nur mit der Security wird man noch Herr der Lage.
Ich weiß, die Sprüche wie "früher war alles besser, schöner und billiger" kommen nicht so gut an. Stimmt auch nicht immer. Aber gemütlicher war's auf jeden Fall. Man konnte Freunde treffen, mit der Familie hingehen, essen, trinken und ratschen. Aber bei 300.000 Besuchern?
Für die diversen Bockbieranstiche gilt übrigens das gleiche. Umfallen geht bei dem Gedränge gar nicht mehr. Und 20-30 Minuten für ein Bier anzustehen - nein Danke!
In der Größenordnung wie das heutzutage abläuft, brauche ich die Veranstaltungen für mich persönlich nicht mehr. Das sind offensichtlich die Zeichen der Zeit: höher, größer, schneller, weiter und vor allem teurer!
Wer's mag.....
Zitat Ende
Es ist für mich nicht einmal erstaunlich, dass sowohl mein Kommentar als auch diverse ähnliche viel Zustimmung erhalten haben. Der einheimischen Bevölkerung geht die "Event-Kultur" in dieser Größenordnung nämlich langsam aber sicher auf den Zeiger! Das denken viele meiner Freunde und Bekannten ebenfalls und das nicht erst seit heute!