Tobias Burger ist einer der Helfer, die Flüchtlingen das Leben im Irak erträglich machen. Doch nicht jeder deutsche Chef ist für Ehrenamt im Ausland.
Hat Tobias Burger wirklich "Brautmoden" gesagt? Manchmal ist die Telefonverbindung zwischen Nordfranken und dem Nordirak genauso gut wie bei einem Anruf im Nachbarort. Manchmal. Nicht heute: Es knarzt und ächzt in der Leitung, irgendwo auf den 4500 Kilometern, die die Wörter zurücklegen müssen, bleiben einige Silben auf der Strecke. Nichts, was den 40-Jährigen aus der Fassung brächte. Spricht er eben etwas lauter.
Syrer und Binnenvertriebene
Der Unterfranke erklärt, wie er im Auftrag des Technischen Hilfswerkes THW dabei hilft, die Situation der Flüchtlinge im Nordirak zu verbessern. Es sind Syrer, aber auch Binnenvertriebene: Iraker, die vor dem IS geflohen sind. Burger erlebt, wie ein Flüchtlingscamp für sie zur neuen Heimat wird. "Da wird wohl niemand mehr weggehen. Es gibt immer weniger Zelte, immer mehr feste Bauten und sogar schon eine richtige Geschäftsstraße.
Da kannst du alles kaufen: Tische, Stühle, Brautmoden." Es knackt wieder in der Leitung, dann bestätigt er brüllend: "Genau: Brautmoden!"
Beim Wasser muss es schnell gehen
Burger gehört zur "Seewa", der "Schnell-Einsatz-Einheit-Wasser-Ausland" des THW. Seinen ersten Auslandseinsatz hatte er als Ehrenamtlicher des THW Schweinfurt 2010 nach dem Erdbeben in Haiti. Inzwischen ist er mit seiner Familie nach Rimpar im Landkreis Würzburg gezogen. Daran, dass er gern für's THW in Katastrophen- oder Krisengebiete geht, hat sich nichts geändert. "Man kann da so in kurzer Zeit so vielen Menschen helfen!"
Die Trinkwasserversorgung ist am Anfang mit am wichtigsten. Burger muss im Ernstfall binnen 24 Stunden weg. Seine Familie kennt das. Aber wie reagiert der Chef? Seitens des THW wird darauf hingewiesen, dass er einen Einsatz per Gesetz nicht verweigern darf.
Man wolle aber auf keinen Fall, dass Helfer wegen ihres Ehrenamtes berufliche Probleme bekommen. Deswegen werden Einsätze immer mit den Arbeitgebern abgesprochen.
Tobias Burger wird nach dem Irak in einer neuen Firma anfangen. Der Außenhandelskaufmann hat ein gutes Angebot bekommen - weder der alte noch der neue Chef haben ein Problem mit seinem Engagement. Den Lohn müssen Unternehmen THWlern im ehrenamtlichen Einsatz weiter bezahlen, sie bekommen ihn aber ersetzt.
Stressresistent in Job und Ehrenamt
"Manche Arbeitgeber haben dafür nichts übrig. Aber das ist immer auch eine Frage der persönlichen Einstellung des Chefs", sagt Burger. Dabei geht es nicht nur darum, ob der Arbeitgeber soziales Engagement gut und wichtig findet.
"Arbeitgeber finden's prima, dass man flexibel ist, mit ungewöhnlichen Situationen und Stress umgehen kann."
Vier Toiletten, eine Küche - Luxus im Camp
Burger sagt, jeder Einsatz sei anders. "Immer eine neue Herausforderung." Er ist im Nordirak für drei der sechs Camps zuständig, etwa 30 000 Menschen leben hier. "Am Anfang, wenn die Flüchtlinge kommen, gibt es nichts. Trinkwasser nur vom Lkw, 100 bis 150 Leute teilen sich eine Toilette." Vom Flüchtlingshilfswerk UNHCR bekommen sie ein Zelt. "Wir bauen Steinhäuser für die Wasserversorgung: einen Block für vier Zeltplätze. Vier Duschen, vier Toiletten und in der Mitte eine kleine Gemeinschaftsküche von zwei Quadratmetern. Jede Familie kann ihren Gaskocher reinstellen.
Es gibt vier Eingänge."
Hilfe zur Selbsthilfe
Damit die Flüchtlinge gefahrlos ihre Zelte weiter zu Häusern ausbauen, Stromleitungen legen, hier und da selber reparieren und werkeln können, zeigen die Technischen Helfer aus Deutschland ihnen zum Beispiel Grundlagen zu Elektrik, Sanitär und zum Schweißen. "Das dauert jeweils vier Wochen. Die Flüchtlinge bekommen Geld dafür. Wir versuchen auf diese Weise auch, die Reparaturkosten im Camp runterzubringen", erklärt Burger. Langsam entsteht so ein Ort, an dem die Menschen gerne bleiben möchten. Auch wenn nicht immer alles klappt. Aber die Leute im Camp bleiben gelassen, wenn mal der Strom ausfällt. Oder die Telefonverbindung streikt. Dann wird's eben mal etwas lauter.
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