Ein 63-jähriger Pensionär soll 2016 Feuer im Bamberger Schlachthof gelegt haben. Doch das Berufungsgericht glaubt, dass er nicht der Täter ist.
Es war unter anderem der Brandsachverständige, der entscheidende Hinweise lieferte und das Gericht zum Grübeln brachte: Demnach sei das Feuer entstanden, als sich der Angeklagte nicht mehr auf dem Gelände des städtischen Schlachthofes in der Lichtenhaidestraße aufhielt. Das teilte Nino Goldbeck, Sprecher der Bamberger Landgerichts, mit.
Dort landete der Fall, nachdem ein Urteil des Bamberger Amtsgerichts aus dem Dezember vergangenen Jahres in Frage gestellt worden war: Damals war Werner L. (Name geändert) in erster Instanz wegen Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt worden.
Im Dezember 2017 sah es das Amtsgericht aufgrund der Indizien als erwiesen an, dass der 63-Jährige ehemalige städtische Beamte am 11. Dezember 2016 bewusst Feuer gelegt haben soll, und zwar im Verwaltungsgebäude des Veterinäramts am Schlachthof. Der entstandene Sachschaden wurde zuletzt mit etwa 300 000 Euro beziffert.
Doch nun ist Werner L. ein freier Mann: Das Bamberger Landgericht hat als Berufungsgericht in zweiter Instanz entschieden: Es könne nicht endgültig bewiesen werden, dass der Angeklagte der Täter war.
Wie es zu dieser Haltung kam, rekapituliert Gerichtssprecher Goldbeck: An jenem Dezembertag sei um 23.06 Uhr die Feuerwehr alarmiert worden und sechs Minuten später vor Ort gewesen. "Ein Brandsachverständiger hat anhand des Brandbildes gefolgert: Beim Eintreffen der Einsatzkräfte muss das Feuer fünf bis zehn Minuten gebrannt haben. Damit wäre der Brand zu einer Zeit entstanden, als der Angeklagte nicht mehr auf dem Gelände war." Dies sieht das Gericht mittlerweile als belegt an. Weitere Szenarien, wie etwa das eines Glimmbrandes, seien zwar vorstellbar, jedoch spekulativ.
Der zweite Grund für den Freispruch ergibt sich aus den Vermögensverhältnissen des Pensionärs: In erster Instanz sei man davon ausgegangen, dass der Angeklagte zeitweise finanzielle Probleme gehabt haben könnte. Der Verdacht: Er hätte sich als Kassenverwalter im Schlachthof an den Einnahmen bedient. "Der Angeklagte war in seiner Dienstzeit für Bargeschäfte zuständig. Dabei standen Unregelmäßigkeiten im Raum", führt Goldbeck weiter aus.
Denn: Ein möglicher Betrug hätte sich über die Kassenbücher nachvollziehen lassen. Genau die sind bei dem Feuer im Schlachthofgebäude aber verbrannt, zusammen mit weiteren Belegen und Aktenordnern. Gleichwohl hat das Landgericht entschieden, dass das Motiv "Vertuschung durch Verbrennen von Kassenbüchern" raus ist. Es zeigt sich nämlich, dass der pensionierte Beamte als Eigentümer mehrere Häuser recht wohlhabend war.
Doch, wenn Werner L. unschuldig ist, wie sind die Ermittler überhaupt auf ihn gekommen? Der Tatverdacht sei auf den 63-Jährigen gefallen, weil dieser sich anfangs in Widersprüche verstrickt habe, erklärt Landgerichtssprecher Goldbeck. Etwa, was seine Anwesenheit am Tatort anging oder die Frage, ob er selbst in seinem Auto saß oder jemand anderes.
Am Ende der Berufungsverhandlung haben "der Vertreter der Staatsanwaltschaft und ich als Verteidiger übereinstimmend einen Freispruch beantragt", teilte Rechtsanwalt Jochen Kaller mit. Sein Mandant habe den Schlachthof bereits 20 bis 30 Minuten verlassen gehabt, als der Brand gelegt wurde. Kaller hatte nach dem Amtsgerichtsurteil Berufung eingelegt, da er in erster Instanz auf Freispruch plädiert hatte. Auch der Angeklagte selbst hatte stets seine Unschuld beteuert.
An einer Tatsache jedenfalls gibt es keinen Zweifel: Das Feuer hat jemand angezündet. Nur wer? "Wir haben derzeit keine Hinweise auf einen sonstigen Dritten", sagt Matthias Bachmann, Sprecher der Bamberger Staatsanwaltschaft auf Anfrage. Und: Auch "weitergehende Ermittlungsansätze" gebe es nicht.