Blues der romantischen Verlierer

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Drei für Johnny Cash: (v. l.) Ralf Wunschelmeier, Volker Ringe, Julia Leinweber Foto: Rudolf Görtler
Drei für Johnny Cash: (v. l.) Ralf Wunschelmeier, Volker Ringe, Julia Leinweber  Foto: Rudolf Görtler
Volker Ringe als Johnny Cash und Julia Leinweber als June Carter Foto: Rudolf Görtler
Volker Ringe als Johnny Cash und Julia Leinweber als June Carter Foto: Rudolf Görtler
 
Volker Ringe gibt den Johnny Cash Foto: Rudolf Görtler
Volker Ringe gibt den Johnny Cash Foto: Rudolf Görtler
 

Volker Ringe singt und spielt im "Pferdestall" des Krackhardt-Hauses in Bamberg Songs des amerikanischen Superstars.

"Hallo, ich bin Johnny Cash." Der mit diesen Worten das dicht gedrängte Publikum im ausverkauften "Pferdestall" des Krackhardt-Hauses begrüßt, ist natürlich nicht Johnny Cash (1932-2003), der einstige Superstar der amerikanischen Countrymusik. Doch Volker Ringe hat sich als "Man in Black" drapiert: schwarzer Anzug, schwarzes Hemd, schwarze Schuhe und schwarze Haare, ganz wie sein reales Vorbild, das seit Anfang der 70er Jahre nur noch schwarz gewandet die Bühne betrat.

Er war schon etwas ganz Besonderes, dieser Johnny Cash. Uramerikanisch und doch zu Zeiten ein Weltstar. Ein Songwriter, der mit wenigen Akkorden auskam und das Schlichte zum Stilprinzip erhob. Ein Sänger, in dessen dunklem Bariton stets das Abgründige, Melancholische lauerte. Eine Persönlichkeit, die in der notorisch reaktionären Countrymusik große Sympathien für die Gefallenen und Ausgestoßenen hegte. Denn man muss wissen: Country ist in der Sicht der städtischen Besserverdienenden die Musik der weißen Hillbillys, der Hinterwäldler.

Nicht umsonst tritt im Film "Blues Brothers" eine tölpelhafte Country-Band namens "Good Old Boys" auf, eine Chiffre für Ku-Klux-Klan. Viel Kitsch und Talmi versüßlichen den am Nashville-Fließband produzierten Mainstream auch.

Doch es gibt eine andere Seite dieses Genres, eine rebellische. Country als Klagelied der weißen ländlichen Unterschicht - Namen wie Waylon Jennings, Willie Nelson, Kris Kristofferson stehen dafür. Und eben Johnny Cash, der nicht zufällig mit genau diesen Kollegen als "Highwaymen" auftrat. Wobei Cash zu seinen besten Zeiten weit mehr als das eigentliche Country-Publikum erreichte und gerade in seinen letzten Jahren eine junge, hippe Zuhörerschaft faszinierte. Alles Gründe fürs Theater Hof, einen Johnny-Cash-Abend zu inszenieren, mit dessen abgespeckter Version es im Krackhardt-Haus gastierte.

Perfekte Begleitung

Es ist ein gekonnter Abriss der nicht nur künstlerischen Biografie des Stars geworden. Ringe geht ganz in seiner Rolle als Johnny Cash auf, singt und spielt gekonnt Hits, die eigentlich jeder kennt, und auch einiges nur den Eingeweihten Bekannte. Ihm zur Seite stehen für die perfekte Begleitung an der Gitarre Ralf Wunschelmeier und Julia Leinweber, die als Cashs zweite Ehefrau und große Liebe June Carter kongenial singt, die Kastenzither schlägt und die Mundharmonika bläst.

"Sie brachte das Beste in mir zum Vorschein", lässt Ringe seinen Johnny sagen, und schauspielerische Einlagen etwa beim "Jukebox Blues" gehören bei diesen Profis einfach dazu. Der erste Song war gleich einer der bekanntesten: "Folsom Prison Blues", in dem die Zeile vorkommt "Ich tötete einen Mann in Reno, nur um zu sehen, wie er starb". Das ist keine verrohte Mordlust, wie Ringe erläuterte, sondern der Ausdruck absoluter Einsamkeit und Entfremdung. Häufig trat Cash in Gefängnissen auf; ein Konzert in St. Quentin ist legendär geworden.

"Ring Of Fire", das man auch von einer grandiosen Rock-Version Eric Burdons kennt, durfte nicht fehlen, naturgemäß auch nicht "I Walk The Line". Volker Ringe, wie immer mit leicht dämonischer Ausstrahlung, trifft auch die tiefen Töne erstaunlich gut - eine Idealbesetzung für die Rolle. Die Tabletten- und Alkoholsucht des Stars verschwieg er ebenso wenig wie seine tiefe Religiosität ("The Man Comes Around") - Cash stammte ja aus dem "Bible Belt" - und seinen Karriereknick in den 80er Jahren. Doch dann tauchte ein scheinbar gebrochener Mann mit den "American Recordings" wieder auf, besser und authentischer denn je. Seinen Welthit "Hurt" interpretierte Ringe ergreifend mit Tränen in den Augen.

In Hof angekommen

Als Privatmann geht es dem Schauspieler aber gut. Nachdem er viele Jahre in Bamberg gespielt hatte, verließ er wegen mancher Differenzen das E.T.A.-Hoffmann-Theater Richtung Hof. Die Spielstätte dort lobt er wegen der künstlerischen Ausrichtung, der Arbeitsatmosphäre und der kollegialen Intendanz. Ein zufriedener Mann, der mit seinen 18 Cash-Songs, für die der "Pferdestall" den perfekten, intimen Rahmen abgibt, noch mehrmals in Bamberg zu hören sein wird.