Die Station liefere Hinweise, die für die Bewirtschaftung der Wälder zu Rat gezogen würden, erklärt er im Weitergehen zur nächsten Messeinrichtung. Dort stehen eine Reihe von großen Glaskolben. Durch Unterdruck wird hier dem Waldboden in verschiedenen Schichten - in 20, 50, 80 und 120 Zentimeter Tiefe - Feuchtigkeit entzogen. Die Glaskolben sind allesamt leer.
Wurzeln im Trockenen
Im Bereich, in dem die Wurzeln normalerweise den größten Teil der vom Baum benötigten Flüssigkeit aufnehmen, ist es also knochentrocken. "Mit dem Wasser im Humus (der obersten Bodenschicht) war heuer nicht viel los", berichtet Stationsbetreuer Ziegmann aus seiner regelmäßigen Beobachtung. "Darum ist praktisch kein Wasser in den tieferen Bodenschichten." Eine gesunde große Buche braucht pro Tag etwa 300 Liter Wasser, erklärt Göbel.
"Das ist eine hochdramatische Situation", sagt Schießl. Denn es ist nicht erst seit Ende August so. Die statistische Auswertung, die Göbel präsentiert, zeigt, dass in diesem Sommer die Unterversorgung der Bäume bereits Anfang Juli, also schon in der ersten Hälfte der Vegetationsperiode begann. Das Trockenjahr 2018, als die Wasserversorgung der Bäume "erst" Anfang August in den roten Bereich rutschte, wirkt nach. "Es ist nicht fünf vor zwölf. Es hat schon Zwölf geschlagen", sagt Schießl angesichts dessen. Und stellt, fast schon resignierend, fest: "Hier stirbt uns ein naturnaher Laubwald."
Doch der erfahrene Forstmann ist gleich wieder kämpferisch. "Wir wollen, dass unsere Buchen- und Eichenwälder dauerhaft überleben können." Die Situation sei jedoch durch Maßnahmen der Waldbewirtschaftung nicht mehr zu lösen. "Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Jeder muss sein Verhalten ändern!", fordert er angesichts dieser Auswirkungen des Klimawandels.
Die sind auch beim anschließenden Besuch in einem Privatwald deutlich zu sehen. Gottfried Geiling bewirtschaftet hier seit Jahrzehnten einen Gemeinschaftswald von vier Eigentümern. "Ich geh' seit 50 Jahren in den Wald - und habe es gerne gemacht. Aber die letzten Jahre macht es keinen Spaß mehr", sagt er gleich. Er berichtet von den Orkanen, von Wiebke (1990) über Kyrill (2007) bis Fabienne (2018), die vor allem den Fichtenbestand weitgehend weggefegt haben. Buchen sind nachgewachsen.
Alles richtig gemacht
Die schweren Stürme sind häufiger geworden, bemerkt er. Geiling hat den Wald umgebaut, hat ihn verjüngt, hat "alles richtig gemacht", wie die Förster Göbel und Schießl ihm bestätigen. Und dennoch scheint der Wald am Ende seiner Kraft zu sein. Und "der Holzmarkt liegt am Boden. Früher war der Wald die Sparkasse der Bauern", sagt Geiling. Heute muss man schon fast Geld mitbringen, wenn man Holz macht."
"Das ist eine Situation, die der Waldbesitzer nicht verschuldet hat", stellt Schießl fest. Eine einfache Lösung kann er nicht anbieten. Als Landwirt kenne er es, dass es mal gute und mal schlechte Jahre gebe, sagt Geiling. Aber nun? "Wenn noch mal so ein Jahr kommt (wie 2018 und 2019), dann bin ich gespannt, was überhaupt übrig bleibt."
KOMMENTAR DES AUTORS
Lang lebe der Steigerwald
Selbst die Buchen, die lange als relativ klimaresistent galten, sind nun von der sich rapide beschleunigenden Umweltkrise betroffen. Sogar in Naturwaldreservaten und vergleichbaren nutzungsfreien Waldstücken. Zwei Schlüsse, die manche nun daraus ziehen, sind jedoch grundfalsch. "Der Wald hier rettet die Welt auch nicht." Übersetzt: "Erst wenn alle anderen auf der Welt ihre SUV stehen lassen, tu' ich es vielleicht auch." Der zweite: "Wir brauchen keinen geschützten Wald, weil die Buchen da eh kaputt gehen", wird begierig vor allem von Nationalparkgegnern aufgegriffen. Wir brauchen aber beides: geschützte und nachhaltig bewirtschaftete Wälder. Wobei die Schutzgebiete gerne deutlich größer ausfallen dürfen als bisher. Der Wald mit großen, alten Bäumen und ein gesunder Waldboden als größte natürliche -Speicher müssen erhalten bleiben. Nicht nur am Amazonas. Sondern auch direkt vor unserer Haustüre im Steigerwald.