Das dritte Trockenjahr in Folge brachte unzähligen Fichten, Kiefern und Buchen den Tod. Doch wer auf einen feuchten Herbst gehofft hatte, wurde bislang enttäuscht. Es will in der Region Bamberg einfach nicht mehr richtig regnen.
Lkr./BambergPünktlich zum Beginn des zweiten Lockdowns sind sie wieder ausgeschwärmt. Viele Spaziergänger suchen abseits der Städte und Dörfer Entspannung. Sie erwartet trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit ein einladendes Bild: Die Wiesen sind so grün wie lange nicht. Zwischenfrüchte wie der gelb blühende Senf oder auch das kräftig gewachsene Wintergetreide scheinen zu belegen, dass von der großen Sommertrockenheit nichts mehr übrig ist.
Doch das ist nur die Oberfläche. Wie sieht es nach mittlerweile drei trockenen Jahren im Untergrund aus? Hat der Beginn der kalten Jahreszeit die vor allem von Forstleuten und Gärtnern erhoffte Entspannung auch für die tieferen Bodenschichten gebracht, aus denen Bäume und größere Sträucher ihr Wasser ziehen?
Der Blick auf die Zahlen der Bamberger Wetterwarte lässt wenig Zweifel aufkommen: Den grünen Feldern zum Trotz ist die Tendenz der letzten drei Jahre noch immer nicht abgerissen, sondern hat sich zuletzt eher wieder verschärft. Das sind die Daten: Nur der Oktober lag beim Regen mit 53 Litern zuletzt im langjährigen Mittel. Dagegen gehörten die Monate September und November zu den zehn trockensten der letzten 70 Jahre in Bamberg. Wie schon der April 2020, der Februar 2019 und der November und der Oktober 2018. Ähnliche Daten gelten für umliegende Stationen.
In der Summe wurden in Bamberg 521 Liter Regen in den letzten elf Monaten gemessen. Bis zum Ende des Jahres müssten es nach der Statistik ca. 630 Liter sein. Ein später Ausgleich ist in den nächsten 30 Tagen also möglich, sehr viel wahrscheinlicher ist es aber, dass sich das aufgelaufene Regendefizit von 230 Litern aus mittlerweile drei Jahren auf über 300 erhöht.
Warum aber haben sich die Niederschlagszahlen in und um Bamberg in den letzten Jahren derart abgeschwächt? Gerade der Regen war in unserer Region eine auch mittelfristig verlässliche Größe. Ist das nur eine Laune der Natur? Darauf hat auch der Klimaforscher Thomas Foken aus Bamberg keine Antwort. Zwar haben die Wissenschaftler laut Foken schon vor 20 Jahren eine tendenziell steigende Sommertrockenheit im Osten und Norden Bayerns vorhergesagt. Doch im Umkehrschluss erwartete man steigende Winterniederschläge.
Unbestritten ist es in den vergangenen 30 Jahren in Bamberg im Vergleich deutlich wärmer geworden. Die Jahresmittelwerte als Gradmesser belegen für die Stadt im Regnitzbecken, dass die früher herrschenden 8,5 Grad über 365 Tage längst nicht mehr das Mittel sind, sondern die Ausnahme. Immer öfter liegt der Jahresschnitt bei milden zehn Grad und mehr - mit dadurch steigender Verdunstung.
Doch natürlich beeinflusst die Erwärmung der Erde und vor allem der Arktis auch das Niederschlagsgeschehen im Raum Bamberg: Die Dynamik über der Nordhalbkugel nimmt allgemein ab und, so erklären es die Wissenschaftler, es kommt häufiger zu Strömungslagen, die sich immer wieder erneuern. Das Wetter bleibt, wie es in den letzten Jahren häufig zu beobachten war, gewissermaßen stehen. Wenn dies so wäre, würde sich die Trockenheit der vergangenen Jahre vor allem dadurch erklären, dass Franken zuletzteinfach überdurchschnittlich häufig auf den trockenen Seiten der Hoch- und Tiefdruckwirbel lag. In den kommenden Jahren könnte sich also auch der gegenteilige Effekt einstellen: Dass es nicht mehr aufhört zu regnen.
Die Nadelwälder sind gezeichnet
Ginge es nach Stephan Keilholz, sollte dies eher früher als später der Fall sein. Keilholz ist als Leiter des staatlichen Forstbetriebs Bamberg/Forchheim für 17 000 Hektar Wald im Umkreis von Bamberg zuständig, unter anderen den Hauptsmoor-, den Michelsberger und den Bruderwald. 2020 war für ihn ein Jahr, wie es die Forstwirtschaft in den letzten 100 Jahren noch nicht hat erlebt hat.
Die Schäden vermehrten sich "in einer Rasanz und Dimension", dass die Forstleute kaum noch nachkamen mit dem Notfällen. Seine Bilanz fällt verheerend aus: "Binnen eines Jahres verlor der Forstbetrieb durch trockenheitsbedingte Folgen 100 000 Kubikmeter Fichten, ein Siebtel des Bestands, 35 000 Kubikmeter Kiefern und 10 000 Kubikmeter Buchen."
Die Folgen dieses Dramas in den fränkischen Wäldern zeigen sich im massiven Verfall der Holzpreise, aber mehr noch in der grünen Lunge der Region: Vor allem die Nadelwälder sind gezeichnet. Wo der Borkenkäfer wütete, blieben Kahlflächen zurück. Und noch immer stehen tausende vertrocknete Kiefern in den Forsten, weil ihre Eigentümer den Kampf gegen die Schädlinge aufgegeben haben oder mit dem Aufarbeiten nicht mehr nachkommen. Für Keilholz ist klar, dass Fichte und Kiefer im Wald der Zukunft hierzulande keine große Rolle mehr haben werden: "Wir bauen auf eine Vielzahl von Arten, die alle zusammen insgesamt toleranter gegen Trockenheit und Hitzestress sind."
Doch noch ist es eine andere Sorge, die den Förster umtreibt: Wenn Keilholz und Waldarbeiter zuletzt draußen waren, um neue trockenheitsresistente Laubbäume zu setzen, machten sie überall den gleichen Befund. Nur die obersten 30 Zentimeter sind angefeuchtet, darunter ist der Boden bis auf eine Tiefe von drei Metern praktisch ohne Wasser. Selbst Tiefwurzler wie die Tanne können damit nicht mehr zurechtkommen. Und selbst die sprichwörtlich so harte Eiche ist von solchen Lebensbedingungen überfordert.
Dabei sind es nicht nur der ausbleibende Regen und der Hitzestress, die den Wäldern zu schaffen machen. Es ist auch eine physikalische Eigenschaft der Böden, die bisher wenig beachtet wurde: die Fähigkeit, Wasser zu binden. Sinkt die im Boden gebundene Wassermenge unter einen kritischen Wert, stoppt der Wasserfluss nach unten - mit fatalen Folgen für die Bäume: "Das wenige, was von oben noch kommt, dringt nicht mehr durch und fließt oberflächlich ab", sagt Klimaforscher Foken.
Die Botschaft ist klar: Sollte es nicht irgendwann anhaltend regnen, sieht es schlecht aus für die heimischen Wälder.
Auch der November ist viel zu trocken gewesen und die Aussicht auf Regen im Dezember scheint auch trübe zu sein. Das ist nicht gut für die Natur und für den Grundwasserspiegel und somit Gift für die Fichten, die noch nicht kaputt sind.