Ebracher Titelhoffnung: das einstige Kloster

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Das Luftbild zeigt, wie sehr das einstige Kloster die heutige Marktgemeinde Ebrach dominiert. Luftbild: Wolfgang Rößner
Das Luftbild zeigt, wie sehr das einstige Kloster die heutige Marktgemeinde Ebrach dominiert. Luftbild: Wolfgang Rößner
 
Kreisheimatpflegerin Annette Schäfer
Kreisheimatpflegerin Annette Schäfer
 

Ebrach hätte gerne einen Welt- erbe-Titel. Kulturell würde man gerne an Maulbronn andocken, dessen Titel auf den Grundlagen der Zis- terzienser fusst. Die haben auch dem Markt Ebrach ihren Stempel aufgedrückt.

Welterbe. Mit diesem Titel würde Ebrach sich gerne schmücken, um mehr Touristen in das strukturschwache Gebiet zu locken. Jüngst haben sich zwei Wege herauskristallisiert, die relativ schnell zum Ziel führen könnten: Man könnte sich an ein Welt-Kulturerbe, die Zisterzienser-Abtei Maulbronn in Baden-Württemberg anhängen; alternativ dazu könnte man versuchen, das Welt-Natur-Erbe "Buchenwälder" zu ergänzen.

Während im Zusammenhang mit der seit Jahren laufenden Nationalpaark-Debatte Wald- spezifische Aspekte ausgiebig vorgestellt wurden, soll nun der Sektor in den Fokus gestellt werden, der zum Welt-Kultur-Erbe geadelt werden könnte: Das Erbe des einstigen Zisterzienserklosters.


Berühmte Rosette

Wer an Ebrach denkt, vor dessen geistigem Auge formiert sich vermutlich zunächst einmal die berühmte Rosette. Die prägt die Westseite der heutigen Pfarrkirche (24, siehe alter Stich aus dem Jahr 1803) und einstigen Klosterkirche. Eben mit den Grundlagen des einstigen Zisterzienserklosters möchte sich Ebrach gerne an Maulbronns Titel anhängen. Maulbronn gilt "als die am vollständigsten erhaltene mittelalterliche Klosteranlage der Zisterzienser nördlich der Alpen." Diesem Erhaltungsstatus verdankt Kloster Maulbronn den Rang als Weltkulturerbe der UNESCO, wird auf der Maulbronner Homepage geworben.

Wie das Kloster in Maulbronn wurde auch das in Ebrach im zwölften Jahrhundert gegründet, im 19. Jahrhundert (1803) säkularisiert, also aufgelöst und verweltlicht. Aus dieser Zeit datiert ein alter Stich des Geometers und Lehenrenovators Nicolaus Anton Berwein, der Klosterbestandsplan.


Verweltlichung

Die Verweltlichung war letztlich die Grundlage für die 1804 gegründete politische Gemeinde, die ihrerseits ihren Sitz in einem Teil des historischen Bauernhofes hat (zwischen 19 und 20). Kirchlich bildet die einstige Klosterkirche, heute Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt, das Zentrum der Pfarrei. Das Gros der Klosteranlage ist nicht zuletzt dank seiner neuen Funktion als Einrichtung der Justiz erhalten geblieben. Als Lücke im Vergleich zwischen Luftbild und historischem Stich fällt nur etwa das verschwundene einstige Torhaus (16) auf. Es gibt dem Marktplatz Raum.

Seit 1851 dient das Kloster verschiedenen vollzuglichen Einrichtungen, seit 1958 dem Jugendvollzug. Dieser Nutzung und den damit verbundenen fortlaufenden Unterhaltungsmaßnahmen durch den Freistaat ist wohl auch der substanzielle Erhalt der riesigen Anlage geschuldet.Die wiederum bildet das bauliche Zentrum aus dem heraus sich nach 1804 die politische Gemeinde entwickelte. Freilich war die einstige Klosteranlage von einer Mauer umgeben, wovon heute noch das westliche Tor (21), das so genannte "Bamberger Tor " kündet. Die Hauptnutzungsfläche der JVA befindet sich südlich der B 22.


Sehr unterschiedlicher Zustand

Die Gebäude der einstigen Klosteranlage, die nicht von der Justizvollzugsanstalt genutzt werden, befinden sich somit in größtenteils privatem, aber auch kirchlichen oder gemeindlichem Besitz und sehr unterschiedlichem Erhaltungs- bzw. Renovierungszustand.

