Der Gundelsheimer Heinz Tillig und sein Erbe

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FT-Reporterin Anette Schreiber stößt in Gundelsheim mit Heinz Tillig auf die Premiere der Sommertour an - mit Mineralwasser. Foto: R. Rinklef
FT-Reporterin Anette Schreiber stößt in Gundelsheim mit Heinz Tillig  auf die Premiere der Sommertour an - mit Mineralwasser. Foto: R. Rinklef

Der Name Tillig verpflichtet - Heinz Tillig gewährt in Gundelsheim Einblick:Weshalb und was er so leidenschaftlich fotografiert und filmt, und was seine Frau mit einem Papst zu tun hat.

Zu den schönsten Momenten im Leben von Heinz Tillig zählt der erste Auftritt mit seiner Dixi-Band in Bambergs Kleberstraße. Zu den traurigsten der Tod von Vater Hans und von Wilma, so nannte er seine Mutter. Auch diese extremen Ereignisse gehören zu einem Leben von bislang 69 Jahren, bei dem der gebürtige Bamberger im Rückblick nichts anders machen würde. Mit Tillig beginnt unsere Sommer-Interview-Serie. Wir sind auf ihn gestoßen, als er gerade die Hauptstraße entlang geradelt kam.

Bambergern ist der Name Tillig, "mit hartem T", wie man in Franken immer dazusagen muss, bekannt: Vater Hans hat vor allem in den 60ern viele Bamberg-Motive im Foto auf Ansichtskarten festgehalten und über den eigenen Lichtbildverlag unters Volk gebracht. Im Hauptberuf war Tillig senior für eine Bausparkasse tätig, seine Liebe galt aber den Postkarten mit Motiven aus Bamberg und der Fränkischen Schweiz, wo man ein Wochenendhaus hatte.

Drucker gelernt

Freilich hätte den aus der Heilig-Grab-Straße stammenden Heinz Tillig auch der Beruf des Radio- und Fernsehtechnikers interessiert. Aber es überwog die Faszination von Fotos und Druckwerken: "Ich war schon als Sechsjähriger mit dem Vater im Labor und in Druckereien". Ein ganz spezieller Geruch, der ihm jedes Mal das Gefühl von Heimat gibt. So erlernte Tillig junior bei der Bamberger Druckerei Urlaub den Beruf des Druckers. Er wurde Geselle, dann Reproduktionsfotograf. Noch immer schwärmt er für das Unternehmen, das ihm auch die Freiheit ließ, sich nebenbei mit seinem nach ihm benannten Grafischen Atelier Verlag selbstständig zu machen und noch dazu genau im gleichen Sektor wie das Unternehmen. Sein Vorteil bestand darin, so erklärt Tillig, dass er in der eigenen Firma die Aufträge annehmen konnte, die ihm gefielen. "Darunter waren auch Lohnarbeiten für Urlaub."

Im Lauf der Jahre und Jahrzehnte veränderten sich Beruf und Nebentätigkeit entsprechend der fortschreitenden Technisierung. War Heinz Tillig früher mit der Linhof Technika 6 x 9 zu Gang, so vertraut er heute auf seine Nikon D 90 beziehungsweise Nikon D 4.

Schon sehr früh begeistere sich der gebürtige Bamberger fürs Motorradfahren. Sein erstes Gefährt schenkte ihm ein Gärtner, "weil der Fahrzeugschein weg war". So übte Tillig auf der Flur bei Gundelsheim das Fahren in vollkommener Freiheit. Später hatte er dann "ganz legal" eine 125er NSU Lambretta und eine 750er BMW.

Die war auch recht praktisch, als er die Liebe seines Lebens kennenlernte. Wo? Keine Frage, natürlich in der Druckerei Urlaub. Dort jobbte die junge hübsche Danuta. Die Studentin aus dem polnischen Lublin hatte ihren Masterabschluss in Soziologie in der Tasche und wollte nun in Bamberg promovieren. "An der Katholischen Universität Lublin hatte sie übrigens Karol Wojtyla, den späteren Pabst Johannes Paul, als Dozent", ist Tillig noch heute beeindruckt.

Auf jeden Fall nahm Heinz Tillig die junge Frau mit auf Motorrad-Touren durch die Fränkische Schweiz. Wobei diese sich nicht nur für die Landschaft, sondern auch für den feschen Fahrer begeisterte. Ihr Onkel, ein katholischer Pfarrer, traute das Paar 1986 im Dom.

Zunächst haben Tilligs dann in der Wassermannstraße gewohnt. Aber es zog die beiden dann doch eher aufs Land. Genaugesagt nach Gundelsheim. Warum? Weil er mit dem Rad auf die Arbeit fahren konnte und von hier zudem in kürzester Zeit in der Fränkischen Schweiz und damit auch gleich in seinen "fotografischen Jagdgründen" ist, lautet Tilligs praktische Begründung. So baute sich das Paar hier ein Eigenheim, es wollte ländlicher leben, mehr Freiheit, einen Garten. Weil zu der Zeit auch die Eltern verstorben waren und es für Heinz Tillig "Verrat" gewesen wäre, das Elternhaus zu veräußern, wurde dieses parallel dazu renoviert.

Kinder und Elternhaus

"Ich könnte heute sonst nicht mehr durch diese Straße fahren." Nach der Renovierung wurde das Haus vermietet. Zumeist an Studenten. Neben den beiden Kindern David und Kathrin kümmerte sich Gattin Danuta darum, dass in der Heilig-Grab-Straße alles passte. Was sie auch heute noch tut. Ebenso selbstverständlich wie Tillig das Elternhaus in Ehren hält, ist für ihn die Bewahrung des Schatzes, den sein Vater Hans in Form des Bildarchivs hinterlassen hat, "das hüte ich wie meinen Augapfel". Sozusagen ein Denkmal hat der Sohn dem Vater - "er hat das verdient"! - letztes Jahr in Form des Buches "Tilligs Stadtbilder. Bamberg 1955 - 1968 " geschaffen, das innerhalb kürzester Zeit vergriffen war und dann in zweiter Auflage herauskam.

Selbstverständlich wandelt Tillig junior weiter auf den Spuren des Vaters und hinterlässt wohl seinerseits mit Aufnahmen und Videos aus der Fränkischen Schweiz filmische und fotografische Fußabdrücke. Neue Ideen gehen ihm nicht aus - als Abwechslung etwa zur Gestaltung von Speisekarten in seinem Grafischen Atelier.

Neben Gattin Danuta, mit der er nun 34 Jahre glücklich ist, gilt der Fränkischen Schweiz weiterhin seine Liebe, obwohl Tilligs auch schon Fernreisen, unter anderem zu Studienorten der Kinder unternommen haben. Über Enkel würde er sich freuen, räumt Tillig ein.

Er hätte noch so viel zu erzählen, aber wie im Flug sind unsere 60 Minuten auf den beiden Stühlen in Gundelsheims Ortsmitte zu Ende gegangen. Schon wieder mit dem nächsten Projekt im Kopf radelt der umtriebige Rentner von dannen.