Während sich die Kerwas im Landkreis größeren Zustroms erfreuten, formierte sich in der Stadt eine Art Demonstrationsbewegung für die Sandkirchweih.
Am Ende haben sogar ein paar Raketen den Nachthimmel erleuchtet - Montagabend, ein kleines unangemeldetes "Feuerwerk". In der Sandstraße feierte man unterdessen mit Wunderkerzen "die Kerwa, die es nie gab", so der Spruch auf dem Festabzeichen unbekannten Ursprungs.
Etwa 14 000 Menschen strömten laut Polizeisprecherin Silke Gahn von Donnerstag bis Samstag in die Sandstraße, den Sonntag und Montag zählte die Polizei gar nicht mehr. 18 Einsätze wegen Körperverletzung, Beleidigung oder Ruhestörung sind im Polizeicomputer verzeichnet. Zudem meldeten Zeugen ein Banner, das Unbekannte am Geyerswörthsteg aufgehängt hatten. Die Kripo ermittelt, weil geprüft wird, ob der Inhalt verfassungsrechtlich in Ordnung ist. Außerdem wäre eigentlich eine Sondernutzungserlaubnis notwendig gewesen.
Davon abgesehen lief das Wochenende zum abgesagten Sandkerwa-Termin aus polizeilicher Sicht "im Großen und Ganzen gut ab". Dabei sei die Sandstraße von mehr Menschen als an einem normalen Sommerwochenende besucht worden, wie Ordnungsamtsleiterin Christine Feldbauer sagt. "Man hat eine friedliche Stimmung pro Sandkerwa wahrgenommen."
Gleichwohl waren vor allem in den sozialen Netzwerken einige deutlich kritische Stimmen zu vernehmen, die gegen städtische Auflagen protestierten und die Absage der Kerwa durch den Veranstalter, den Bürgerverein IV. Distrikt, angriffen. Christine Feldbauer sagt dazu: "Uns wird im Ordnungsamt oft vorgeworfen, dass wir Auflagen machen, weil damit natürlich Aufwand verbunden ist. Aber die gleichen Leute wollen dann eine sichere Veranstaltung besuchen."
Eine offizielle Kerwa gab es am Wochenende nicht. Folgt man der Argumentation manchen Facebook-Kommentators, ist das auch gar nicht mehr nötig. "Wenn jemand sagt: Ich brauche keine Veranstaltung um zu feiern, ist das sein gutes Recht. Aber der hat dann auch keine Freischankflächen oder Verpflegungsstände vor Ort", sagt Bambergs Ordnungsreferent Ralf Haupt. Und: "Er hat auch nicht das Flair einer Sandkerwa, das die Leute immer so angezogen hat. Man geht da ja nicht nur hin, um sein Bier in der Kneipe zu trinken." Er deutet an: "Manche haben vergessen, dass der Anlass für die Kerwa die Weihe der Kirche St. Elisabeth ist." Der Andrang der Menschen sei jedenfalls nicht so groß wie üblich gewesen. Den normalerweise rund 300 000 Sandkirchweih-Besuchern standen in diesem Jahr deutlich weniger gegenüber. Zwar war auf der Hauptachse Dominikanerbau - Obere und Untere Sandstraße einiges los, in den Nebengassen war es aber ruhig.
Mehr Gäste auf den Kerwas im Landkreis
Über umso mehr Besucher freuten sich dagegen die Kerwaveranstalter im Landkreis. "Wir haben die Gäste nicht gezählt, aber alle Kollegen teilen den Eindruck: Es waren mehr Leute als sonst", sagt Gerhard Halbig, Sprecher der Polizeiinspektion Bamberg-Land.
Doch was ist mit der Zukunft der Bamberger Sandkirchweih? Haben die vergangenen Tage Auswirkungen auf die Verhandlungen zwischen Stadt und Bürgerverein? Beide Seiten sagen: nein. Ulrike Heucken, Geschäftsführerin der Sandkerwa Veranstaltungs GmbH sagt: "Wir suchen im Hintergrund händeringend nach Lösungen, wie wir das wieder auf feste Beine stellen können."
Zu den Bürgervereinskritikern sagt sie, dass immer schnell vergessen werde, wer die Kerwa in den vergangenen Jahren getragen habe. "Dagegen freuen wir uns, dass uns von vielen Seiten Sympathie und Verständnis entgegengebracht wird." Der Bürgerverein hatte die Traditionsveranstaltung aus Kosten- und Haftungsgründen abgesagt. Heucken merkt an: "Das wäre nach Barcelona noch schlimmer geworden."