Der einstigen Klosterbauernhofs beherbergt heute Wohnhäuser ebenso wie Geschäfte und noch einen landwirtschaftlichen Betrieb. Wie sich einst das Kloster sich selbst versorgte, geschieht dies zu einem großen Teil übrigens auch heute noch im Gefängnis über verschiedene (Ausbildungs-) Betriebe. Einer davon ist ein moderner und preisgekrönter landwirtschaftlicher. Nur ist dieser Sektor in den Süden "gewandert". Die einstige Mühle (8) hat ihren Betrieb schon lange eingestellt und steht in Diensten des offenen Vollzugs. Für die Bevölkerung geöffnet wird bei besonderen Anlässen der vor allem durch Konzerte bekannten Kaisersaal in der einstigen Abtswohung. (3) Die ist so üppig dimensioniert, dass hier neben diversen JVA-Verwaltungs- und sonstigen Räumen auch das Museum der Geschichte Ebrachs Rum findet.

Neben der Gemeinde und der JVA nutzen auch staatliche Einrichtungen die einstige Anlage: Der Forst hat (nun mit seinem Forstbetrieb) seit langem in den einstigen Wohnräumen der Klosterbeamten (11) eine Heimat gefunden. Oberhalb des Orangeriegartens (25)findet sich die Ebracher Polizeiwache.
Verweltlicht wurde die einstige Fuchsenkapelle (18), die zur Bäckerei wurde. Auch die frühere Begräbniskapelle (2) dient nun profanen Zwecken: Unterkünfte für Teilnehmer von Justiz-Lehrgängen. Der einstige Ökonomiehof ist heute beliebtes Touristenhotel: die Klosterbräu. Bewahrte und erlebbare Geschichte also auf Schritt und Tritt, die nicht nur Bürgermeister Max-Dieter Schneider gerne zum Welterbe erhoben sähe.


Was Kreisheimatpflegerin Annette Schäfer zu Ebrachs Bemühungen meint

Frau Schäfer, wie schätzen Sie die Bedeutung Ebrachs ein?
Annette Schäfer Für das Bamberger Land ist Ebrach ein herausragender Ort. Das zeigen nicht nur die Zahlen der Tages- und Urlaubsgäste, die Kirche, Kloster und den Ort besuchen. Die 1127 von Mönchen aus dem Mutterkloster Morimond gegründete Zisterzienserabtei ist ein Zentrum des Glaubens und der Architektur. Von hier aus gingen wichtige Impulse in andere Länder und es entstanden weitere Klöster als Filialen.

Im April findet in einem der Tochterklöster, der Abtei Stična in Slowenien, eine internationale Konferenz des Europäischen Forschungsprojekts RISECI ("religion in the shaping of european cultural identity" = Religion im Spannungsfeld kultureller Identitäten in Europa) statt, bei der ich einen Vortrag über Zisterzienser- und Benediktinerklöster im Raum Bamberg halten werde. Bei diesem Vortrag steht Ebrach im Mittelpunkt, weil es ein Ort von europäischer Bedeutung ist, in der Glaubensausübung und in der Kunst.

Frau Schäfer, wie sind Ihre Einschätzungen mit Blick auf ein mögiches Weltkulturerbe?
Über die Regularien einer Welterbe-Bewerbung bin ich nicht im Detail informiert, deshalb weiß ich nicht, ob es möglich ist, sich mit einer bereits bestehenden Welterbestätte wie Maulbronn zu koppeln. Zudem sind die Auswahlentscheidungen der UNESCO nicht vorauszusagen, deshalb wage ich keine Prognose.

In Deutschland gibt es bereits 39 Welterbestätten, eine enorme Dichte an Orten. Das könnte für Ebrach, wie für jeden neuen Bewerber aus Deutschland, ein Nachteil sein. Für das Bamberger Land wäre die Aufnahme Ebrachs ins Weltkulturerbe eine erhebliche Aufwertung und hätte sicher auch positive Folgen für den Tourismus im Steigerwald. Zu den städtischen Welterbestätten in Franken wie Bayreuth, Würzburg und Bamberg wäre ein Ort im ländlicheren Raum auch ein schöner Gegenpol, dazu müsste aber auch die Infrastruktur passen und das Welterbe dann auch entsprechend präsentiert werden. Das ist mit Investitionen verbunden, die auch getragen werden müssen. Insgesamt hängen an einer solchen Bewerbung viele Folgeüberlegungen, über die man sich im Klaren sein muss.

