Sind sich die Grünen untreu geworden, als sie gegen die Ausschreibung von drei Spitzenjobs im Rathaus stimmten? Wie sich Jonas Glüsenkamp verteidigt.
Ulrike Heucken war lange genug grüne Stadt- und Bezirksrätin, um die Versuchungen der Macht aus eigener Anschauung zu kennen. Doch was nun im Bamberger Rathaus geschieht, dafür hat sie kein Verständnis. Elf grüne Stadträte und ein grüner Bürgermeister stimmten dafür, die Positionen von zwei Referenten und des Leiters des Personalamts an drei bereits ausgesuchte Laufbahnbeamte zu vergeben - ohne Ausschreibung und in offenem Gegensatz zu früheren grünen Positionen. Auch wenn sie sich freut, dass im Kulturreferat "eine Frau nach vorne kommt", fehlt ihr jedes Verständnis für diesen Wandel. "Das ist kein Ende der Vetterleswirtschaft. Das ist ein Weiter so mit anderen Leuten."
Auch Peter Gack ist ein Grüner der ersten Stunde, auch er weiß nur zu gut, dass die Forderung nach einer Ausschreibung von Spitzenpositionen in den vergangenen Jahren mehr war als nur grüne Folklore. Doch Gack sieht die Notwendigkeiten, Kompromisse mit anderen Fraktionen einzugehen, um Ziele zu erreichen, für die man nun mal Mehrheiten brauche: "Der Gesichtspunkt mit den Ausschreibungen tut weh, aber in der Gesamtbetrachtung haben die Grünen viel herausverhandelt", sagt der Alt-Stadtrat.
Jonas Glüsenkamp, der neue grüne Bürgermeister in Bamberg, weiß selbst am besten, dass das Abstimmungsverhalten seiner Kollegen gegen urgrüne Prinzipien verstoßen hat. Er spricht von berechtigter Kritik. Doch ebenso wichtig ist ihm, dass im Verhandlungspaket die Vorteile deutlich überwiegen. So sei es Bamberg als erster Kommune in Bayern gelungen, die drei wichtigen Bereiche Umwelt, Soziales und Mobilität in einem Referat zusammenzufassen. Dadurch sei Bamberg für die anstehenden Zukunftsaufgaben bestens gerüstet. Auch den Zuschnitt der beiden anderen neuen Referate sieht Glüsenkamp als Gewinn. Durch die Alleinstellung der Kultur ohne den Bereich Schulen könne sich Referentin Ulrike Siebenhaar auf die Kultur konzentrieren - was angesichts der Mittelknappheit durch "Corona" bestimmt kein Nachteil sei.
Sparen beim Personal?
Was ist noch auf der "grünen Habenseite des Kompromisses", wie Glüsenkamp formuliert? Der Bürgermeister und Referent will beim wichtigen Thema Personalkosten auf Augenhöhe mit OB Andreas Starke (SPD) und Finanzreferent Bertram Felix reden. Klar scheint für ihn, dass die Stadt bei Personalkosten von rund 80 Millionen Euro nicht um massive Einsparungen herumkommt - schon um Geld freizubekommen für wichtige Investitionsaufgaben in der Klima- und Sozialpolitik und für die Verkehrswende.
Der 32-jährige Volkswirt hat das Büro, in dem seit 1949 nur CSU-Bürgermeister residierten, bisher noch kaum verändert. Zweimal hat er die goldene Bürgermeisterkette mit einer Münze von Bayernkönig Ludwig II. bereits getragen. Weil Nazi-Bürgermeister Zahneisen die Kette habe einschmelzen wollen, trage er sie mit Stolz.
Das Stehbier soll limitiert werden
Glüsenkamp gibt sich nicht der Illusion hin, dass grüne Politik nur auf Wohlgefallen stoßen wird. Es sei klar, dass sich die Rolle einer Partei, die 40 Jahren in der Opposition gearbeitet hat, wandeln müsse. Er sagt: "Ich finde es gut Kompromisse zu machen." Das bedeutet auch, dass der grüne Bürgermeister harte Maßnahmen mittragen wird: zum Beispiel neue Verordnungen und Bußgelder, mit denen die Stadtspitze gegen die Menschenanballungen auf der Unteren Brücke oder in der Sandstraße in Zeiten der Ansteckungsgefahr vorgehen will. Auch der Alkoholausschank über die Straße in Bamberg wird im Rathaus mit allen Konsequenzen diskutiert. Eine wahrscheinliche Folge wird es sein, dass das Stehbier vor dem Schlenkerla nicht mehr im üblichen Umfang möglich sein wird wie bisher.
Wenig Verständnis hat der grüne Bürgermeister und Umweltreferent für die Berge von Müll und Unrat, die selbst an Wochentagen als Hinterlassenschaft auf der Unteren Brücke oder im Hainpark aufgeräumt werden müssen - mit dem Geld des Steuerzahlers. Unbequeme Entscheidungen drohen zudem, wenn im ausgehenden Sommer die finanziellen Folgen der Corona-Krise für das zweite Quartal in vollem Umfang sichtbar würden. "Schon jetzt steht fest, dass nicht alle freiwillige Leistungen mehr möglich sein werden."
Ja mei was soll man nun dazu sagen, halt mal an den töpfen geschnuppert, sich daran gelabt und schon alle grundsätze über bord geworfen. Beängstigend ist nur die schnelligkeit mit der man lernt und gar für alles noch eine erklärung hat. Ja da waren die vorgänger echt noch waisenkinder, die haben sich sowas nicht getraut, die hatten eine innere sperre da, auch als anstand und fairness bekannt, aber wir wissen ja, man muss nicht alles beherrschen und schon gar nicht über alles verfügen, eh nur moralischer ballast.
Weiter so, Andi!
Viel Feind, viel Ehr...