Ist die Finanzsituation des Bamberger Tierheims wirklich so angespannt? Thomas Egner, Steuerberater und Lehrstuhlinhaber für BWL, gibt Antworten.
Steuert das Berganza in die Pleite? Muss der Tierschutzverein wirklich so drastische Sparmaßnahmen durchführen, um langfristig überleben zu können? Wir haben die betriebswirtschaftlichen Auswertungen der letzten elf Jahre Prof. Thomas Egner, Steuerberater und Lehrstuhlinhaber für BWL, insbesondere Betriebliche Steuerlehre an der Universität Bamberg, vorgelegt und um seine neutrale Einschätzung gebeten.
"Fakt ist: Das Bamberger Tierheim hat über die letzten Jahre immer ein Defizit eingefahren. Allein aus Mitgliedsbeiträgen und den Abgaben der Gemeinden sowie den Einnahmen aus der Tiervermittlung ist eine kostendeckende Finanzierung nicht möglich", bilanziert der Steuerfachmann. Selbst wenn man die durchschnittlichen Spendeneinnahmen, die jährlich im Schnitt bei rund 75 000 Euro liegen, hinzurechnen würde, bliebe immer noch immer ein größeres Defizit.
Dieses sei in den letzten Jahren immer mit Geldern aus Erbschaften ausgeglichen worden. So konnten auch die deutlich gestiegenen Personalkosten aufgefangen werden.
Weiterhin weist laut Egner die Bilanz für das erste Halbjahr 2016 bereits jetzt ein Defizit von 120 000 Euro auf. Ferner gab es im Gegensatz zu den letzten fünf Jahren bisher "nur" eine Erbschaft in Höhe von 10 000 Euro. Auch scheint das laufende Jahr kein allzu gutes für Spenden zu werden.
Drastische Sparpolitik
Demnach handelt der aktuelle Vorstand also richtig, indem er drastisch spart? Hat der vorherige Vorstand um Liebhard Löffler allzu rosig kalkuliert? Ganz so schwarz oder weiß jedoch will es der Lehrstuhlinhaber nicht sehen. "Der vorherige Vorstand ist einer eher riskanteren Strategie gefolgt und war der Meinung, Erbschaften werden kommen, um damit das Defizit auszugleichen", erläutert er.
Bis zum Jahre 2010 wäre diese Variante nicht erfolgreich gewesen, denn erst in den Folgejahren habe es größere Erbschaften für das Tierheim gegeben. "Die progressivere Strategie ist in den letzten Jahren aufgegangen. Die Defizite konnten ausgeglichen und sogar mehr Personal eingestellt werden", schildert Egner. Zudem habe der Tierschutzverein noch liquide Mittel als Polster zurücklegen können.
Der jetzige Vorstand hingegen setzt auf eine konservativere Strategie und will sich nicht auf Erbschaften verlassen. Zumal man nie wisse, ob und zu welchem Zeitpunkt solche überhaupt kommen, so Egner. Daher sei der Vorstand aus betriebswirtschaftlicher Sicht schon gehalten, eher sparsamer zu werden. "Allerdings, so radikal auf die Bremse zu drücken, wäre nicht notwendig gewesen. Aufgrund der Rücklagen ist durchaus noch Zeit vorhanden, den Dampfer in eine neue Richtung zu schippern", sagt der Professor.
Vielleicht, so Egner, wäre es sinnvoller gewesen, langsam umzugestalten und dabei auch die Mitglieder mitzunehmen. Zudem gäbe es keine aktuelle Notlage und man hätte durchaus noch abwarten können, ob nicht doch noch eine größere Summe eintrudelt. Freilich müsse man auch bedenken: Kommen bei gleich bleibenden Unkosten keine neuen Erbschaften oder größeren Spenden herein, wäre das Tierheim Bamberg in zwei bis maximal drei Jahren pleite.
Soweit die Theorie. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Wie ergeht es anderen Tierheimen in Bayern und wie verfahren diese insbesondere mit Erbschaften?
"Grundsätzlich kenne ich kein Tierheim, welches in Reichtum schwebt. Einzelne Tierheime sind mal besser und mal schlechter aufgestellt. Zumal es im Freistaat keine öffentliche Zuschüsse gibt", berichtet Herbert Sauerer, Präsidiumsmitglied des Landesverbands Bayern des deutschen Tierschutzbundes.
Keines von ihnen könne von den Mitgliedsbeiträgen, den Vermittlungsgebühren oder den Einnahmen von öffentlicher Seite durch die Aufnahme von Fundtieren eine "schwarze Null" schreiben. Nahezu alle 85 Tierheime in Bayern, die dem Tierschutzbund angeschlossen sind, seien defizitär und könnten nur durch Spenden oder Erbschaften ihren Betrieb am Laufen halten. "Es gibt sogar Tierschutzvereine und Tierheime, die haben eigene Mitglieder, die sich ausschließlich um potenzielle Erblasser und Spendengeber kümmern ", so Sauerer.
Keine leichte Aufgabe
Denn das Einholen von Erbschaften und Spenden sei keine leichte Aufgabe, zumal immer mehr ältere Leute entweder ihr Vermögen durch die Pflege aufbrauchen oder aber es sich noch einmal gut gehen ließen.
"Daher ist es umso wichtiger, öffentlich zu werben, Infostände zu organisieren und vor allem eine gute Öffentlichkeitsarbeit zu leisten", weiß der Tierschutzexperte. Über die Presse ausgetragene Querelen indes seien wenig förderlich und würden die Spendenbereitschaft deutlich hemmen.
Zwar möchte Saurer nicht einzelne Tierheime miteinander vergleichen, aber dass Erbschaften mit in die Einnahmen fließen, um ein solches zu unterhalten, sei nichts Ungewöhnliches und in vielen Tierheimen gängige Praxis. "Sicherlich ist es sinnvoller, Erbschaften als Guthabenpolster zu horten oder sie für größere Investitionen beispielsweise am Gebäude herzunehmen. Aber da Tierheime immer am Rande des Minimums kalkulieren, brauchen wir ein gewisses Maß an Erbschaften, um den Betrieb aufrechtzuhalten."