Vielen Dank für Ihre Einschätzungen.
Das Interview führte unser Redaktionsmitglied Anette Schreiber

Professor Dr. Wolfgang Wiemers Vortrag 2003 in der Reihe 200 Jahre Pfarrei und Markt Ebrach:
Im Rahmen der Vortragsreihe "200 Jahre Pfarrei und Markt Ebrach" hielt Professor Dr. Wolfgang Wiemer im voll besetzten Raum des neueröffneten Museums für die Geschichte Ebrachs, untergebracht in der ehemaligen Abtswohnung, einen Festvortrag über die Entstehungsgeschichte des modernen Ebrachs nach der Auflösung des Klosters.

Zunächst stellte er Ebrach vor Aufhebung des Klosters dar, also als eine Siedlung für die insgesamt rund 250 weltlichen Beschäftigten und deren Angehörige des reichsten Zisterzienserkloster Frankens.

Ein "Dorf" Ebrach mit eigenem Bürgermeister oder Pfarrer existierte noch nicht. Grundbesitz, Gerichtsbarkeit und Verwaltung lagen beim Kloster. Das soziale Gefüge innerhalb dieser Beschäftigten ist für unser heutiges Verständnis mitunter überraschend, machte der Experte deutlich. Denn dem Lakaien des Abtes wurde derselbe - geringe - Lohn wie dem Schulrektor gezahlt.

Die klösterliche Herrschaft wurde zwar als vergleichsweise milde empfunden ("Im Schatten des Krummstabes ist gut leben"), so Prof. Dr. Wiemer. Aber zu Beginn des 19. Jahrhunderts, nach einem halben Jahrhundert der Aufklärung war das in den Augen weiter Kreise der Bevölkerung, ja sogar des Klerus', überholt. Vor diesem Hintergrund fanden 1803 im Zuge des Reichshauptdeputationsschlusses auch die Auflösung fränkischer Klöster, allen voran Ebrachs, statt.

Nachdem das Kloster als Arbeitgeber und Verwaltungseinheit nicht mehr bestand, musste ein "Ort" Ebrach administrativ geschaffen werden. Diese Aufgabe übernahm der damalige Administrator des aufgehobenen Klosters, Joseph Lamberger, den man als den "eigentlichen Gründer der Gemeinde Ebrachs" bezeichnen könnte, machte der Referent deutlich.

Ausführlich wurden die Nutzung der ehemaligen Klostergebäude als künftige Amtshäuser geplant, die ehemalige Klosterkirche zur Pfarrkirche bestimmt und Teile der Klosterimmobilien an Privatleute versteigert.
Unter den Käufern waren auch einige ehemalige Kloster-bedienstete, quasi die Urbevölkerung Ebrachs, deren Namen man zum Teil auch heute noch kennt, wie Dumrauf, Heckel, Ruß, Steinruck, Trauseneck. Mit dem Abschluss dieser Versteigerung am 23. Februar 1804 beginnt die Gründung der politischen Gemeinde Ebrach mit einer eigenen Verwaltung.

So wurde aus einer Siedlung von Klosterbediensteten ein kleines Handwerker- und Beamtendorf in der Kulisse eines riesigen Baudenkmales.

Die Entwicklung der Gemeinde stagniert für viele Jahre, besonders die zeitweise Trennung von Würzburg in Folge des Preßburger Friedens schadete Ebrach sehr durch den bleibenden Wegzug von Landgericht und Rentamt nach Burgebrach bzw. Burgwindheim. So hatte der Ort im Jahre 1831 nur 275 Einwohner, und damit etwa so viele wie zur Klosterzeit. Für die Klostergebäude fand sich lange Zeit keine Verwendung. Erst 1851 endete der Leerstand mit dem Einzug des Gefängnisses.

Der Vortrag enthielt nicht nur für die zahlreichen auswärtigen Interessierten, sondern auch für gestandene Ebracher viel Neues. Der Abend schloss mit einer regen Diskussion zwischen dem hellauf begeisterten Publikum und dem Referenten.

Ebrach bekommt Tipps für "schnelles" Welterbe