Wer nun wettert, dem hält sie entgegen: "Ohne den Bürgerverein hätten diese Leute nie eine Sandkerwa erlebt." Die Wehmut, die viele ob der abgesagten Kirchweih verspüren, rühre daher, dass die Kerwa war, wie sie war - immer auf die gleiche Weise vom Bürgerverein gestaltet. Sie startet einen Aufruf: "Kommen Sie mit guten Ideen vorbei!" Und dann sagt sie zum Abschluss: "Wenn wir alle eine Sandkerwa wollen, dann müssen wir zusammen helfen. Fronten bilden war noch nie hilfreich."
Kommentar der Autorin:
Bier macht noch keine Kerwa
Dass die Bamberger in den vergangenen Tagen ein Ausrufezeichen für ihre Sandkerwa setzen wollten und trotz Absage in die Sandstraße geströmt sind, ist Ausdruck bürgerlichen Willens. Eine solche Identifikation mit unserem Bamberger Kulturgut zeugt von einer engen Heimatverbundenheit. Die Botschaft ist klar: Die Sandkerwa soll bleiben.
Andere Botschaften sorgen dagegen für Fassungslosigkeit. Mit beachtlicher Selbstgefälligkeit fallen Parolen wie "Wir lassen uns unser Fest nicht wegnehmen", kein Mensch brauche die Kerwa-Organisation des Bürgervereins oder die Aufsicht der Stadt. Mehr noch: "Es geht auch ohne den Bürgerverein, vielleicht sogar besser", und schließlich: Es sei ein Privileg, dass er sie überhaupt ausrichten dürfe. Wer sagt das? Die, die sich am Wochenende mit einem Bier in die Sandstraße gestellt haben. Und das soll eine Kerwa sein? Wer sich nun feiert als Sandkerwa-Retter, der hat den Bezug zum Fest verloren. Das am Wochenende, das waren viele Menschen in engen Gassen. Fertig. Die Sandkerwa ist mehr: Sie ist eine über Jahrzehnte gewachsene Traditionsveranstaltung um die Elisabethenkirche, mit Bräuchen wie dem Fischerstechen und dem Hahnenschlag. Sie gehören genauso dazu wie das Treffen alter Freunde unter den Wimpeln und die wunderbare Sandkerwa-Stimmung an lauen Sommerabenden.
Dass so viele am abgesagten Kerwa-Termin trotzdem kamen, hätte ein schönes Zeichen sein können. Stattdessen führen sich nun manche auf wie trotzige Kinder, diskreditieren den Bürgerverein und machen sich über die Sicherheitsvorkehrungen der Stadt lustig. Das bringt gar nichts. Wer glaubt, er hat die Lösung: Immer her damit. Die Gespräche zur Zukunft der Sandkerwa laufen.
1.) Und wer zahlt jetzt die Putz-Kolonnen etc.
2.) Starke soll seine Rechnung aufmachen (sowas glaubt eh keiner)
Ist die Nicht-Kerwa ein Minus oder ein Plus Geschäft.
Jeder Kaufmann würde/müsste dies tun.
Die einzige brauchbare Lösung dieser angeblich mit den Jahren "gewachsenen Traditionsveranstaltung" (ich nenne es mal eher "ausgeufert" als "gewachsen") wäre aus meiner Sicht, dass man es schafft, dass es künftig ohne die üblichen Schlägereien "zu später Stunde" abgeht, das Ekel erregende Wildpinkeln unter extrem hohe Strafe zu stellen, gleiches muss auch für die Wildkot..r gelten, das Herumgrölen der "Kerwasliebhaber", die meinen, schon Alkohol vertragen zu können und dies mit Gesangsdarbietungen zu belegen, ebenfalls mit einer Bestrafung zu belegen.
Feiern ist nun mal das Eine, sich dabei aber anständig und wenigstens einigermaßen "menschlich" und nicht "schweinisch" zu benehmen ist für mich persönlich die Hauptforderung für eine solche Festivität.
Genau diese (immer heftiger gestiegenen) Auswüchse hat weder der Bürgerverein noch eine verstärkte Polizeipräsenz in den letzten Jahren verhindern können. Ganz im Gegenteil, der Name "Kerwa" ist eigentlich eine Zumutung, weil dieser ganze Kommerz mit der Elisabethenkirche an sich doch wirklich überhaupt nix am Hut hat.
In kürzester Zeit möglichst viel Kohle einkassieren, darum geht es doch vor allem den "Anbietern". Erzählt jetzt bitte nix anderes.
Wohlgemerkt: Das ist meine ganz persönliche Ansicht zur Sandkerwa; und zu ähnlichen Veranstaltungen, egal wo diese auch immer stattfinden.
Danke für den mutigen und differenzierten Kommentar, der seinen Namen - ganz im Gegensatz zu anderen "Kommentaren" - verdient!