Wie geht es den abgelehnten Asylbewerbern aus dem Kosovo nach der Rückkehr? Um das herauszufinden, haben sich zehn Bamberger auf den Weg gemacht.
Die Menschen sind fort und doch auch wieder nicht. Sie sind zurück im Kosovo, die einen freiwillig ausgereist, die anderen abgeschoben. Aus den Augen der Bamberger sind sie, aus dem Kopf einiger allerdings sind sie es nicht. "Es interessiert mich, wie es den Kosovaren, mit denen ich zu tun hatte, heute geht", sagt Markus Ziebarth. Er ist Asylsozialberater in der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken (AEO). Dort waren zeitweise bis zu 100 Asylbewerber aus dem Kosovo untergebracht.
Mit sieben Mitarbeiterinnen der ambulanten Caritas-Pflege und dem ehrenamtlichen Vorstandsvorsitzenden des Verbandes Forchheim, Alfons Galster, hat sich Ziebarth auf den Weg in den Kosovo gemacht. Eine Woche lang reisten sie durch das Land und besuchten dort unter anderem auch zwei Familien, um die sie sich in
Bamberg gekümmert hatten.
Träume und Ängste
Als Reiseleiter und Dolmetscher führte sie Florim Gashi durch sein Heimatland. Der gebürtige Kosovare ist als junger Mann während des Jugoslawienkriegs geflüchtet und lebt seit 25 Jahren in Bamberg.
Gashi kennt die Hoffnungen und Träume von Flüchtlingen, ihre Albträume und Ängste. Deshalb engagiert er sich in der Flüchtlingsarbeit und sucht mit seinem neuen deutsch-albanischen Kulturverein "Dardania" nach Wegen, bedürftigen Menschen im Kosovo zu helfen.
Was Gashi Ziebarth und den anderen Bambergern zeigte, unterschied sich nur wenig von den Vorstellungen, die sich diese vom Kosovo gemacht hatten. Immer wieder hatten ihnen die in Bamberg gelandeten Kosovarren in dunklen Farben von ihrem Heimatland berichtet. Von Armut erzählten sie, von Arbeitslosigkeit, Korruption und einer allenfalls rudimentären medizinischen Versorgung. Grundlegend verbessert hat sich die Situation vieler Kosovaren auch nach ihrer Rückkehr nicht: "Die Leute, die wir besucht haben, sind arbeitslos oder hangeln sich mit Gelegenheitsjobs durch", sagt Gashi.
Aber Arbeitslosigkeit ist kein Asylgrund und auch aus Armut und Perspektivlosigkeit lässt sich kein rechtlicher Anspruch ableiten. "Wir haben keine Gründe im Kosovo gefunden, die Asyl in Deutschland notwendig machen. Wir haben jedoch viele Gründe gefunden, warum die Menschen nach Deutschland kommen und warum ihnen im Kosovo geholfen werden muss", sagt Ziebarth.
Denn die Wirklichkeit ist oft widersprüchlicher, als sich dies in den Paragrafen des Asylrechts abbilden lässt. Dafür beispielhaft steht das Schicksal einer psychisch kranken Mutter aus der Stadt Ferizaj. Mit der Hoffnung auf psychologische Betreuung waren sie und ihre Familie nach Deutschland gereist. Die Hoffnungen erwiesen sich als trügerisch, Ende Januar 2017 wurde die Familie in den Kosovo abgeschoben.
"Die Familie abzuschieben, war unverantwortlich", sagt Ziebarth. Die Einstufung des Kosovos als sicheres Herkunftsland "macht es in solch speziellen Fällen so gut wie unmöglich, den Menschen zu helfen".
Geld für ein paar Medikamente
Auch nach ihrer Rückkehr in den Kosovo fehlt es der Frau weiter an der medizinisch dringend angezeigten Betreuung. "Sie vegetiert in einem baufälligen Haus vor sich hin", sagt Ziebarth. 200 Euro haben die Bamberger ihrem als Wachmann selbst für kosovarische Verhältnisse schlecht verdienenden Ehemann in die Hand gedrückt: "für ein paar Medikamente", sagt Gashi.
Denn wer krank ist im Kosovo, muss sich die medizinische Versorgung leisten können. Ein solidarisch organisiertes Gesundheitssystem gibt es nicht. "Selbst den Faden für eine OP muss man zuvor selbst kaufen", sagt Gashi. Die Antwort für medizinisch unterversorgte Kosovaren kann dennoch nicht in Deutschland liegen. Das ist Gashi und das ist auch Ziebarth bewusst. Der passende Hebel für das Hilfsbedürfnis der Bamberger könnten deshalb die "Home-care-Stationen" sein, welche die kosovarische Caritas in den Städten Prishtina, Mitrovica und Gjakova betreibt.
Gegenseitige Besuche
Die Bamberger wollen die kosovarischen Caritas-Kräfte unterstützen, noch besser den Ansprüchen ihrer Patienten gerecht zu werden. "Die "deutschen und kosovarischen Caritas-Mitarbeiter werden sich besuchen und hoffentlich viel voneinander lernen", sagt Peter Ehmann. Er ist Geschäftsführer des Caritasverbandes der Stadt Bamberg und Forchheim.
Einen ersten Einblick in die Arbeit ihrer kosovarischen Kolleginnen haben sich die sieben Caritas-Frauen aus Bamberg schon bei der Reise verschafft. Was sie dabei erlebten, war eine große Hilfsbereitschaft. Was sie aber auch erlebten, war die Ohnmacht angesichts unüberwindbar erscheinender Probleme. Da müsste eine 14-Jährige mit offenem Rücken operiert werden. Doch welcher Arzt tut dies ohne Bezahlung? Und nicht nur einem Patienten fehlte das Geld für seine Medikamente.
In regelmäßigen Abständen möchte Ehmann deshalb auch Verbandsmaterial und Medikamente in den Kosovo bringen.
Die Verhältnisse im Kosovo werden die Bamberger damit nicht vom Kopf auf die Beine stellen. "Aber wir können Menschen helfen, um die sich sonst keiner kümmert", sagt Markus Ziebarth. Was ihn und die anderen antreibt, ist nicht ihr schlechtes Gewissen. Man kann es in Ermangelung eines besseren Wortes einfach Mitgefühl nennen.
Mitarbeit:
Marion Krüger-Hundrup
So leid es mir tut, aber Menschen aus dem Kosovo und aus der Region haben keinen Grund, zu uns zu kommen. Land und Region sind politisch stabil. Das wissen auch alle. Es gibt dort durchaus auch Menschen, die gut leben, teils sogar besser als hier. Auch das wissen viele. Das ist nicht dritte Welt. Das ist zweite.
Daher finde ich es gut, den Menschen direkt in ihrer Heimat zu helfen. Das betrifft selbstverständlich auch Unterstützung bei der medizinischen Versorgung. Gerade bei akuten Fällen kann Europa wirklich was machen. Am Ende sind es aber Mentalitäten, die sich ändern müssen. Das bedeutet vor allem, nicht nur an den Vorteil des eigenen Clans / der eigenen Familie zu denken. Die Region braucht mehr Solidaritätsbewusstsein (einschl. der damit einhergehenden Verpflichtungen wie Steuern, Sozialabgaben, usw.).